Beach House – “7”
Beach House verleihen ihrem entspannten Dream-Pop auf “7” eine düstere, sperrige Note. Diese ist nicht direkt offensichtlich, sondern enthüllt sich erst nach mehrmaligem Hören in den Details der präzise komponierten Songs: Da ist der unregelmäßige Takt des Openers “Dark Spring”, der die gleichmäßige Synthesizer-Melodie immer wieder aus der Bahn zu werfen droht; das hektische Synthesizer-Motiv auf “Lemon Glow”, dem sich Sängerin Victoria Legrand einfach nicht anpassen möchte, und das so als paranoides Warnsignal im Hintergrund wummert; die ominösen Beeps auf “Black Car”. “7” bietet die klassischen Beach House-Elemente-der konstante Flirt zwischen Dream-Pop und Dance-Musik, die fantastische, rauchige Stimme von Legrand, die wohl-dosierten Gitarren-Einschübe-aber sie stehen im Kontext eines beunruhigenderen, kantigeren Gesamtwerks. So entsteht ein Album, auf dem sich das Duo auf seine Stärken besinnt, und gleichzeitig neue Facetten zeigt.
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Illuminati Hotties – “Kiss Yr Frenemies”
Die Illuminati Hotties bestehen in erster Linie aus Sarah Tudzin – die restlichen Bandmitglieder rekrutiert sich die Multiinstrumentalistin und Produzentin nach Bedarf aus ihrem Freundeskreis. Was sie auf “Kiss Yr Frenemies” aus dem Personen-Potpourri gemacht hat, haben manche schon “Tenderpunk” genannt – der Indierock der Musikerin aus Los Angeles kommt oft weich, verwaschen und verträumt daher, anderswo schwingt und stampft er mit Alternative-Gitarren leichtfüßig, meist mit einer Portion Slackertum. So ist “Patience” geprägt von ruhigen, bodenständigen Strophen und sanft gezupften Gitarrensaiten, öffnet durch überraschend einsetzende Synthesizer aber auch dem Rock die Tür zu der Indiepop-Nummer. “(You’re Better) Than Ever” wiederum kommt als schluffiger Surf-Pop daher, der einen unmittelbar an Courtney Barnett denken lässt, während “Cuff” mit seinem hellen, glockenspielartigen Xylofon zumindest zweitweise in ruhigere Gefilde abtaucht. Den Kuss aus dem Titel erwidern Freund und Feind bei diesem anschmiegsamen Sound sicher gern.
Album-Stream: Illuminati Hotties – “Kiss Yr Frenemies”
Elm Tree Circle – “The Good Life”
Elm Tree Circle kommen aus dem nordrhein-westfälischen Iserlohn, aber sie könnten genauso gut aus den USA stammen – so souverän pendelt das Quartett auf “The Good Life” zwischen Emo und Pop-Punk. Dabei präsentieren sie die Stärken der Genres, indem sie sich auf das Wesentliche beschränken: geradlinige, zackige Songs, riff-lastige Gitarren und catchy Lead-Melodien. Damit schaffen sie eingängige Songs in einem Stil, der auch mal mit Weezer flirtet. Geradlinigkeit lautet das Motto; so reißen die Lead-Melodien nur selten aus und bleiben immer dicht am melodischen Unterbau der Rhythmus-Gitarre, so bleiben Fills und Spielereien beim Schlagzeug immer strikt im Korsett des Songs. So entstehen zum Beipiel mit “Let Go” und “Washing Machine Song” Songs, die genau das Einlösen was sie versprechen: Riffs zum Mitnicken, Kurzweiligkeit und angenehm rohe Gesangsperformances. Was “The Good Life” als Album so spannend macht, ist, dass die Band sich den Konventionen und Versatzstücken ihres Genres nicht wie andere Bands krampfhaft zu entziehen versuchen, ganz im Gegenteil – sie verneigen sich vor Drei-Akkord-Strukturen, flotten Achteln vor der Eingängigkeit im Allgemeinen.
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Sevendust – “All I See Is War”
Nach fast 25 Jahren ist bei anderen Bands die Luft raus – Sevendust halten aber auch auf ihrem mittlerweile 12. Studioalbum wacker die Spur. Auch auf “All I See Is War” verquickt die Band aus Atlanta, Georgia gekonnt große Alternative-Rock-Refrains mit Nu-Metal-Riffing und kraftvollem Hardrock zu einem Alternative Metal, der seine Ursprünge in den 90ern nicht leugnet und doch etwas Gegenwärtiges hat. Genre-Gemäß lässt die Band im Opener “Dirty” direkt die Muskeln spielen, große Gesten dominieren den Song. Abwechslung schaffen Songs wie “Medicated” oder “Moments”. Während Ersterer durch seinen lieblichen Klavier- und Streichereinsatz und den balladesken Ansatz hervorsticht, kann Letzterer durch seinen groovigen Beat überzeugen. Die ganz Großen Experimente lassen Sevendust aber sein – nach zweieinhalb Dekaden gibt sich die Band im besten Sinne wertkonservativ.
Album-Stream: Sevendust – “All I See Is War”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Tranquility Base Hotel & Casino” von den Arctic Monkeys, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.