Therapy? – “Cleave”
Auf ihrem 15. Album “Cleave” verstehen sich Therapy? musikalisch nach wie vor blind. Dem Trio gelingt noch immer locker und geschmeidig der Spagat zwischen Alternative-, Noise- und Punkrock. Und Therapy? lärmen fies und munter weiter, wie damals in den 90gern. “Callow” strotzt nur so vor roher Noise-Rock-Energie, der Opener “Wreck It Like Beckett” treibt mit gemeinen Riffs vorwärts. “Expelled” glänzt mit punkigen und organischen Basslinien, wohingegen “Save Me From The Ordinary” und “I Stand Alone” mit den reichlich nachgeschliffenen und produzierten Vocals einen Kontrast bilden. Mit dem Closer “No Sunshine” schließen die Nordiren das Album mit ihrem charakteristisch hymnischen Songwriting ab: Provokant rechnen sie mit der heutigen Politik und persönlichen Problemen ab und offenbaren eine zerissene Gesellschaft.
Album-Stream: Therapy? – “Cleave”
Joyce Manor – “Million Dollars To Kill Me”
Joyce Manor haben mit “Million Dollars To Kill Me” eine beachtenswerte Transformation vollzogen. Vom schrägen LoFi-Garage-Punk, der noch 2011 bei ihrem Debüt aus den Boxen schepperte, lassen sich auf dem aktuellen Werk nur noch Spurenelemente finden. Hier verbindet das Quartett seine Punk-DNA mit ausgereiftem Songwriting und satter Produktion und klingt dabei so erwachsen wie nie zuvor. So schafft es die Band um Frontmann Barry Johnson, Songs wie die Mitsing-Ballade “I Think I’m Still In Love With You” in unter drei Minuten auf den Punkt zu bringen. Johnson verlässt sich auf gesamter Albumlänge fast ausschließlich auf seine klare Gesangsstimme, wodurch seine vokalen Eruptionen noch mehr Gewicht bekommen, wie “Big Lie” unter Beweis stellt. Neben all der Ausgeglichenheit findet sich auf “Million Dollars To Kill Me” auch taugliches Moshpit-Material. “Friends We Met Online” prescht in klassischer Punk-Manier nach vorne und überrascht dann im Refrain mit eingängigen Harmonien. So entwickelt sich “Million Dollars To Kill Me” zu einem der durchdachtesten Joyce-Manor-Alben bisher.
Album-Stream: Joyce Manor – “Million Dollars To Kill Me”
Sumac – “Love In Shadow”
Düster, schwer, episch – Sumac bleiben auch mit ihrem dritten Studioalbum eine der gewaltigsten Bands des Post-Metal. “Love In Shadow” kanalisiert nicht nur die früher in diesem Jahr erschienene Zusammenarbeit des Trios mit dem japanischen Avantgarde-Künstler Keiji Haino in teils chaotisch anmutenden Jam-Parts, sondern lässt in seinen vier Longtracks auch immer wieder ein Metal-Unwetter bis an den Rand der härtesten Spielarten des Genres auf den Hörer niedergehen. Das kann Einsteiger in seinem Umfang und seiner manchmal nervenzerrenden Intensität schon mal überfordern – und bleibt ein besonderer Genuss für Fans.
Album-Stream: Sumac – “Love In Shadow”
Slash – “Living The Dream”
“Living The Dream” – den Titel des neuen Soloalbums von Gitarren-Virtuose Slash darf man guten Gewissens als Motto der Platte verstehen: Die Guns N’ Roses-Legende weiß, worin sie gut ist und lebt sich mit Hilfe von Sänger Myles Kennedy und seiner Band The Conspirators aus. Grollender, glamouröser Hardrock mit glänzenden Soli ist die logische Konsequenz, Slash knüpft würdevoll an seine größten Zeiten an. Während der Opener “The Call Of The Wild” nicht nur durch seinen Titel ein wenig an Guns N’ Roses’ energiegeladenes “Paradise City” erinnert, betonen Slash und seine Mitstreiter in “Lost Inside The Girl” und “The One You Loved Is Gone” die balladeskere seite des Gitarren-Genres. “Forbidden fruit that tastes so sweet” heißt es in “Lost Inside The Girl” zu Slashs schmerzvoll-epischem Gitarren-Solo – da weiß man, was man kriegt.
Album-Stream: Slash – “Living The Dream”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “The Blue Hour” von Suede, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.