Kann ein Handschlag eine popkulturelle Bewegung stoppen? Er kann. 30. Juli 1997, Labour-Kandidat Tony Blair hat mit seinem Konzept von “New Labour” (Sozialdemokratie plus Neoliberalismus) die Wahl gewonnen und wird als britischer Premierminister eingeführt. Nach 18 Jahren Tory-Regierung, die meisten davon unter der lähmenden Regentschaft der “Iron Lady” Margaret Thatcher. Die Insel atmet auf, man lässt frische Luft hinein. Etwa in Person des im Sommer 1997 größten Pop-Songwriters, Gitarristen und Teilzeitsängers des Königreichs: Noel Gallagher ist einer der Gäste bei Blairs Einführung. Als Stellvertreter für “Cool Britannia”, wie Marketingleute die Britpop-Bewegung nennen, die seit 1994 die britische und zu gewissen Teilen auch die kontinentaleuropäische Rockwelt dominiert. Es kommt zum fatalen Handschlag zwischen der großen Politik und Britpop: Der neue Premierminister lächelt selig, Gallagher spöttisch, im Hintergrund schaut Alan McGee, Boss des Labels Creation, skeptisch, vielleicht ahnend, was da kommen wird. Die anderen Gäste wundern sich, dass dieser Gallagher aus Manchester entgegen dem Protokoll keine Krawatte trägt.
Wenige Jahre später steht Blair bedingungslos an der Seite des US-Präsidenten George W. Bush und führt das Königreich in widersinnige Kriege, als gelte es, den ramponierten Ruf der alten Imperialmacht zu untermauern. Und Oasis? Veröffentlichen ein Album mit dem Titel “Standing On The Shoulder Of Giants”, mit Songs wie “I Can See A Liar”, “Put Yer Money Where Yer Mouth Is” und “Fuckin’ In The Bushes” – sowie “Little James”, das Liam Gallagher für seinen kleinen Sohn schreibt. Cool Britannia und New Labour? Alles Lüge! Am 30. Juli 1997 wird Britpop zu Grabe getragen. Doch wie das mit Musikgenres und popkulturellen Trends nun einmal ist: Sie kommen wieder. Mal als Zombies, mal sehr lebendig. Oft als Mischung aus beidem. 2024 traf es Britpop.
Dawn of the dead
Der Zombie-Faktor? Nehmen wir Blur. Die spielen 2024 beim Coachella-Festival und treffen dort, anders als in London oder Tokio, auf ein gelangweiltes, wenig verständnisvolles und schon gar nicht textsicheres Publikum. Woraufhin Sänger Damon Albarn genervt von der Bühne plärrt: “Ihr werdet uns nie wieder sehen, also könnt ihr genauso gut mitsingen!” Als wenn es daran läge. Gitarrist Graham Coxon hält später in einem Interview über den Trip in die südkalifornische Wüste beinahe beleidigt fest: “Da dauert es 14 Stunden, bis man da ist, und dann spielt man vor Leuten, denen man scheißegal ist. Die schauen einen an, als wollten sie sagen: Wer ist dieser alte Penner?”
Was für alte Penner Blur sind, belegt auch die Banddokumentation “To The End”, die im Herbst in ausgewählten Kinos läuft. Zu sehen sind Wohlstandsherren Mitte 50, die ausgesorgt haben und sich doch noch einmal aufraffen, um die Band zurück auf die Bühne zu bringen und ein neues Album aufzunehmen. Die Platte “The Ballad Of Darren” ist toll. Dem Film hilft das wenig. Vor allem, weil er in sehr vielen Einstellungen Albarn und Bassist Alex James als zwei Dandys wie aus einer Werbung für eine Altersvorsorge zeigte. Mit Wampen, Wollpullis, Wollmützen und Kaffeebechern am Meer, in das sie am Ende natürlich hineinspringen. Wer diese Szenen sieht, hat Verständnis dafür, dass junge Leute aus Kalifornien nicht unbedingt ausflippen, wenn diese Typen vom “Death Of A Party” singen oder eine “Popscene” beschreiben, wie sie vor 30 Jahren existiert hat. Was man aber auch sagen muss: Für nostalgisch getrimmte Hörer ist das 2024 veröffentlichte Konzertalbum “Live At Wembley Stadium” ein großes Vergnügen. Und Blur bleiben eine tolle Band. Sie sollten nur nicht mehr in der Wüste spielen und Dokus über sich drehen lassen.
Die Blur-Shows im altehrwürdigen Londoner Stadion dürften einer der Gründe sein, warum oben in Manchester zwei Brüder endlich wieder zusammenfinden: 2024 entscheiden sich die Gallaghers, 2025 als Oasis zurückzukommen. Das Jahr über haben sie nicht viel mehr gemacht, als eine Fotosession über sich ergehen zu lassen und ein paar Social-Media-Beiträge abzusetzen.
Plus: Es erscheint Liam Gallaghers Album mit Stone-Roses-Gitarrist John Squire, eine Platte, die zweifellos ihre Längen, mit “Mars To Liverpool” aber auch einen der besten Songs des Jahres an Bord hat. Wie hoch die Fallhöhe für Oasis im kommenden Jahr sein wird, zeigen ein paar Randereignisse mitten aus dem Reunionrausch. Ende November melden Oasis für einen Montagmorgen eine “große Ankündigung” an – “big for Oasis fans!” Ein neuer Song? Ein Album gar? Am Ende geht es um die Verlosung von zwei (!) Tickets. Das Credo im Netz: die schlimmste Ankündigung aller Zeiten.
Zuvor hat es für die Band und ihr Management bereits Ärger gegeben, weil sie sich nicht im Vorfeld gegen die Preisgestaltung des Kartenverkäufers Ticketmaster gestellt haben: Schien es über Jahre so gewesen zu sein, als würden sich die Fans bei den virtuellen Prügeleien um Tickets so ziemlich alles bieten lassen, gibt es im Fall Oasis veritablen Ärger. Die Methode des “dynamic pricings” wird als das entlarvt, was sie ist: Ein neoliberaler Weg, Leute zu schröpfen, die etwas haben wollen, das sehr nachgefragt ist. Dass die Hotel- und Airbnb-Kurse in den Städten, in denen Oasis 2025 spielen werden, direkt nach der Ankündigung des Tourplans in abstruser Weise durch die Decke gehen und einige Hotels bestehende Buchungen stornieren, um die Zimmer zu deutlichen höheren Raten neu zu vergeben, sorgt für extremen Frust. Und ruft Verbraucherschützer und Politiker auf den Plan, die fordern, ein solches Vorgehen müsse verboten werden. Natürlich wird dieser Ärger längst verflogen sein, wenn Oasis 2025 “Champagne Supernova” spielen. Aber die Gallaghers werden zuletzt schon gemerkt haben, dass ihnen der Wind, den sie gerne selbst ins Internet blasen, auch mal ins Gesicht wehen kann.
Spätberufen auf der Eins
Weg von den Britpop-Untoten, hin zu den erstaunlich vitalen Silberlocken: Einige Veteranen der klassischen Britpop-Jahre werden 2024 dafür belohnt, sich im Laufe des Jahrzehnts nicht zerfleischt zu haben, am Ball geblieben zu sein. Mit der Folge, eine überaus loyale Fanbasis aufgebaut zu haben. Eine Community, die 2024 dafür sorgt, dass gleich mehrere Bands mit ihren Alben hohe Platzierungen und sogar den Nummer-eins-Spot in den britischen Charts belegen. Das ist im Zeitalter des Streamings keine so große Sache mehr, wie es Mitte der 90er der Fall gewesen war. Bemerkenswert sind die kommerziellen Erfolge der Veteranen dennoch. Im September etwa stehen Shed Seven aus York mit “Liquid Gold” ganz oben, einem Album mit von einem Orchester unterstützten Neueinspielungen älterer Songs. So eins haben James aus Manchester bereits erfolgreich 2023 erledigt; 2024 erreichen sie mit den neuen Songs ihres Albums “Yummy” Platz eins der UK-Charts. Nicht ganz so hoch hinaus geht es für Kula Shaker, aber das neue Album “Natural Magick” führt auch die Psych-Britpopper in die hohen Chartpositionen, die sie Ende der 90er mit ihren ersten beiden Platten erreicht haben. Auch die melodieverliebten Cast aus Liverpool finden 2024 mit dem Album “Love Is The Call” zurück in die Erfolgsspur.
Man darf davon ausgehen, dass diese alten Britpop-Recken mit ihren neuen Platten zuverlässig ein älteres Publikum versorgten. Es gab 2024 aber auch deutlichen Spuren von Britpop im Sound der aktuell angesagtesten Bands der Indie- und Alternative-Szene. Die Newcomer Brigitte Calls Me Baby aus Chicago zum Beispiel zeigten auf ihrem Debütalbum “The Future Is Our Way Out”, wie The Smiths 2024 vielleicht klingen würden, wenn das mit Morrissey alles ein bisschen anders laufen würde. Sänger und Songwriter Wes Leavins bedient das dafür nötige Pathos und vermittelt Botschaften wie “I Wanna Die In The Suburbs” oder “You Are Only Made Of Dreams”, während seine Band bei “Eddie My Love” den Jingle-Jangle des Britpop mit dem Sound der 60er-Beatband The Shadows zusammenbringt.
Dass Britpop auch in der Top-Etage des Pop eine Rolle spielt, zeigen einige Stücke des Albums, das der Superproduzent Jack Antonoff in den wenigen Wochen der jüngeren Zeit, in denen er nicht mit der Arbeit für Taylor Swift beschäftigt war, mit den Bleachers aufgenommen hat. Antonoff ist generell ein begnadeter Genre-Plünderer; Songs wie “Woke Up Today” erinnern an die Beatles und ihre vielen Wiedergänger aus der großen Zeit des Britpop.
Fontaines D.C. sind seit jeher dafür bekannt, pro Album mindestens einen Song mit Britpop-Verweis rauszuhauen. Auf Romance übertreffen sie sich in dieser Hinsicht selbst: “Favourite”, letzter Song der Platte, ist ein perfekter Jingle-Jangle-Britpopsong, der die Frühlingsgefühle der mittleren 90er zurückholt. Eine Falle, denn im Song singt Grian Chatten von der Traurigkeit einer Rückkehr. Vom fahlen Beigeschmack der Nostalgie. Fontaines D.C. docken Britpop-Elemente an ihren Post-Punk an. High Vis aus London lassen Britpop in ihre Post-Core-DNA einfließen. Bei manchem Song ihres dritten Albums “Guided Tour” wirkt es, als wären die Stone Roses als Punkband auferstanden, mit einem Sänger, der deutlich lauter zu Werke geht, als es seinerzeit bei Ian Brown der Fall war. The Last Dinner Party, eine der Aufsteigerbands des Jahres, entwerfen in Songs wie “The Feminine Urge” einen dringend notwendigen weiblichen Gegenentwurf zur Britpop-typischen “Lad-Culture” mit Bier und Fußball – und verweisen mit ihrem Sound auch auf von Frauen geprägte Britpop-Bands wie Catatonia mit Sängerin Cerys Matthews oder Kenickie.
Universal Britpop
Nun ist es zwar interessant, aber nicht superungewöhnlich, dass ein bestimmter Stil aus einer bestimmten Zeit auch die aktuelle Musik beeinflusst. Was 2024 aber wirklich überrascht: Wie aus Britpop ein Modewort für Modern Pop wird. Eine Marke. Eine Einstellung. Eine Lebenshaltung. Etwas, das weit über die Musik hinaus geht. Und zwar eben nicht nur für Jungs, die gerne Fußball gucken und Bier trinken. Sondern auch für junge Frauen aus Schwarzen Communitys.
A.G. Cook ist ein englischer Produzent innovativer Dance-Musik, darüber hinaus ein Einflussgeber und Möglichmacher einer neuen Szene, die sehr stark den progressiven Modern Pop beeinflusst. Unter dem großen Dachnamen Hyperpop lassen sich Acts und Songs zusammenfassen, die sich alle Freiheiten nehmen und keinerlei Grenzen akzeptieren. Weder in der Musik noch in der Identität, wobei diese wiederum fluide und virtuell sein kann. Hyperpop ist beides: Pop und eine Karikatur von Pop. Die Selbstironie ist in dieses Genre per Werkseinstellung mit eingebaut, wird von den Acts aber sehr schnell an- und wieder ausgestellt. Mit dieser Haltung ist Hyperpop wie gemacht für das Hyper-Netzwerk Tiktok, diesem Dschungel aus Filmchen, Selbstdarstellungen und Verweisen.
Cook ist einer der Menschen, die das alles verstehen. Er arbeitete mit der Produzentin Sophie zusammen, bis zu ihrem Tod 2021 einer der Stars der Szene, produzierte für Beyoncé. Er war zudem kreativer Direktor für Charli XCX, der es 2024 mit ihrem Album “Brat” gelang, nicht nur diesen Begriff groß zu machen, sondern damit auch den Lifestyle von Millionen von Menschen zu verändern. Mit seinen eigenen Alben verfolgt Cook den Anspruch, die großen Symbole und Marken zu vertonen. Jene der Gegenwart, wie auf dem Album “Apple”. Oder jene der Zukunft wie “7G”, dem Mobilfunknetz der 7. Generation, mit dem es, wie Zukunftsforscher glauben, möglich sein wird, jederzeit virtuelle Welten zu betreten.
Cooks Album für 2024 trägt den Titel “Britpop”. Nicht, weil die Musik so klingt: Cook bleibt seinem verspielten und verrutschen Electro-Sound treu. Sondern weil er als Künstler darüber nachgedacht hat, warum der Einfluss britischer Musik so groß ist, auch in den USA. Ausgehend von der Beatlemania und der damit verbundenen “British Invasion” von Beatbands in den 60ern wie den Kinks und Rolling Stones, Zombies und Hollies, Small Faces und The Who, Dave Clark Five und der Spencer Davis Group. Alles Bands, die auch den originären Britpop-Stil beeinflusst haben. In einem Interview beschreibt A.G. Cook Britpop als “lustiges Zeitgeistphänomen”, das in der Tradition von “Underground-Künstlern steht, die mit universellen Symbolen spielen”. Daher hat er für das Artwork des Albums und der Videos den Union Jack pink und grün gefärbt – als handele es sich um eine Flagge aus einem anderen Paralleluniversum. Um ein Symbol, das Gemeinschaft, Kreativität und Identität feiert, ohne die historische Schuld mit sich zu tragen, die beim Union Jack naturgemäß mitschwingt.
Die Attraktivität eines Dachbegriffs
Als Künstler sei er immer auf der Suche nach solchen Symbolen, sagt er. Und er ist da längst nicht der einzige: Dass Britpop 2024 zu einer Referenz geworden ist, auf die sich weltweit auch junge Leute sich einigen können, die nie etwas von Bands wie Sleeper, Ocean Colour Scene oder Menswear gehört haben, liegt für Cook an der “Zersplitterung der Popkultur seit dem Aufkommen des Internets”. In den 90ern konnte man sich eine der Wochenzeitschriften holen und sich sicher sein, die versammelten Band der Britpop-Bewegung in diesem Heft zu finden. Irgendwas gab es immer zu berichten, über Suede, die Boo Radleys oder Supergrass. Das Lesen und Herumtragen des Magazins zeigten zudem: Ich bin einer von euch. “Wenn man es aber wie heute mit einem aufgebrochenen Mainstream zu hat”, sagt Cook, “und jeder in Subkulturen existiert, werden alle Begriffe und Symbole, die einem dabei helfen, sich an etwas Universelles zu klammern, sehr attraktiv.” Britpop ist also eine Klammer. Eine freiwillig gezimmerte Schublade. Um untereinander und mit den Fans in Dialog zu treten. Aus der Not einer zerfledderten Welt heraus nimmt sich die junge Generation ein Genre von früher. Um es neu zu deuten. Sich unter diesem Dach zu versammeln.
An dieser Stelle unterscheidet sich das Britpop-Revival im Modern Pop vom originären Britpop der 90er. Letzterer wurde hauptsächlich geprägt von Jungsbands, auf deren CDs der Sticker “buy British” stand und die angefeuert wurden von den wöchentlich erscheinenden Musikmagazinen, die keinen Hehl daraus machten, dass sie auf den gerne mies gelaunten US-Alternative-Rock keinen Bock mehr hatten, stattdessen wieder Gruppen aus London und Birmingham, aus Carlisle, Dublin, Dundee, Humberside abfeiern wollten. Verbunden mit der unmissverständlichen Botschaft: “Yanks go home!” Noch 1992 wurde Morrissey medial dafür vernichtet, dass er beim von der Band Madness organisierten Madstock-Festival mit einem Union Jack um die Hüften auf der Bühne herumgeturnt war. Nur wenige Monate später war die Flagge allgegenwärtig: auf Magazincovern, auf Noel Gallaghers Gitarre, wenn es darum ging, Suede zur besten Band Welt zu erklären. Was dabei immer eine Rolle spielte: Nationalismus, Chauvinismus.
Das ist 2024 anders. Es wirkt, als hätten sich ausgerechnet die Marginalisierten die Symbole zurückerkämpft. Ein paar Beispiele: Nia Archives, eine 24 Jahre alte Schwarze Breakbeat-Künstlerin, trägt auf dem Cover ihres Debütalbums “Silence Is Loud” einen schillernden Union Jack auf den Zähnen. Modern-Pop-Superstar Dua Lipa sagt, sie habe sich bei der Arbeit an ihrem 2024er-Album “Radical Optimism” mit der Geschichte des Britpop beschäftigt und dabei erkannt, dass es ihr helfen könnte, den Pessimismus zu verdrängen: Britpop sei “selbstbewusst optimistisch” gewesen: “Diese Einstellung habe ich in meine Aufnahmesessions mitgenommen.”
Die Songwriterin Rachel Chinouriri zeigt auf dem Cover ihres von Indierock beeinflussten Albums “What A Devastating Turn Of Events” eine Szenerie wie aus dem Booklet des Blur-Albums “Parklife” – eine Sozialbausiedlung, beschmückt mit der englischen Flagge, dem Sankt-Georgs-Kreuz. Der erste Song der Platte heißt “Garden Of Eden”, als wäre dieses kleinbürgerliche englische Idyll für eine Künstlerin wie Chinouriri tatsächlich das Paradies – und nicht die potenzielle Hölle. “Für Schwarze und People of Colour ist diese Flagge nichts, worauf man stolz sein könnte”, sagt sie in einem Interview mit der englischen Zeitung Guardian. Weshalb ihr Umfeld ihr auch davon abriet, die Fahnen auf ihrem Albumcover zu zeigen, zumal das Georgskreuz von rechtsradikalen Gruppen wie der English Defense League vereinnahmt wird. Doch gerade deshalb bestand Chinouriri darauf. Ausgehend von der Erfahrung, ihre britische Identität in einer Zeit wiederentdeckt zu haben, als sie sich während eines Aufenthalts in Los Angeles einsam gefühlt hatte. Der Song “The Hills” erzählt von diesen Gefühlen – und klingt passenderweise wie eine clevere Kombination aus US-Indierock und Britpop. Die Flagge zu verwenden, sei für sie wie eine “Feier, sich dieses Symbol zurückzunehmen – verbunden mit der Botschaft: ‘Ihr könnt mich nicht loswerden’.”
Auf diese Art kehrt Britpop zu seinem Ausgangspunkt zurück. Zur Idee eines neuen Verhältnisses zwischen Pop, Rock und Politik. Einer Vorstellung von Musik als Mittel, um eine gute Zeit zu haben. Selbstbewusst im Leben zu stehen. Eigene Welten zu erschaffen. Mit großer Fresse zu behaupten, dazuzugehören. Mehr noch: das Beste zu sein, was diesem Land, ach, dieser Welt passieren konnte. Auch ohne Ausbildung an einer Privatschule oder Studium an einer Eliteuni. Die ganz jungen Gallaghers haben so gedacht. Und aus dieser Haltung heraus einer der besten Rockbands aller Zeiten gegründet. Es ist fantastisch, dass Britpop 2024 zu dieser Grundhaltung zurückgekehrt ist. Mit dem Erfolg der Alten, das auch. Aber dazu mit ganz anderen Klängen. Die gute Nachricht am Ende: Bei der Einführung des neuen Labour-Premiers Keith Starmer ist kein Popstar weit und breit zu sehen.
Inhalt
- Die Momente des Jahres 2024 – Schlauchboot, Hiebe, Wiederwahl
- Jahresrückblick 2024: Britpop – Alte Penner, neue Stimmen
- Jahresrückblick 2024: Comebacks – Fünf sind wieder da
- Deal, Gibbons, Gordon – In der Haltung vereint
- Jahresrückblick 2024: Bandsplits – Fünf sind nicht mehr
- Jahresrückblick 2024: Steve Albini – Der Gamechanger
- Jahresrückblick 2024: Neulinge – Fünf für '25
- Die 50 Alben des Jahres 2024 – Harte Musik für harte Zeiten
- Fontaines D.C. im Interview – Gespenstisch, beinahe erschreckend
- Jahresrückblick 2024: Blinddate – »Jack White zeigt uns allen, wo wir stehen«
- Jahresrückblick 2024: By Its Cover – Fontaines D.C. - »Romance«