Nachdem Tim Lambesis 2013 einen Undercover-Polizisten für einen Auftragskiller gehalten und ihm 1.000 US-Dollar für den Mord an Lambesis’ Ehefrau Meggan angeboten und die Sicherheitscodes für sein Haus mitgegeben hatte, war er verhaftet und schließlich zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seine christliche Metalcore-Band As I Lay Dying schien danach erledigt, die Bandmitglieder distanzierten sich von ihrem zunächst uneinsichtigen und erst später geständigen Frontmann öffentlich, Gitarrist Nick Hipa etwa nannte ihn einen “soziopathischen Narzissten, der dringend resozialisiert” werden müsse. Lambesis hatte den versuchten Auftragsmord im Gerichtsprozess und einem (online bei Alternative Press offenbar nicht mehr verfügbaren) ziemlich selbstbezogenen Interview mit Steroid- und Drogenmissbrauch sowie einem “moralischen Verfall” seiner Person erklärt und seinen Ex-Kollegen Vorwürfe gemacht. Die Instrumentalisten von As I Lay Dying hatten daraufhin die Band Wovenwar gegründet.
Ende 2016 wurde Lambesis vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen – und deutete bald neue Aktivitäten mit As I Lay Dying an. Zunächst kursierte das Gerücht, Lambesis – der eine Entschuldigung an seine Familie und sein Umfeld veröffentlicht hatte – würde neue Mitglieder rekrutieren.
Das stellt sich nun als falsch heraus: Im alten Line-up veröffentlichte die Band den neuen Song “My Own Grave”. Der Kontroverse um ihre Rückkehr begegneten As I Lay Dying nach der Ankündigung eines Statements nun mit einem ausführlichen Video, in dem sie über 30 Minuten lang erklären, wie es zur Reunion der Band kam.
Im Gespräch erzählen die Beteiligten vor allem, wie sie sich einander wann und wie wieder annäherten – das “Warum?” streifen die Bandmitglieder nur zum Teil. So erklärt Gitarrist Phil Sgrosso, er habe sich lange gefragt, warum er “wieder mit diesem Typen in einer Band spielen solle”, letztlich habe ihn dessen aufrichtige, an keine Bedingungen oder Erwartungen geknüpfte Entschuldigung aber bewogen, sich auf Kontakt einzulassen. Besonders emotional schildert Leadgitarrist Nick Hipa, wie er Lambesis verachtete, auch, weil er immer wieder nach jenem gefragt wurde und ihm gewissermaßen nicht entkommen habe können. Nach der Entschuldigung habe auch er zu zweifeln begonnen: “Was, wenn diese Person, die ich kannte, sich irgendwo auf dem Weg geändert hat?”
Hipa sagte auch, Lambesis’ Verurteilung sei die Grundlage für ihre Wiederannäherung gewesen: “Es hat die Jahre seiner Strafe gebraucht, die Konsequenzen seiner Taten. In der Ruine zu leben, die er selbst geschaffen hatte. Und auch, dass er anerkannt hat, dass es nie enden wird. Was er getan hat, ist sehr öffentlich passiert und es wird nie vergessen werden. Und das sollte es auch nicht. Damit muss er den Rest seines Lebens leben.” Hipa habe aber eine Chance gesehen, seinen Frieden wiederzufinden: “Ich wollte diesen Schmerz und diese Hoffnungslosigkeit loswerden.”
Lambesis selbst führt aus, wie mit der Verurteilung eine Last von ihm abgefallen sei, weil er nicht mehr im “Verteidigungsmodus” habe sein müssen und seine Energie auf etwas Positives lenken konnte. Unten könnt ihr das gesamte Video sehen.