Australien und Surfen, das gehört schon seit den späten 60ern einfach zusammen – traumhafte Strände, endlose Küstenstreifen und die direkte Nähe zum Wasser machen es möglich. Vor allem in den vergangenen zehn Jahren hat der der Ozean immer mehr Surfer wie Hockey Dad, Skegss oder Dune Rats an den Strand gespuckt, die ihre Bretter (zeitweise) gegen Instrumente eintauschen – und mit all ihrer Leidenschaft die Beziehung zwischen Musik, Meer und jenen Menschen feiern, die sich immer wieder in die Fluten stürzen. Das Ergebnis klingt heutzutage jedoch entscheidend facettenreicher als den Sound, den Dick Dale und die Beach Boys auch nach Australien spülten. In der heutigen Spezial-Ausgabe unserer wöchentlichen Newcomer-Rubrik stellen wir euch deshalb sechs spannende Neuentdeckungen vor, die beide Kulturen vereinen.
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Ocean Alley
Heimatstadt: Northern Beaches, Sydney
Für Fans von: Tame Impala, Spacey Jane, The Growlers
“Es geht einfach darum, mit der Welle zu schwimmen – wenn man surft und auch wenn man Musik macht”, erzählt uns Gitarrist Mitch Galbraith von Ocean Alley im Interview und fasst damit schon zutreffend den Sound der sechs Australier zusammen. Auf ihren bisherigen drei Alben fließen nämlich mäandernde Flüsse aus Funk, Reggae und jamgetriebenen Psych-Rock erstaunlich unbeschwert zusammen. Gemeinsam mit Baden Donegals einzigartigem Gesang und Texten über das Verliebtsein, der Erhabenheit der Natur und Tagträumen spielen sich die Australier nach und nach an die Spitzen der Charts und Jahresbestenlisten, um sich selbst zu den neuen, australischen Surf-Giganten zu krönen. Kennengelernt haben sich Ocean Alley schon als Kinder. Natürlich am Strand, beim Surfen – wo auch sonst?
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Video: Ocean Alley – “Knees”
Video: Ocean Alley – “Confidence”
Goons Of Doom
Heimatstadt: Byron Bay
Für Fans von: Black Lips, Buzzcocks, The Chats
Goons Of Doom sind gewissermaßen die Urväter des “modernen” Surf-Rock. Pro-Surfer Ozzie Wright, Adam Blakey, Ryan Cowell und Timothy Cooney können bis 2004 bis auf Cooney keine Instrumente spielen. Sie sind nämlich Pro-Surfer oder Redakteure von Surf-Magazinen und gründen die Band zunächst nur, um im selbstgedrehten Surf-Film “Doped Youth” aufzutreten. Der Plot ist Nebensache, denn durch rasante Stunts im Wasser von Ozzie Wright und einem famosen Soundtrack wird “Doped Youth” zum Surfer-Kult – und die eigentlich fiktive Band dank Beteiligung ihres Surf-Ausrüsters dann doch noch Realität. Seit 2006 bringen Goons Of Doom ihren Surf Punk mal akustisch, mal melancholisch und gerne so überdreht wie im Film auf die Pub-Bühnen Australiens. Vor allem Wright erarbeitet sich so seinen Legendenstatus als Surfer und Surf-Musiker.
Video: Goons Of Doom – “Billie Lee”
Video: “Doped Youth”
Wash
Heimatstadt: Talofa, Byron Bay
Für Fans von: Dead Kennedys, Gang Green, Dope Body
Wenn man nach dem Sound seiner Band Wash geht, sieht der Strand, an dem Pro-Freesurfer Creed McTaggart abhängt, alles andere als malerisch oder nach einem Ort zur Erholung aus. Passend zu seiner halsbrecherischen Performance in den berüchtigten Riesenwellen Westaustraliens haut er sich als Sänger und Gitarrist die Distortion-Effekte um die Ohren und feiert mit Ian-Curtis-Bariton Post-Punk-Dystopien und Noise-Entgleisungen mit abstrusen Texten. Ein ungewohnt wütende Facette der sonst so entspannten Typen von der Küste.
Video: Wash – “Incineration” (Live)
Stream: Wash – “Undercover Slimo”
Video: Creed Mctaggart – “Slash”
King Stingray
Heimat: East Arnhem Region
Für Fans von: Warumpi Band, Yothu Yindi, The Growlers
Die Musik liegt den Mitgliedern von King Stingray praktisch im Blut: Sänger Yirrnga Yunupingu und Gitarrist Roy Kellaway stammen von den Gründungsmitgliedern der australischen Aborigine-Rock-Band Yothu Yindi ab. Ähnlich ihren Verwandten singen sie sowohl auf Englisch als auch in der lokalen Sprache Yolngu und implementieren Didgeridoos und traditionellen Klanghölzer in ihren mitreißenden Alternative Rock mit gelegentlicher Funk-Anbindung. Und weil laut Kellaway der 60er-Surf-Hit “Wipe Out” ein Riesenhit für viele Gemeinden in Arnhem Land war, sind King Stingray auch ausschweifende Instrumental-Passagen nicht fremd. Die größte Stärke neben ihrem Groove dürfte aber Yirrnga Yunupingus, dessen Name übersetzt Ort des Stachelrochens bedeutet, Art und Weise des Geschichtenerzählens sein. Zeilen wie “The colours are changing/ I know my home is never far away/ Get me out of the city” sind glaubwürdige Sehnsuchtsbekundungen nach Heimat und der kühlen Brise auf seinem Gesicht. Das Debütalbum des Quintetts aus dem Northern Territory erscheint im November.
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Video: King Stingray – “Get Me Out” (Billabong Adventure Division)
Video: King Stingray – “Milkumana”
The Terrys
Heimatstadt: Gerringong
Für Fans von: King Tuff, The Kooks, Sticky Fingers
Da Gerringong in New South Wales zu klein ist, um eine eigene Musikszene zu haben, dominiert laut The Terrys dort das Surfen als Kultur. Ohne Möglichkeiten für Auftritte beschränken sich die fünf Surfer-Dudes zunächst also nur aufs Jammen im gemeinsamen Wohnwagenhaus. Dass ihr verträumter Indierock mit einem Hauch Großbritannien und deutlichem Reggae-Unterton so gut ankommt, kann die Band selbst noch nicht so richtig glauben: Vor der Pandemie wollte Sänger Jacob Finch nämlich Gerringong für immer verlassen und hätten The Terrys in dieser Zeit nicht den Weltuntergang für möglich gehalten, hätten sie laut eigener Aussage nie angefangen, Musik von sich ins Internet zu stellen. Ihre allererste Single “Our Paradise” landete trotz allem in der berüchtigten Jahresbestenliste von Radiosender Triple J – ihr Gespür für die Verzahnung von Alternative und Surf-Kultur machts möglich.
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Video: The Terrys – “Waiting For You”
Video: The Terrys – “Our Paradise”
Surf Trash
Heimatstadt: Newcastle
Für Fans von: Hockey Dad, Skegss, Wavves
Es ist die klassische Coming-of-age-Geschichte im Surf-Rock: Andy und Nick Scott sind 18 bzw. 15 Jahre alt, als sie 2017 mit ihrem besten Kumpel, dem ebenfalls 15-jährigen Lachlan Jackson, anfangen zu jammen, wann immer die Wellen ausbleiben. So einen ähnlichen Werdegang hat etwa auch Szene-Aushängeschild Hockey Dad hinter sich. Surf Trash haben allerdings nicht ganz so viel übrig für die sommerliche Melancholie der Surf-Kollegen aus Windang und orientieren sich zunächst an treibendem Garage mit hoher Durchschlagskraft. Von Single zu Single halten Jangle-Gitarren und auch das ein oder andere 60s-Surf-Riff Einzug in ihren Sound. Mit den neusten Songs wie “Wrong Or Right”, den sie mit Produzenten Jack Nigro (Middle Kids, DMA’s, Skegss) aufnahmen, will das Trio traumartige Klanglandschaften erforschen und sich von sonnigen Soundtracks für den Tag am Strand entfernen. Ob die Küste sie jemals loslässt? Zumindest fraglich.
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Video: Surf Trash – “Wrong Or Right”
Stream: Surf Trash – “Over My Shoulder”
“Es ist eher eine Bezeichnung für das Lebensgefühl und die Art von Leuten geworden, die in solchen Bands sind. Es sind Surfer, dadurch hat auch die Musik diesen bestimmten Vibe, der alles umgibt”, sagte uns Mitch Galbraith im Interview. Damit auch alle Nicht-Surfer einen Eindruck für diesen magischen Vibe bekommen, könnt ihr euch unten einen Kurzfilm von Ex-Pro-Surfer und Skegss-Mitglied Toby Cregan ansehen, der eben jenen mit Musik und Surfen perfekt vereint.