6 Ultramega OK
VÖ: 1988 | Label: SST
Mit ihren ersten beiden EPs, „Screaming Life“ und „Fopp“, hatten Chris Cornell und Band den Stein bereits adäquat ins Rollen gebracht, auch was die Optik anging. Zum einen der in Charles Petersons Schwarz-Weiß-Fotografien festgehaltene, ikonische Look der Seattle-Szene, zum anderen Cornell selbst, als potenzieller „Golden God“, dem legitimen Erbe von Robert Plant, visuell und stimmlich beeindruckend. Auch musikalisch ist dies mehr als nur eine Andeutung kommender Großtaten. „Flower“ verfügt bereits über alle klassischen Zutaten des Soundgarden-Idioms: Matt Camerons virtuoses Spiel zwischen Polyrhythmen und straighter Linie, der stilistische Mix, in dem sich Metallisches mit Hippie-Hypnotischem verbindet. „Mood For Trouble“ funktioniert ähnlich und hätte auf praktisch jedem nachfolgenden Album seinen Platz gefunden, „Incessant Mace“ dagegen ist des Gniedelns dann doch zu viel, demgegenüber „Head Injury“, wie ein Exploited-Song mit Led Zeppelin-Gesang. Der Boden ist bereitet, das Grammy-Komitee sieht es ähnlich und nominiert „Ultramega OK“ in der Kategorie „Best Metal Performance“.
5 King Animal
VÖ: 2012 | Label: Seven Four/Republic
Das Gefühl, den ersten neuen Soundgarden-Song nach 16 Jahren zu hören: Un-be-schreiblich. Dabei hätte ein Akustik-Zweiminüter ausgereicht, um für schiere Begeisterung zu sorgen, „Been Away Too Long“, programmatisch betitelt, macht das Fass jedoch so klassisch auf, dass man es bis zum Rand mit Freudentränen füllen möchte. Nichts deutet hier auf ein Zeitkontinuum hin, alles ist an seinem Platz, Kim Thayils luftige Riffs, Matt Camerons knallige Snare, Shania Shepherds Unterboden-Versiegelung und Cornells Stimme, mindestens so gut wie eh und je. Wir waren zu lange weg? Mit Sicherheit, umso schöner, dass ihr wieder da seid. Und wie: „Non-State Actor“ ist ein Instant Classic, „Bones Of Birds“ klingt wie ein verwaschener Polaroid-Abzug von „Black Hole Sun“, „Eyelid’s Mouth“ reicht noch weiter zurück, mit „Rowing“ trudelt das Ganze etwas verhuscht aus. Aus dem Stand war hier eine Band zurück auf Betriebstemperatur, eine Schande, dass es keine Fortsetzung geben würde.
4 Louder Than Love
VÖ: 1989 | Label: A&M
Nach einigem Warmlaufen auf Sub Pop und SST schnappt das Majorlabel A&M sich mit Soundgarden eine der größten Hoffnungen aus dem Heayy-Segment und die machen nicht nur scheinbar mühelos weiter, sondern geben dem Affen jetzt erst so richtig Zucker. Dabei pfeifen sie auf Szene-Doktrin oder anlaufenden Grunge-Hype, nehmen vielmehr von allem etwas mit und konstruieren so ein zeitgemäßes Update von all things Metal & Hardrock: Traditionell einerseits, dabei so juvenil nach vorn, dass es knallt, für Mitzähl-Nerds zudem fein abgeschmeckt durch Camerons ungewöhnlichen Time-Signatures, mit denen er auch gleich noch Fans von Bands wie Rush ins Boot holt, ohne die Mudhoney-Fraktion außen vorzulassen. „Hand All Over“ ergießt sich wie ein Lavastrom aus den Boxen, „Big Dumb Sex“, die metallische Metal-Persiflage, sorgt für einen „Explicit Lyrics – Parental Advisory“-Sticker, „Loud Love“ groovt wie die Hölle, „Full On“ ist fast schon traditioneller Blues. Für Bassist Hiro Yamamoto ist es die letzte Platte mit der Band, wenig später würde er mit den großartigen Truly von sich Reden machen. Sein Nachfolger: Ben Shepherd, kurz zuvor noch als Ersatz-Gitarrist auf Nirvana-Tour.
3 Down On The Upside
VÖ: 1996 | Label: A&M
Zum Zeitpunkt seines Erscheinens erfährt das vorerst letzte Soundgarden-Album eine in Teilen zwiegespaltene Rezeption. Das Problem, wenn man es denn so nennen wollte: der Vorgänger „Superunknown“ als hitlastige Hypothek aus der Ära der Superstar-Werdung. Auf den Seiten dieses Magazins ist der Blick schon damals so klar wie heute, knapp 30 Jahre – was für eine horrende Zahl – nach dem Erscheinen von „Down On The Upside“: „Das selbstproduzierte Opus strotzt nicht durch die gewaltige kommerzielle Eingängigkeit seines Vorgängers, sondern klingt mehrheitlich etwas rauer und aggressiver, was offensichtlich eher der Natur von Cornell & Co. entspricht“, heißt es in der Kritik zur „Platte des Monats“, die im Detail schlichtweg überzeugt: „Mit ‘Blow Up The Outside World’ scheint ein potenzieller ‘Black Hole Sun’-Nachfolger gefunden und mindestens sieben weitere Tracks klingen rein oberflächlich ebenfalls nach verlässlicher Soundgarden-Routine. Doch mit dem schnellen, herben ‘Ty Cobb’, dem wunderbaren Seventies-inspirierten ‘Burden In My Hand’ und dem überraschenden ‘Applebite’ zeigt das Grunge-Urgestein auch weiterhin Spontaneität und kreative Energie.“
2 Badmotorfinger
VÖ: 1991 | Label: A&M
Im Herbst 1991 verdichtet sich die Matrix des Alternative Rock und erstrahlt in gleißendem Licht. Am 24. September 1991 erscheinen „Nevermind“, „Blood Sugar Sex Magik“ und „Trompe Le Monde“ – die Götter mussten wohl verrückt sein. Vom „besten Tag der Musikgeschichte“ ist in Rückblicken die Reden. Auch Soundgardens „Badmotorfinger“ soll an diesem Tag in die Welt entlassen werden, aufgrund von „Produktionsproblemen“ klappt es jedoch erst zwei Wochen später. Keiner weiß so richtig, was der Albumtitel bedeuten soll, bei der Musik jedoch gibt es keine Verständnisschwierigkeiten: Allein das Intro von „Rusty Cage“ räumt alles auf dem Weg, später wird Johnny Cash aus dem pumpenden Epos eine purpurne Akustik-Miniatur schnitzen. „Outshined“ und „Slaves & Bulldozers“ formulieren endgültig aus, was auf dem Vorgänger grob entworfen wurde, dazu gibt es mit „Rooms A Thousand Years Wide“ einen der majestätischen Songs überhaupt im Œuvre der Band. Und „Jesus Christ Pose“, nun ja, da fehlen einem dann tatsächlich die Worte.
1 Superunknown
VÖ: 1994 | Label: A&M
Soundgarden-Puristen würden womöglich die ersten beiden Plätzen in diesem Ranking tauschen – und sie hätten ebenso recht. Die Unterschiede, so es sie überhaupt gibt oder dezidiert benennbar wären – sind marginal, bewegen sich in den Grenzen des guten Geschmacks. Und dennoch: Allein die ersten 30, 40 Sekunden des Titelsongs – das ikonische Lick, Camerons Kick/Bass-Einstieg, Thayils effektives Riff, Shepherds Schub, Cornells Phrasierung, wenig später die erste Harmonieverschiebung – das alles ist von einer so epischen Erhabenheit. Und natürlich kein Einzelfall: „Spoonman“ buchstabiert den Hit durch bis in den letzten Winkel, „Black Hole Sun“ als generationsübergreifender Evergreen, dazu das düstere Zwillingspaar „Fell On Black Days“ und „The Day I Tried To Live“, das ist nichts weniger als emotionale Perfektion. Mit „4th Of July“ wird es nochmal so bleiern wie in Anfangstagen, bevor „Half“ experimentell innehält und „Like Suicide“ einen langen, schwarzen Schatten vorauswirft.
Inhalt
- Von Flop bis Top – Alle Alben von Soundgarden im Ranking
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- Von Flop bis Top – Alle Alben von Joy Division und New Order im Ranking
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- Von Flop bis Top – Alle Alben von Tocotronic im Ranking
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- Die besten Soloalben: 2012-2024 – Für sich (auf)genommen
- Die besten Soloalben 1994-2011 – Einzig und allein
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- Die 50 wichtigsten Noiserock-Platten – Mutwillig am Hit vorbei
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- Von Flop bis Top – Alle Alben von Nick Cave & The Bad Seeds im Ranking
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- Zwölf umweltbewusste Alben – Sendungsbewusstsein
- Von Flop bis Top – Alle Alben der Beatsteaks im Ranking
- Von Flop bis Top – Alle Alben von Frank Turner im Ranking
- Von Flop bis Top – Alle Alben der Foo Fighters im Ranking
- Global Beat - Die wichtigsten Platten – Der Beat geht weiter
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- 1993 in 50 Platten – Re(ar)viewmirror
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- Shoegaze: Die 40 besten Platten – Dream On
- Tribute-Alben: 25 Meilensteine – Wem Ehre gebührt
- Supergroups: Die 50 besten Alben – Alles super
- Supergroups: Superduos – Ein Fall für zwei
- Die 33 wichtigsten Koop-Alben – Kommt zusammen
- Sludge Metal: Die besten Platten – Schlammschlacht
- Die 2010er: Die Plattenliste – Die 100 besten Alben der 2010er
- Okkult-Rock - Die Plattenliste – Diabolus in Musica
- Proto-Punk: Die wichtigsten Platten – Paten des Punk
- Jahresrückblick 2022: Die 50 Alben des Jahres – Kommentare zur Zeit
- Britpop - Die Plattenliste – Cool Britannia
- Post-Punk: Die besten Alben der ersten Welle – Pinke Flagge, schwarzes Gewand
- Post-Punk: Die besten Alben des Revivals – Widerhall in der Fabrikhalle
- Von Grunge bis Drum'n'Bass – Die 100 wichtigsten Platten der 90er