The Loved Ones-Sänger Dave Hause kündigt eine Solo-Tour für Oktober an: Es wird sich um kleine, intime Venues handeln und die Sets werden komplett akustisch sein. Im Rahmen seiner letzten Veröffentlichung “Drive It Like It’s Stolen” war Hause bereits im Januar 2024 auf einer vergleichbaren Tour in Deutschland unterwegs. Supportet wird er dieses Mal von seinem Bruder Tim Hause und Northcote.
“Three Cheers For Sweet Revenge” erscheint am 6. Juni als Deluxe Edition, exakt 21 Jahre nachdem My Chemical Romance das Album erstmalig veröffentlicht haben. Die Deluxe Edition wird vier Bonustracks beinhalten, allesamt Live-Aufnahmen, die 2005 exklusiv für die BBC eingespielt wurden. Die Neuauflage des Albums kann bereits vorbestellt werden.
Mit “I’m Not OK (I Promise) [Live for BBC Radio 1’s ‘The Lock Up’ 2005]” ist bereits eine erste der vier bislang unveröffentlichten Live-Versionen digital verfügbar. Auch das Musikvideo zur Single wurde restauriert. Mit ihrem zweiten Album konnten My Chemical Romance 2004 ihren Durchbruch feiern, keine zwölf Monate nach seinem Release war die Platte bereits Platin-zertifiziert, bis heute hat sich das Album weltweit über 7 Millionen Mal verkauft.
Langsamer gehen es My Chemical Romance dagegen mit der Veröffentlichung neuer Musik an: Ihr bislang letztes Album “Danger Days: The True Lives Of The Fabulous Killjoys” ist 2010 erschienen, 2013 kündigten sie eine Bandpause an, die 2019 revidiert wurde. Seitdem erschien 2022 die Standalone-Single “The Foundations Of Decay”. Stattdessen füllt die Band ihren Tourkalender und feiert so etwa in diesem Jahr das Jubiläum ihres dritten Albums “The Black Parade” mit einer umfassenden US-Tour. Im vergangenen Jahr musste die Band den Tod ihres ehemaligen Drummers Bob Bryar verkünden.
My Chemical Romance – “Three Cheers For Sweet Revenge” (Deluxe Edition)
01. “Helena”
02. “Give ‘Em Hell, Kid”
03. “To the End”
04. “You Know What They Do to Guys Like Us in Prison”
05. “I’m Not Okay (I Promise)”
06. “The Ghost of You”
07. “The Jetset Life Is Gonna Kill You”
08. “Interlude”
09. “Thank You for the Venom”
10. “Hang ‘Em High”
11. “It’s Not a Fashion Statement, It’s a Deathwish”
12. “Cemetery Drive”
13. “I Never Told You What I Do for a Living”
14. “I’m Not Okay (I Promise)” [Live for BBC Radio 1’s “The Lock Up”, 2005]
15. “Helena” (Live for BBC Radio 1’s “The Lock Up”, 2005)
16. “The Ghost of You” (Live for BBC Radio 1’s “The Lock Up”, 2005)
17. “You Know What They Do to Guys Like Us in Prison” (Live for BBC Radio 1’s “The Lock Up”, 2005)
AC/DC haben offiziell ihre erste Nordamerika-Tournee seit neun Jahren begonnen. Die 13 Termine der „PWR UP“-Tour werden AC/DC sechs Wochen lang quer über den Kontinent führen, bevor die Hardrock-Legenden im Sommer auch wieder nach Europa kommen.
2025 ist für AC/DC ein besonderes Jahr. Nicht nur feiert die Band das 50-jährige Jubiläum der Veröffentlichung ihres Debütalbums “High Voltage”, mit “Back In Black” wird auch eines ihrer erfolgreichsten und besten Alben in diesem Jahr 45 Jahre alt. Aus der Besetzung der Band auf “Back In Black” sind nach wie vor Gitarrist und Bandleader Angus Young sowie Sänger Brian Johnson dabei. Vervollständigt wird die Band auf dieser Tour durch Gitarrist Steve Young sowie Schlagzeuger Matt Laug und Bassist Chris Chaney (Jane’s Addiction, Alanis Morissette). Chaney ersetzt Cliff Williams, der nun endgültig in Rente gegangen ist.
In dieser Besetzung haben sie am Donnerstag auch den Tourauftakt in Minneapolis, Minnesota gespielt. Klassiker „Back In Black“ nahm mit fünf Songs den meisten Raum ein. Sie eröffneten mit “If You Want Blood (You’ve Got It)”, „T.N.T“ und „For Those About To Rock (We Salute You)“ spielten die Australier als Zugabe.
Im Juni, Juli und August kommen AC/DC dann zurück nach Europa. Neben dem Berliner Olympiastadion am 30. Juni stehen in Deutschland auch Konzerte auf dem Messegelände in Karlsruhe am 17. August sowie ein Konzert in Düsseldorf am 8. Juli an. Die Show in der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen ist zugleich die erste Bewährungsprobe für den Open Air Park Düsseldorf, das neue Gelände für Großkonzerte im Norden der Stadt. 2024 waren AC/DC bereits in Deutschland unterwegs und spielten insgesamt neun Konzerte. Nun folgt der Nachklapp, Tickets gibt es etwa noch bei Eventim.
Ihr aktuelles Album “Power Up”, das der Tour im Sommer 2025 auch ihren Namen gibt, haben AC/DC bereits 2020 veröffentlicht. VISIONS-Autor Toby Schaper schrieb darüber: “Wie durch ein Wunder präsentieren die totgeglaubten Hardrock-Superstars noch einmal ein famoses Album voller bierseliger Hymnen fürs Stadion.” Letzteres lässt sich dann diesen Sommer erneut überprüfen.
Setlist:
‘If You Want Blood (You’ve Got It)’
‘Back in Black’
‘Demon Fire’
‘Shot Down in Flames’
‘Thunderstruck’
‘Have a Drink on Me’
‘Hells Bells’
‘Shot in the Dark’
‘Stiff Upper Lip’
‘Highway to Hell’
‘Shoot to Thrill’
‘Sin City’
‘Rock ‘n’ Roll Train’
‘Dirty Deeds Done Dirt Cheap’
‘High Voltage’
‘Riff Raff’ (with extended guitar solo)
‘You Shook Me All Night Long’
‘Whole Lotta Rosie’
‘Let There Be Rock’ (with extended guitar solo)
Encore:
‘T.N.T.’
‘For Those About to Rock (We Salute You)’
Live: AC/DC
30.06. Berlin, Olympiastadion
08.07. Düsseldorf, Open Air Park
17.08. Karlsruhe, Messe
Gewohnt theatralisch gibt sich die neueste Single von Ghost, so singt Tobias Forge etwa im Pre-Chorus: “In the middle of the night, it feeds/ In the middle of the night, it eats you”. Welches überirdische Wesen genau jetzt einen Mitternachtssnack hält, überlässt Forge aber dem Vorstellungsvermögen seiner Hörer:innen. Auch das Musikvideo setzt auf eine schaurige Spukschloss-Atmosphäre.
Die Single ist die bereits zweite Vorabsingle aus dem neuen Ghost-Album “Skeletá”, das am 25. April erscheint. Es kann weiterhin vorbestellt werden. Zuvor hatten Ghost bereits zur Albumankündigung “Satanized” veröffentlicht.
Um den Albumrelease geht die Band natürlich auch auf Tour, kommt damit auch für einige Shows nach Deutschland. Tickets für die Konzerte gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Eine Besonderheit haben die Shows: Sie werden komplett handyfrei gehalten. Zuletzt gab Forge bekannt, dass er sich vorstellen kann, dass die verworrene Geschichte rund um die verschiedenen Band-Oberhäupter bald zum Ende kommen könnte.
Live: Ghost
23.04. Frankfurt – Festhalle
24.04. München – Olympiahalle
03.05. Zürich – Hallenstadion
07.05. Berlin – Uber Arena
08.05. Amsterdam – Ziggo Dome
14.05. Oberhausen – Rudolf Weber Arena
15.05. Hannover – ZAG Arena
Soulfly haben die Trennung von Bassist Mike DeLeon verkündet. Zukünftig wird stattdessen ein weiteres Mitglied des Cavalera-Clans mit an Bord sein. Neben Sänger und Gitarrist Max Cavalera wird zukünftig sein Sohn Igor Amadeus Cavalera, der ebenfalls in der Cavalera-Supergroup Go Ahead And Die Mitglied ist, DeLeons Platz einnehmen. Sein Vater bleibt an Gesang und Gitarre, sein Bruder Zyon wird weiterhin an den Drums sitzen. Es scheint, als wäre Mike DeLeon aber weiterhin als Tour-Gitarrist dabei.
“Nach vielen starken Jahren zusammen, trennen sich die Wege von Soulfly und Bassist Mike DeLeon. Wir werden weiterhin gemeinsam beim kommenden ‘Nu Metal Revolution’-Festival in Mexiko-Stadt am 3. Mai auftreten. Wir gehen jetzt in verschiedene Richtungen und danken Mike für all die Zeit, die er mit uns auf der Bühne gerockt hat!” schreibt Max Cavalera via Instagram.
Sepultura-Gitarrist Andreas Kisser hofft derweil, dass für das letzte Konzert der sich auflösenden brasilianischen Thrash-Größen die Cavalera-Brüder, Max und Igor, ein letztes Mal auf die Bühne zu der von ihnen gegründeten Band zurückkehren.
Seit einiger Zeit spricht Dando von einem neuen Lemonheads-Album. Nun hat er das Album “Love Chant” angekündigt. Ein Veröffentlichungsdatum hatte er noch nicht parat, nur dass es im Oktober soweit sein soll, über das Label Fire Records, wo zuletzt Deluxe-Reissues der klassischen Lemonheads-Alben der 90er erschienen sind.
“Love Chant” ist das erste Lemonheads-Album mit Songs aus eigener Feder seit “Lemonheads” von 2006. Zwischen damals und diesem Jahr hatte Dando mehr Freude an Coverplatten, wie “Varshons” (2009) und “Varshons II” (2019) zeigten.
Weitere Details wie das Artwork oder eine Tracklist zu “Love Chant” sind noch nicht bekannt, doch laut Dando werde ein erster neuer Song am 14. Mai veröffentlicht.
Im November 2023 war die Single “Fear Of Living” erschienen, mit der Dando ursprünglich ein Lemonheads-Album für 2024 angekündigt hatte. Ob der Song nun auf “Love Chant” enthalten sein wird, ist unklar, aber wahrscheinlich.
Diese Genregrößen bringt Humanist zusammen, um Themen wie Leben, Verlust und Erlösung musikalisch zu erforschen. Marshall schrieb unter anderem an zwei Soloalben von Lanegan mit – “Gargoyle” und “Somebody’s Knocking” – und steht auch live mit Humanist für intensive Shows – zuletzt als Support für Depeche Mode und auf eigener, ausverkaufter Tour. Tickets für die drei Deutschland-Shows gibt es ab sofort.
VISIONS empfiehlt: Humanist
13.06. Köln – Artheater
14.06. Hamburg – Molotow Club
15.06. Berlin – Badehaus
“Po$t American” kann als künftiger Klassiker gehandelt werden: Inhaltlich schmerzhaft deutlich, musikalisch aufwühlend wie visionär. Seine Texte singt Sänger Gregg Deal aus der Sicht der indigenen Ureinwohner, mal ironisch, mal zeitlos in die Magengrube. Auch stilistisch sprengen Dead Pioneers mit Hardcore-Up-tempo und atmosphärischem Drama die Genre-Grenzen.
Der Art-Folk-Pop, den Bon Iver auf seinem sechsten Album “Sable, Fable” zelebriert, wirkt wie die Summe aller bisherigen Bon-Iver-Werke: Der feingliedrigen Folk der Anfangstage vermischt sich mit prominenterem Gesang. Es gibt zwar Songs mit dezenten elektronischen Texturen, aber auch einige musikalische Überraschungen.
The Mars Volta – “Lucro sucio; Los ojos del vacio”
The Mars Volta wollen wieder unkonventioneller und freigeistiger auftreten, daran lässt “Lucro sucio; Los ojos del vacio“ keinen Zweifel. Seichtheit lässt sich dem neuen Album nicht unterstellen, auch wenn der Mix aus Percussions und Synthie-Prog einigermaßen ziellos bleibt. Das eigentliche Highlight der Platte: der Bass.
Kochkraft durch KMA präsentieren auf “Hardcore never dies das” nicht nur ein Wortspiel als Albumtitel, sondern auch eine bemerkenswerte, musikalische Bandbreite. Sie beweisen Köpfchen, jede Songzeile und jeder Gag scheint wohlüberlegt. Am Ende kann die Platte aber durch das sture Beharren auf absolute Unabhängigkeit punkten.
Mit ihrem Debütalbum setzen Teen Mortgage die Segel für einen kompromisslosen Kurs: “Devil Ultrasonic Dream“ liefert straighten Garage-Punk, Grunge mit Surf-Einflüssen und einen dichten, energiegeladenen Sound, der trotzdem präzise produziert ist. Die Band zelebriert den DIY-Geist – direkt, laut und unverfälscht.
Marathon – “Fading Image”
Mit den Gitarreneffekten und schneidenden Rhythmen, dem groovenden Bass und dem ausdrucksstark plärrenden Gesang liefern Marathon auf “Fading Image” alle klassischen Post-Punk-Elemente – das Songwriting und die bekannten Klangfarben sind allerdings weniger individuell und lassen das Besondere ein wenig vermissen.
Das posthum erscheinende Debüt der zu früh verstorbenen Nell Smith bringt einen Überschwang an Soundelementen mit, die Texte aus dem Leben eines Teenies verbinden sich mit dem Surrealen: Das Album setzt einen Punkt, an dem ihre Künstlerkarriere niemals hätte enden dürfen – Songs wie “Bubba” werden ihr Vermächtnis prägen.
Mit “Dislodged“ zeigen Rýr, wie der Spagat zwischen Atmosphäre und Brutalität gelingt. Die Berliner Post-Metal-Band entfaltet mit dröhnenden Riffs und klareren, intensiveren Momenten eine packende Soundlandschaft, die den Spannungsbogen über 40 Minuten konstant hält – und dabei die Grenzen ihres Genres neu definiert.
Tausend Löwen unter Feinden setzen auf ihrem dritten Album „Karma“ auf pure Energie und prägnante Botschaften. Mit kraftvollen Riffs, mitreißenden Two-Step-Passagen und einfachen, aber effektiven Refrains liefern sie ein Hardcore-Album, das trotz formelhaftem Songwriting durch Dynamik und Durchhaltevermögen beeindruckt
“Waves” ist das fünfte Studioalbum des Düsseldorfer Frank Popp Ensembles, das sich mühelos zwischen 60s Soul, 90s Indierock und Psychedelic bewegt. Mit funky Grooves, mitreißendem Soul und eingängigen Melodien entfaltet das Album eine einzigartige Mischung aus Retro-Sounds und modernem Flair, die sofort fesselt.
Messa – “The Spin”
Mit ihrem vierten Album “The Spin“ beweisen Messa einmal mehr ihre stilistische Eigenständigkeit. Zwischen 80s-Goth, Post-Punk und NWOBHM erschafft die italienische Doom-Metal Band ein detailverliebtes Klangbild voller Kontraste. Vielseitig, mutig und unvorhersehbar – Messa bleiben nur mit sich selbst vergleichbar.
Auf ihrem Album “Life Is Violence“ kombinieren Idle Heirs melancholischen Gesang, akustische Elemente und düstere Texte mit kraftvollem Post-Metal und wütendem Gebrüll. Das Duo schafft einen intensiven Klang, der zwischen fragilen Momenten und brachialer Wucht schwankt und die emotionale Tiefe ihrer Musik widerspiegelt.
Das sechste Album von Fomies, “Liminality”, ist ein düsteres, fesselndes Werk, das die Fuzzgitarre in den Vordergrund stellt. Mit zwölf Tracks, die von schleppendem Heavy Rock bis hin zu 60er-Jahre-Pop und krautigen Klängen reichen, nimmt die Schweizer Fuzz-Psych-Band die Hörer:innen mit auf eine Reise des Wandels.
Casper Skulls präsentieren auf ihrem dritten Album “Kit-Cat” eine Mischung aus Indie-, Folk- und Alt-Rock-Elementen. Das harmonische Zusammenspiel der Band sorgt für einen ruhigen, stetigen Klang. Die Songs laden zum Nachdenken ein und entfalten sich in einer entspannten Musikalität, ohne dabei hektisch zu wirken.
Leatherman präsentieren mit ihrem Debüt “Turn You On“ eine kraftvolle Reaktion auf den Wahnsinn der Welt. Mit einer Mischung aus Power-Pop, Oldschool-Punk und Hardrock schaffen die Australier:innen ein vielseitiges Werk, das sowohl durch Charme als auch durch pure Energie begeistert. Also alles Gold, was bei Leatherman glänzt? Um ehrlich zu sein: ja.
Hinter der Abhängung des Aufgangs zur Bühne vom SO36 zündet Ray Cappo einen Kräuterstrauß an – um ihn dann wieder zu löschen. Das klappt nicht so, wie er sich das vorgestellt hat. Er grinst. Dann geht er auf die Bühne, über die schon seit gut zwei Minuten ein Chant schallt. Viel mehr Krishna-Accessoires gibt es heute Abend nicht. Das war Anfang und Mitte der 90er noch anders. Da versammelten Shelter gerne teils in Roben gewandete Anhänger ihrer Glaubensgemeinschaft um sich. Die verteilten mal Brot, mal vegane Leckerlis und boten Glaubensschriften – das Bhagavatapurana – an. Unter Hardcore-Kids, die ohnehin tierfreundlich und drogenfrei leben wollten, wurde der hinduistische Glaube mit Krishna als Inkarnation des Höchsten zum attraktiven Lifestyle, befeuert durch den “Krishnacore”, der Untersparte einer Subkultur mit den dazugehörigen Bands wie Cro-Mags, 108, Baby Gopal, Abhinanda in Schweden und eben Shelter.
Beim Yoga zuvor gedehnt: Ray “Ragunath” Cappo (Foto: Maren Michaelis)
Mit dem Lifestyle geht es heute bereits vor der Show los. Sänger Ray Cappo, auch als Raghunath Das bekannt, arbeiten schon lange nebenbei als Yoga-Lehrer. Vor den Shows geben er oder sein gitarrespielender Krishna-Buddy John “Porcell” Porcelly (aka Paramananda Das) Yoga-Stunden für Fans und Freunde. Auch Kreator-Frontmann Mille Petrozza ist dabei, denn die Stunde findet eh in seinem Stammstudio statt. Frisch gedehnt geht es auf die Bühne. Cappo hat mittlerweile ein kleines Bäuchlein und einen gepflegten grauen Kinnbart, ist aber fit wie ein Turnschuh. Kollege Porcell sieht mit seinen 58 Jahren keinen Deut weniger fit oder älter aus als Mitte der 80er, als er mit Cappo die Band Youth Of Today gründete. Das mit der Meditation, der gesunden Ernährung, dem Yoga und dem Drogenverzicht hat offensichtlich seine Vorteile.
John “Porcell” Porcelly hat so gute Laune wie alle anderen im SO36 (Foto: Maren Michaelis)
Passend zum Headliner eröffnet die Berliner Straight-Edge-Band Drink Deep gefolgt von Speedway aus Stockholm. Die sind zwar nur zum Teil straight edge, ihr positiver Youth-Crew-Hardcore hat sie trotzdem auf das legendäre und einst von Cappo mitgegründete Label Revelation gespült. Seine Finger im Spiel hatte dabei Sammy Siegler in seiner Funktion als A&R. Siegler sitzt heute bei Shelter hinter dem Schlagzeug. Dabei war er nie Teil der Band – dafür aber schon als 12-Jähriger im Dienst von Youth Of Today aktiv. Die Songs beherrscht er selbstverständlich trotzdem mühelos, denn Siegler hilft überall aus, wo er gebraucht wird – von Limp Bizkit über Glassjaw bis Patti Smith.
Rechts KC der Band-Dork und im Hintergrund Schlagzeug-Legende Sammy Siegler (Foto: Maren Michaelis)
Außerdem hat er ja 30 Jahre Zeit gehabt, um sich mit den Songs von “Mantra” auseinanderzusetzen. Das Album ist am 8. August 1995 erschienen. Im Februar 1996 sind Shelter damit in Deutschland auf Tour. Damals wie heute unter anderem in der Zeche Carl in Essen und dem SO36. Der Zugabenblock ist variabel, davor sollte man keine Überraschungen erwarten. Shelter spielen die elf Songs der Platte in exakter Reihenfolge. Als Bassist haben sie KC aka Krishna Chaitanya dasa dabei, der eigentlich Christopher Interrante heißt und irgendwann mal auf einer Shelter-Platte Backing-Vocals gesungen hat. Er bezeichnet sich selbst mit einem schiefen Lächeln als der “dork” der Band: der uncoole Trottel. Ihn kennt halt niemand, während die drei Kollegen “legends in their own right” sind.
Slamdance, Stagedives, Moshpit: alles am Start bei Shelter und ihren Fans (Foto: Maren Michaelis)
Im ersten Song-Trio entlädt sich die aufgestaute Energie und die Freude über das Jubiläums-Comeback bei den knapp 700 Anwesenden. Direkt vor der Bühne gibt es eine Mischung aus Moshpit und Gequetsche. Schweiß läuft, Körper fliegen, Finger pointen untermalend in der Luft, auf manchen Handrücken sind sogar X-e zu erkennen. “Dedication” ist das Zauberwort. Cappo hängen sie an den Lippen, singen “Message Of The Bhagavat”, “Civilized Man” und den größten Hit “Here We Go” mit. Ganz im Sinne des Songs “Empathy” bekommt Cappo mit, dass eine junge Frau ein Gesäß mit ihrem Kopf abfedern musste. Er holt sie kurz danach auf die Bühne. “She got whacked in the head by an uneducated stage diver”, sagt er und schmunzelt.
Flirt mit dem Publikum – und sogar ein paar X-e gibt’s auf Handrücken zu sehen (Foto: Maren Michaelis)
In “Not The Flesh” und im “Mantra”-Finale rappt Cappo. Das geht ganz gut. Als besonders starken Sänger beweist er sich heute jedoch nicht. Manchmal wirkt es, als ob er mit den Texten nicht hinterherkommt, und wenn er der Crowd das Mikro entgegenstreckt, dann hapert es auch da mit der Tightness. Aber das macht Cappo mit Charisma wett. Er grinst, hat sichtlich Spaß daran, dass auch bei seinem x-ten SO36-Besuch so viele Menschen da sind, um die PMA-Message zu transportieren. Darunter selbstverständlich auch einige Devotees mit den klassischen Gebetsketten, den Japa Malas aus Tulsi-Perlen, und Shelter-Shirts diverser Generationen. Cappo verteilt im sich vor der Bühne drängenden Pulk immer wieder High-Fives und Fist-Bumps und setzt mal kurz vor der Bassdrum zum halben Handstand an. Klar, “Hare Rama” wird auch nochmal gechantet, untermalt von E-Gitarre und Schlagzeug. “We just made that up”, kommentiert Cappo schelmisch.
Ray Cappo auf Kuschelkurs (Foto: Maren Michaelis)
Nach gut 40 Minuten ist die Band mit “Mantra” durch. Die rhetorische Frage “Is it okay if we play some more songs?” kann sich Cappo nicht verkneifen. Na klar, bring it on! Ab jetzt wird es nämlich erst spannend, denn immerhin haben Shelter um “Mantra” herum weitere sieben Alben veröffentlicht. Mit “When 20 Summers Pass” gibt es den Titeltrack und Opener des 2000er Albums, der erneut in einem Hardcore-Chant mündet. Cappo strahlt, merkt selbstsicher an: “I think it’s a good show!” und fragt reihum, ob seine Mitstreiter das auch so sehen. Aber Porcell stimmt seine Gitarre und kriegt das gar nicht mit. “He’s in trance”, kommentiert Cappo und nutzt die Chance, noch etwas Werbung zu machen für sein Buch “From Punk To Monk – A Memoir”, das er gerne signiert, weil: “Some people like that.” Verzicht ist – das hat Ragunath oft genug gepredigt – eine gute Sache. Aber klingelnde Kassen sind auch nicht schlecht, denn sogar ein Ex-Mönch muss den Kühlschrank füllen und die Miete bezahlen. Dann klatschen noch mal alle mit zum Samsara-Chant, bis der Band-Theme-Song “Shelter” vom 93er Album “Attaining The Supreme” den Abend beschließt. Die Messe ist gelesen und die “Message Of The Bhagavat” transportiert.