“So wie Hamburg für die Beatles, war Europa entscheidend für das Wachstum unserer Band. Es ermöglichte uns, uns selbst unabhängig von unseren britischen Wurzeln zu sehen und uns ein Leben als Musiker vorzustellen, die überall ein Publikum finden könnten”, schrieb Colin Greenwood in seinem Artikel für die britische Tageszeitung The Guardian, nachdem er viele prägende Tourerlebnisse von Radiohead als junge Band in den 90ern geschildert hatte.
In der Folge schilderte Greenwood Beispiele, wie der Brexit laut der Experten aus seinem Umfeld das Touren zwischen Großbritannien und Europa nun teurer und umständlicher mache: Für jedes bereiste Land brauche es nun eigene Zollpapiere für Equipment, diese seien zudem unverhältnismäßig teuer. Außerdem könnten britische LKW nicht mehr frei durch Europa fahren, sondern müssten nach zwei Stopps in ihre Heimat zurückkehren. Im UK beheimatete Firmen für Bühnentechnik, die derzeit viele europäische Festivals bedienen, könnten künftig vermutlich nur noch schwer mit lokalen Anbietern konkurrieren. Auch für das internationale Team der Band sei es unter diesen Umständen eventuell finanziell nicht mehr lohnenswert, die gemeinsame Arbeit fortzusetzen, und Greenwood wies nicht zuletzt auf die Folgen für junge Musiker hin, die Auftritte und Engagements von und nach Europa vielleicht nicht mehr verwirklichen könnten.
Greenwood schloss mit einem Appell an die Führung seines Landes. “Es ist an der Zeit, dass die britische Regierung eingesteht, dass sie während der Brexit-Verhandlungen nicht genug für die Kreativbranchen getan hat und versuchen muss, die Regeln für Touren in Europa neu zu verhandeln”, so der Musiker. Die Stärke der britischen Musik sei immer gewesen, dass sie über Grenzen hinaus als “Kraft der Zuversicht, Freude und geteilten Leidenschaft” gewirkt habe. Sie sei damit schon immer eine “Antithese zum kulturell verklemmten Nationalismus namens Brexit” gewesen und müsse in dieser Form erhalten bleiben.
Laut eines Berichts des britischen NME hat die britische Regierung jedoch gerade in einer Parlamentsdebatte die Forderung von Nachverhandlungen zurückgewiesen. Über 280.000 Personen hatten in einer Petition gefordert, mit der EU Visa-freies Reisen für tourende Künstler zwischen Europa und dem Vereinigten Königreich auszuhandeln. Die britische Kulturministerin Caroline Dineage hatte solche Forderungen jedoch zurückgewiesen und der EU vorgeworfen, die britischen Vorschläge abgelehnt und kein Gegenangebot unterbreitet zu haben. Die EU hatte diese Darstellung bereist zuvor bestritten.
Unterstützer der Petition befürchten, Großbritannien werde seinen Status als eine der führenden Musik-Nationen der Welt verlieren, wenn die Regeln für Touren nicht angepasst würden.