Mit der gestrigen Entscheidung der Bundesregierung und der Ministerpräsidenten der Länder, wegen der Coronavirus-Pandemie deutschlandweit bis zum 31. August keine Großveranstaltungen zu erlauben, mussten Fans wie Veranstalter letzte Hoffnungen aufgeben, dass der Großteil der Musikfestival-Saison 2020 wie geplant stattfinden wird.
FKP Scorpio, einer der wichtigsten deutschen Festivalveranstalter, reagierte nun mit einem offiziellen Statement auf die neue Situation: Die Flagschiff-Festivals Hurricane und Southside werden 2020 nicht stattfinden, ebenso Deichbrand, Highfield und M’era Luna, außerdem auch Elbjazz und das Münchner Limestone.
Die Organisatoren nannten das Verbot eine “verständliche und wichtige Sicherheitsmaßnahme für die Bevölkerung”, man wolle sich nun darauf konzentrieren, die Fans reibungslos über die weiteren Schritte zu informieren. “Es ist selbstverständlich, dass uns diese Absagen genauso wie die bislang noch nie dagewesene Gesamtsituation sehr traurig stimmen, auch wenn wir die politische Entscheidung zum Schutz der Bevölkerung uneingeschränkt unterstützen. Unser gesamtes Team hat gemeinsam mit unzähligen Beteiligten und regionalen Partnern lange auf den Festivalsommer hingearbeitet und ist genauso enttäuscht wie unsere Gäste”, zitierte das Statement den FKP-Scorpio-Gründer und CEO Folkert Koopmans. Auch CEO Stephan Thanscheidt ordnete die Absage in den größeren Kontext der Bedrohung durch die Coronvirus-Pandemie ein: “Für viele Musikfans sind unsere Festivals lang herbeigesehnte Höhepunkte des Jahres, die in dieser noch nie dagewesenen Ausnahmesituation dennoch ganz klein scheinen. Jetzt ist es wichtig, Solidarität zu zeigen, denn die Gesundheit von uns allen ist das Wichtigste. Unsere Gäste können sich sicher sein, dass wir sie schnellstmöglich und umfassend über weitere Schritte informieren werden.”
Auch Rock am Ring und Rock im Park mussten ihre Ausgaben für 2020 streichen, das Wacken Open Air meldete sich ebenfalls mit einer offiziellen Absage des Metal-Großereignisses für dieses Jahr, gleichermaßen die Weltturbojugendtage, das Vainstream Rockfest, das Full Force, das neue Restless Summer und das Reload.
Am Abend zogen dann auch das Open Flair, das Rocco del Schlacko und das Taubertal Festival nach. Das Taubertal versprach bereits, dass man 2021 womöglich mit den gleichen Bands an den Start gehen könne – an der Umsetzung arbeite dessen man nun. Auch das Open Flair wolle das versuchen. Sowohl Open Flair als auch das Rocco del Schlacko betonten, dass sie die Absagen erst dann offiziell machen könnten, wenn die hessische Landesregierung genauer definiert, welche Veranstaltungen nun verboten werden, man gehe aber “sehr schweren Herzens” davon aus, dass es erst nächstes Jahr eine weitere Festivalausgabe geben könne. Das Mission Ready Festival bestätigte ebenfalls, dass die diesjährige Ausgabe entfällt, man aber mit den Künstlern im Gespräch sei, damit sie bei der für 2021 geplante Ausgabe auftreten können.
Bereits gestern hatten Festivals wie das Ruhrpott Rodeo, das Juicy Beats und das Green Juice auf das Verbot reagiert und ihre Veranstaltung für 2020 offiziell abgesagt. Taubertal, Open Flair und Rocco del Schlacko hatten ihre Fans bereits kürzlich auf eine mögliche Absage vorbereitet. Zuvor hatten bereits diverse europäische Festivals wie das Roskilde Konsequenzen ziehen müssen und ihre Ausgabe für 2020 gestrichen.
Von dem Verbot betroffen sein dürften auch große Konzerte wie etwa die für Juni und Juli geplanten Stadionshows von Iron Maiden, wenngleich eine offizielle Absage in diesem Moment noch aussteht. Wie genau eine Großveranstaltung definiert ist und ob kleinere Konzerte und Festivals entgegen aller Wahrscheinlichkeiten doch vor dem 31. August 2020 stattfinden könnten, ist bislang nicht bekannt. Um Insolvenzen von Veranstaltern während der Konzert- und Festivalflaute zu vermeiden, hatte die Bundesregierung zuletzt beschlossen, dass Veranstalter auch Gutscheine ausgeben dürfen, statt den Kaufpreis von Tickets erstatten zu müssen.
In den USA hatte gerade erst ein Gesundheitsexperte mit seiner Einschätzung für aufsehen gesorgt, dass Festivals und Konzerte erst im Herbst 2021 wieder realistisch seien.
In Schweden experimentiert der Club Plan B bereits mit Konzerten in Zeiten von Kontaktbeschränkungen: Statt den 350 möglichen Gästen werden dort derzeit nur knapp 40 eingelassen, sodass diese Abstand halten können und zusammen mit Band und Club-Mitarbeitern die in Schweden derzeit erlaubten Ansammlungen von maximal 50 Personen nicht überschritten werden.