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»Jack White zeigt uns allen, wo wir stehen«

1

U Should Not Be Doing That
Amyl And The Sniffers

Vom Album “Cartoon Darkness”

Scholz: Ich glaube, dass das Danko Jones sind. Aber sind sie nicht. Und ich dachte gerade: Ach schön, ich kenne was! (Gesang setzt ein) Das sind 24/7 Diva Heaven. Ach nee, Quatsch: Amyl And The Sniffers!
Die haben gerade in der ausverkauften Columbiahalle gespielt…
…und sind im Sommer in der Zitadelle Spandau. Ich habe sie noch in der alten Zukunft am Ostkreuz gesehen. Als ich da war, dachte ich mir: Ach, das hören die neuen Punk-Kids gerade. Da ging es total ab mit Stagediving und so. Ich stand am Rand, habe immer jemanden aufgefangen. Irgendwann war mir das zu viel und ich bin nach hinten. Der Bassist und der Schlagzeuger, die hatten damals so einen Vokuhila. Da ging das dann mit der Frisur los, so ein neuer Style. Eine mega Band ist das, und ich finde es super, dass die so erfolgreich sind und sich den Arsch weltweit abtouren. Irgendwann hatten wir mit den Beatsteaks auch mal überlegt, ob wir die als Support engagieren. Da haben wir geguckt, was die so für Venues spielen. Und dann dachten wir: Nee, die fragen wir auf gar keinen Fall, die lachen uns ja aus.


2

Plastic Rebel
Bad Nerves

Vom Album “Still Nervous”

Klingt richtig gut. Das kann man auflegen in der Diskothek. Darf ich mal kurz shazamen? (schaut aus Versehen aufs Handy) Ach ja, na klar. Wäre ich nicht drauf gekommen, dass das Bad Nerves sind. Die haben doch sogar letztens gespielt, oder?
Die haben im prallvoll ausverkauften Cassiopeia gespielt und kommen 2025 wieder als Support für Weezer in die Columbiahalle.
Bad Nerves habe ich auch schon mal in meiner Radiosendung oder im Podcast gespielt. Finde ich total super. Wie nennt man so was denn? Highspeed-Punk ist das ja nicht. Ist einfach Rock’n’Roll, oder?
Oder halt Punkrock. Vor deren Konzert lief ein Mix mit Songs von Johnny Thunders, Buzzcocks, Stooges, Ramones und so. Sie verheimlichen nicht, wo ihr Sound herkommt.
Ich lege am Wochenende ja in der Milchbar auf. Die wird 36 Jahre alt. Und ich glaube, ich muss mir Bad Nerves noch auf den Rechner ziehen. Ich finde das richtig gut. Dann muss ich ja jetzt zu Weezer gehen. Aber die haben mir meine Bandkollegen so ein wenig verleidet. Die Grüne, die mit “Hash Pipe” und “Island In The Sun”, haben Peter und Arnim auf der Deconstruction-Tour rauf und runter gehört, und ich bin so richtig durch damit. Aber vielleicht muss ich doch dahin. Dann gucke ich mir erst Bad Nerves an und dann noch ein bisschen Weezer.
Wir können uns ja die Daumen drücken, dass Weezer hauptsächlich das blaue Album spielen…
…oder die “Pinkerton”. Die gefällt mir auch sehr gut.


3

Drop Me Out
High Vis

Vom Album “Guided Tour”

Mann ey, nur geile Mucke! Das shazame ich auch gleich. Die Band hier war früher bestimmt ein bisschen schroffer, oder?
Vor allem mit ihren alten Bands, weil alle fünf Mitglieder früher in Hardcore-Bands waren.
Ist das Frank Carter, so in die Richtung?
So in die Richtung. Das sind alles Typen aus der britischen Hardcore-Szene, die jetzt mit dieser Band ihre Leidenschaft für Britpop, New Wave und so ausleben.
Ich finde es toll. Englische Musik ist eh immer am allergeilsten. Fontaines D.C. sind es aber nicht.
Das sind High Vis.
Na klar. Ich habe die letztens in einem Insta-Reel gesehen und hatte mir das abgespeichert, dass ich mir die mal anhören muss.
Du hast ja mal eine Radiosendung gemacht, und auch in deinem Podcast läuft Musik. Musst du dich da nicht gezwungenermaßen mit neuer Musik auseinandersetzen?
Den Podcast wird’s bald nicht mehr geben. Und bei der Radiosendung habe ich geguckt, dass bei den 20 Songs immer einige neue dabei sind – aber ich bin nicht wie du redaktionell damit beschäftigt und habe mich auch nicht bemustern lassen. Alles, was ich neu entdeckt habe, habe ich über die wunderbare Spotify-Funktion “Radio” kennengelernt, wo Songs ausgespielt werden, die so ähnlich klingen wie das, die man da gerade gehört hat. Oder ich bin durch Instagram und TikTok auf Sachen gestoßen: “Ach guck mal, Dancehall und Jungle sind wieder modern! Da gibt’s ja das und das…” Bei Spotify gab es mal eine Funktion, wo du selbst einen Podcast oder eine Radiosendung basteln konntest. Da hast du dann erst einen Rede­beitrag aufgenommen und dann einen Song eingebaut. Die Funktion haben sie wegen Erfolglosigkeit allerdings wieder rausgenommen.


4

Gift Horse
Idles

Vom Album “Tangk”

Das hier ist auch wieder geil – aber ich glaube, das kenne ich nicht.
Doch, das kennst du auf jeden Fall. Ein Song vom fünften Album.
Das sind die Idles, oder? Ich habe das neue Album noch nicht gehört. Wir beide waren ja zusammen auf deren Konzert im Tempodrom. Das war mein erstes Konzert nach der Pandemie. Das fand ich ultrageil. Da stimmte alles. Das Licht. Der Sänger. Der Gitarrist im Kleid. Ins Publikum rein. Wie das klang! Und dann habe ich sie in der Max-Schmeling-Halle gesehen, und die sind so eine Band, wo ich es nicht blöd finde, dass die so groß spielen. Die sind auch so fleißig und besonders. Da fand ich nur seine eine Aussage zum Israel-Palästina-Konflikt etwas unpassend. Ich dachte: Du hast doch nur zehn Sekunden Zeit, hättest du das nicht anders formulieren können. Ansonsten fand ich es total großartig. Die Halle war voll mit Engländern. Ich weiß noch, dass ich mit dem Rad hingefahren bin und dachte, dass ich heute mal kein Bier trinke – und dann sind alle mit diesen großen Pitchern voller Bier rumgelaufen und waren total begeistert, und ich habe mich so richtig mitreißen lassen. Wir spielen nächstes Jahr mit denen bei Rock am Ring und Rock im Park auf der gleichen Bühne. Diesmal spielen die auch viel weiter hinten. Damals, beim Rocco Del Schlacko waren die die erste Band an dem Tag. Da hat Arnim gesagt: “Komm mal mit, guck dir die mal an.”


5

Favourite
Fontaines D.C.

Vom Album “Romance”

(sofort) New Model Army. (lacht) Das sind auch Engländer.
Iren.
Das macht’s mir einfach, dann weiß ich es gleich. Aber wir haben uns im Proberaum letztens über eine Band unterhalten und da meinte einer: “Wo kommen die denn her?” – “Aus Irland.” Das war sicher diese Band. Sind das Fontaines D.C.? [spricht es drei Mal falsch aus] Meine Tochter macht sich auch immer über mich lustig, wenn ich so Boomer-mäßig irgendwelche englischen Worte falsch ausspreche. Ich habe auch auf dem Handy immer die ganzen Töne an. Egal. Als die ersten beiden Platten rauskamen, haben die mich an so eine andere Band erinnert, wo so ein Typ vorne immer die ganze Zeit einen erzählt hat. The Ark oder so.
Art Brut?
Ja, genau. An die haben die mich erinnert – und deswegen fand ich Fontaines D.C.
total geil, weil ich Art Brut damals toll fand. Aber jetzt werden Fontaines D.C. ja immer musikalischer, immer mehr The Smiths. Arnim hat mich letztens gefragt, ob ich mit zum Konzert komme. Ich hatte aber keine Lust. Er schrieb mir dann später eine SMS: “Bin früher abgehauen, hat mich nicht so gekriegt.” Aber der ist ein riesiger Fan.


6

A Fragile Thing
The Cure

Vom Album “Songs Of A Lost World”

Jan, du hast einen guten Musikgeschmack. Das klingt ganz toll. (Gesang setzt ein) Ein Glück. Sind die geil, oder? Ich überlege ja immer, ob die Beastie Boys oder The Cure die beste Band der Welt für mich sind. Als von dem neuen Album der erste Song rauskam, wo Robert Smith erst so spät zu singen anfängt, habe ich mal die alten Cure-Sachen wieder ausgekramt, und egal welche Platte, denke ich: “Alter, habt ihr Hits!” Ich finde, das ist eine unfassbare Band. Ich mag ja “Pornography” besonders. Die hört man in einem Stück durch und denkt: “Ja, ihr seid einfach die Allergeilsten.” Ich habe sie leider nie live gesehen, immer verpasst. Ich hoffe, dass die jetzt mit dem Album nochmal auf große Tour kommen. Vielleicht bin ich ja etwas einfach gestrickt, aber ich habe Fotos von Robert Smith und seiner Frau gesehen – der ist ja, seitdem er 17 ist mit der zusammen – und das finde ich ganz wundervoll.


7

The Emptiness Machine
Linkin Park

Vom Album “From Zero”

Gleich kommt der Drop, wenn es so richtig losgeht, oder? So AFI-mäßig. Ach doch, ist ja fast so AFI-mäßig. Das ist doch die Band, die sich jetzt eine Sängerin geholt hat – für Chester Bennington: Linkin Park. Unter den zehn meistgestreamten Künstler:innen auf Spotify sind sie die einzige Rockband. Und ich finde, die klingen wieder mehr nach Rock als auf der letzten Platte. Gut, klingt so, wie Musik nicht klingen muss. Rockmusik kann anders klingen.
Hast du je Linkin Park gehört?
Niemals. Es gibt drei Crossover-Sachen, die ich akzeptiere. Rage Against The Machine, alles, was sie gemacht haben. Im Nachhinein allem voran die Coverplatte. Die macht mir so einen Spaß. Dann finde ich, dass Such A Surge eine sehr gute Band ist. Aber das liegt auch daran, dass ich so viel Liebe für die Leute empfinde. Und ich finde den “Judgment Night”-Soundtrack immer noch unfickbar. Aber damit hört’s auch auf. Es gab da noch so eine Phase mit Limp Bizkit, die gezeigt haben, wie fett das alles klingen kann. Und Linkin Park… nun, da habe ich lieber Sachen gehört, die auf Victory oder Revelation rauskamen. Das war mir ganz wichtig, dass ich mit kommerzieller, mainstreamiger Rockmusik nichts zu tun habe. Deshalb fand ich dann auch per se alles von Green Day scheiße, was man jetzt im Nachhinein auch differenzierter betrachten könnte. Aber Linkin Park haben mir nie gefallen, selbst, wenn ich von Benningtons Range beeindruckt war. Die haben mal auf einem Festival gespielt, wo wir auch gespielt haben – und da herrschte im gesamten Backstage Rauchverbot, was ich ja grundsätzlich okay finde, wenn man sich inhäusig befindet. Aber das war so eine Open-Air-Anlage. Und dann kamen Queens Of The Stone Age an und alle rauchten und sind an uns vorbei – und da wusste ich natürlich, wen ich geil finde und wen nicht. Aber wir waren ja mal bei Warner und Linkin Park auch. Und da wurden wir uns mal gegenseitig vorgestellt, und die waren alle kein Stück unsympathisch. Aber das ist ja glücklicherweise bei Rockmusik scheißegal. Ich weiß nicht, ob man das jetzt als Business-Move bezeichnen kann, aber ich finde gut, dass da jetzt eine Frau singt. Und jetzt mal die ganze Musik beiseite: Wir hatten ja auch mal so einen Fall, wo Thomas eine Treppe runtergefallen ist, und wenn du dann feststellen musst, dass es einem Menschen, mit dem du 20 Jahre lang mehr Zeit verbracht hast als mit deinen Familienangehörigen, wenn so einem etwas Schlimmes passiert, was nicht mehr rückgängig zu machen ist – das ist im Fall von Bennington nun mal Suizid –, da freue ich mich, dass die das hinbekommen und offensichtlich wieder Spaß dran haben.


8

Beautiful People Stay High
The Black Keys

Vom Album “Ohio Players”

Würde ich jetzt sofort shazamen. Ist auch eine Rockband, obwohl da viel anderes drin ist. Boah, ist aber geil. Ist das auch englisch? Ich habe eine Ahnung, aber ich komme nicht drauf.
Das sind die Black Keys zusammen mit Beck.
Das ergibt total Sinn – so Black Keys zusammen mit Beck. Dass da Rap mit auftaucht, ergibt auch Sinn. Ich werde mir nachher die Platte bestellen.
Die Songs mit den Rappern klingen ein bisschen wie die Blakroc-Platte, auf der die Black Keys mit diversen Rappern kooperiert haben.
Die kenne ich, die ist super. Dann gab es noch Banks & Steelz mit RZA und Paul Banks von Interpol. Das fand ich auch sehr gut. Und “Cheat Codes”, das Album von Danger Mouse und Black Thought, dem MC von The Roots. Die ist auch sehr gut. Die Black Keys jedenfalls fand ich immer super. Hatte aber von der letzten Platte nur mitbekommen, dass die eine schöne Promo-Phase hatten. Da haben wir mit den Beatsteaks auch gerade überlegt, ob wir Videos drehen oder nicht. Die Black Keys hatten ja so schöne Sketche gedreht, die sich und ihr Alter auf die Schippe genommen haben. Ich finde das immer schlimm, wenn man sich selbst und seine Band zu ernst nimmt – und das machen die Black Keys eben nicht.


9

Missionary
Jack White

Vom Album “No Name”

“Clash City Rockers” von The Clash. (lacht) So wie du mich anguckst, müsste ich das auch kennen, was?
Die Stimme verrät es eigentlich.
Das ist doch Jack White. Das ist auch super.
Hast du mitbekommen, wie er das Album veröffentlicht hat?
Ich wusste nicht mal, dass es veröffentlicht wurde.
Jack White hat ja mehrere Plattenläden…
…der hat auch eigene Plattenläden?
Ja, in Detroit, Nashville und London. Und Ende August haben die Mitarbeitenden allen Kund:innen eine White-Label-Copy des Albums in die Tasche gesteckt.
Man muss sich einfach geile Sachen überlegen, wie man seine Musik an die Leute bekommt, die sie im Idealfall auch mögen. Und wenn man in seinem Laden einkaufen geht, hat man Jack White wohl auf der Liste.
Der hat ja auch die Infrastruktur, um so was umzusetzen mit eigenem Label und Presswerk.
Aber kannste ja machen: 100 Testpressungen, die du an bestimmte Leute rausgibst. U2 hatten das ja auch so ähnlich gemacht. (lacht) Da haste plötzlich auf deinem Iphone ein U2-Album draufgehabt.
Das war schon übergriffig.
Ich habe mir letztens wieder mal die Doku angeguckt – “It Might Get Loud” – wo Jack White aus einem Stück Holz und einer Flasche eine Gitarre baut, aber trotzdem leuchtende Augen hat, wenn Jimmy Page ein Riff spielt, und voller Respekt und Zuneigung vor The Edge sitzt, wenn der seine Effekte präsentiert. Top Typ. Letztens hat Arnim mir einen Clip auf Instagram geschickt, wo Jack White zu sehen ist, der in den USA eine Clubtour gespielt hat – und da hat der sich auch mit den Beastie Boys hinter der Bühne warm gemacht. Na klar macht der das. Denn der macht ja alles richtig. Wir haben mit der Band Jack White vor ein paar Jahren in der Verti Music Hall gesehen. Und der hatte so einen PoC-Schlagzeuger aus dem HipHop dabei. Und wir hatten 2022 echt ein gutes Jahr und dachten, dass wir echt eine gute Band sind. Aber als White mit seiner Band anfing zu spielen, dachte wir uns: Wir sind einfach echt eine Scheißband. Jack White zeigt uns allen, wo wir stehen. Das war alles so geschmackssicher, die Songs waren toll. Das war alles unfickbar. Wir dachten: Wenn das so ist, fahren wir jetzt nach Hause und verbrennen unsere Instrumente.


10

Ready To Go Home
Primal Scream

Vom Album “Come Ahead”

Das ist auf jeden Fall die Musikrichtung Gospel. (Funkbeat setzt ein) Haha, Alter. Super geil. Ich shazame das.
Der Typ, der da singt, war ganz am Anfang der Schlagzeuger von The Jesus And Mary Chain. Dann hat er Ende der 80er seine eigene Band gegründet, die 1991 ein Baggy-Rave-Meisterwerk veröf­fent­licht.
Na klar, ich weiß genau wie sie heißen. Arnim hat letztens zu Bernd gesagt, dass er sich die mal anhören soll, weil ihm das sicher gefällt. Es sind nicht die Stone Roses, es sind nicht die Inspiral Carpets. Es sind nicht The Farm. Es sind auch nicht die Happy Mondays. Es sind Primal Scream natürlich. Anfang der 90er kam dieses Madchester-Ding mit Creation Records und so. Da habe ich zum ersten Mal gespürt, wie geil tanzbar Rockmusik sein kann. Da gibt es immer noch Songs wie “Step On” von den Happy Mondays, die ich liebe. Da gab es damals eine Compilation namens “Rave On”, da waren die alle drauf – eigentlich waren da wie bei “Judgment Night” nur Hits drauf. Konntest du stumpf durchlaufen lassen.


11

These Days (feat. Arnim Teutoburg-Weiß)
24/7 Diva Heaven

Vom Album “Gift”

Ich muss bis zum Refrain warten, ich muss die Sängerin mal richtig schreien hören. (Arnim setzt ein) Ja ja, jetzt erkenne ich es. Das ist voll geil, dass ich überlegt habe, denn ich habe die Platte noch nicht in voller Gänze gehört. Das Lied hier jedoch ein paar Mal, weil ich wissen wollte, wie man Arnim da so hört. Aber eben war ich mir nicht sicher, ob sie das sind. Die werden im kommenden Jahr wieder mit uns spielen, das wird bestimmt richtig geil. Hoffentlich machen die uns nicht kaputt. Die haben ja diesen Spruch: “Wein auf Bier, das rate ich dir. Bier auf Wein, das rate ich dir.”
Die haben schon ein paar Mal für euch Support gespielt. Jetzt ist Arnim hier zu hören – und du hast mit Das Kate Schellenbach Experiment noch ein Seitenprojekt, wo ihr auch mit 24/7 Diva Heaven anbändelt.
Ja, wir bringen irgendwann hoffentlich mal so eine Electro-Punk-EP raus, wo Bassistin Karo [Paschedag], die ja ein riesengroßer D.A.F.-Fan ist, mit uns so ein paar Electro-Punk-Sachen gemacht hat. Und mit Kat [Ott-Alavi] haben wir einen Song gecovert, bei dem Bernd Gitarre spielt, einen Lieblingssong meines Kollegen Tom Körbler: “Share My Misery” von Inside Out, einer Riot-Grrrl-Band aus Detroit.


Jahresrückblick 2024
Schönheit in der Dunkelheit

Inhalt

  1. Jahresrückblick 2024: Die Momente des Jahres – Schlauchboot, Hiebe, Wiederwahl
  2. Jahresrückblick 2024: Britpop – Alte Penner, neue Stimmen
  3. Jahresrückblick 2024: Comebacks – Fünf sind wieder da
  4. Jahresrückblick 2024: Deal, Gibbons, Gordon – In der Haltung vereint
  5. Jahresrückblick 2024: Bandsplits – Fünf sind nicht mehr
  6. Jahresrückblick 2023: Steve Albini – Der Gamechanger
  7. Jahresrückblick 2024: Neulinge – Fünf für '25
  8. Jahresrückblick 2024: Die 50 Alben des Jahres – Harte Musik für harte Zeiten
  9. Jahresrückblick 2024: Fontaines D.C. im Interview – Gespenstisch, beinahe erschreckend
  10. Jahresrückblick 2024: Blinddate – »Jack White zeigt uns allen, wo wir stehen«
  11. Jahresrückblick 2024: By Its Cover – Fontaines D.C. - »Romance«

Fontaines D.C. – »Romance«

Eine herzförmige Figur schwebt vor leerem Hintergrund, ihre Oberfläche glatt und ihre Konturen spielerisch abgerundet. Eine weinende und verzerrte Fratze, die an ein in Frischhaltefolie gepresstes Gesicht erinnert, gibt dem Herzen jedoch einen verstörenden Twist. Ein Bild, das zugleich grotesk und auf eigenartige Weise liebenswert ist. Der mehrdeutige Ausdruck der Figur und ihre leuchtenden Farben balancieren zwischen Unbehagen und Anziehung, Themen, die sich auch in den Texten des Albums finden lassen. Die Bildsprache knüpft deutlich an den Diskurs der Niedlichkeit in der zeitgenössischen Kunst an, insbesondere an deren Fähigkeit, zu irritieren und Erwartungen zu unterwandern. Lulu Lins Arbeit erinnert an Künstler wie Yoshitomo Nara, in dessen Werken oft kindliche Charaktere mit einer unheimlichen Aura im Mittelpunkt stehen. Beide Künstler nutzen diese spezielle Ästhetik, um das Vertraute mit einer irritierenden Fremdheit zu versehen.

Fontaines DC Romance Cover

Das Konzept von “Cuteness” als künstlerisches Mittel wurde in den vergangenen Jahren verstärkt thematisiert und diskutiert, insbesondere im Kontext japanischer Kawaii-Kultur und ihrer komplexen Rolle als Teil und Referenz der globalen visuellen Kultur. Selbst die Bollwerkpublikation Kunstforum International widmete dem Phänomen eine ganze Ausgabe. Während traditionelle Schönheitsvorstellungen beruhigen mögen, kann Niedlichkeit provozierend eingesetzt werden – ein Mittel nicht nur um Zuneigung zu erzeugen, sondern auch um Unbehagen zu wecken. Lins Design kanalisiert diese Spannung, lädt Betrachter dazu ein, ihre erste Reaktion zu hinterfragen, und zieht sie so gleichzeitig tiefer in die Welt des Albums hinein.

Die Verwendung figurativer Verzerrung in Lins Illustrationen verbindet ihre Arbeit mit einer verbreiteten Strategie zeitgenössischer Künstler, die veränderte menschliche und organische Formen als Mittel emotionaler und konzeptioneller Ausdrucksweisen erforschen. Louise Bonnets übertriebene Darstellungen des menschlichen Körpers zum Beispiel, oft geschwollen oder gedehnt, erzeugen eine psychologische Spannung, die die unheimliche Qualität von Lins deformierter Herzfigur widerspiegelt. Ebenso fordern Paul McCarthys groteske, aber spielerische Figuren den Betrachter heraus, indem sie Verzerrung nutzen, um Themen wie Verletzlichkeit zu untersuchen.

 

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Das Cover verbindet sich auch mit den Themen der Liedtexte des Albums, wie etwa dem Refrain “Maybe romance is a place” aus dem Titelsong und der Reflexion über die Widersprüche des modernen Lebens in “In The Modern World”. Diese beiden Songs werfen Fragen darüber auf, wie Emotionen und Beziehungen in einer zunehmend abstrakten und technologisierten Welt ausgelebt werden können. Die herzförmige Figur mit ihrem deformierten Gesicht könnte als Bewohner dieses konzeptionellen Raums verstanden werden – als Symbol für die merkwürdigen, unvorhersehbaren Formen und Mutationen, die Gefühle, Sehnsucht und Identität in einer solchen Umgebung annehmen können. Ihr verstörender Charme fasst die visuelle und emotionale Dissonanz zusammen, die im Mittelpunkt des Albums steht.

Durch die Verwebung dieser Elemente wird das Albumcover zu einem lebendigen Teil der Musik. Lins zeichnerische Methode erinnert an die Arbeitsweise klassischer Illustratoren, wo jeder Strich bewusst gesetzt und jeder Farbverlauf mit Bedacht gewählt wird. Doch durch die subtile Verzerrung und die fast plastische Oberfläche des Herzens stellt sie auch eine Referenz zur Bildbearbeitung und zu digitalen Prozessen her. Dies erzeugt eine Spannung zwischen Analogem und Digitalem, die auch in der Klanglandschaft von “Romance” widerhallt, einer beeindruckend ausbalancierte Produktion, die Post-Punk-Rohheit mit modernen, genreübergreifenden Einflüssen vereint.

Die herzförmige Figur schwebt in einem traumähnlichen Raum, genau wie “Romance” selbst – ein Ort, an dem Wohlsein und Unbehagen, Ent- und Anspannung koexistieren und an dem der Zuhörer eingeladen ist, sich in den Widersprüchen des modernen Lebens zu verlieren. Die fieberhafte Energie des Albums wird vielleicht am besten von “Starburster” eingefangen. Mit kaleidoskopischen Bildern und treibendem Rhythmus bildet der Song diesen Raum ab und füllt ihn mit fragmentierten Emotionen und vibrierenden Farben. Wie die Musik von Fontaines D.C. fordert uns auch das Cover heraus, diesen eigenwilligen Ort zu betreten um unsere Erwartungen zu überdenken, und lässt uns zugleich desorientiert und inspiriert zurück.


Jahresrückblick 2024
Schönheit in der Dunkelheit

Inhalt

  1. Jahresrückblick 2024: Die Momente des Jahres – Schlauchboot, Hiebe, Wiederwahl
  2. Jahresrückblick 2024: Britpop – Alte Penner, neue Stimmen
  3. Jahresrückblick 2024: Comebacks – Fünf sind wieder da
  4. Jahresrückblick 2024: Deal, Gibbons, Gordon – In der Haltung vereint
  5. Jahresrückblick 2024: Bandsplits – Fünf sind nicht mehr
  6. Jahresrückblick 2023: Steve Albini – Der Gamechanger
  7. Jahresrückblick 2024: Neulinge – Fünf für '25
  8. Jahresrückblick 2024: Die 50 Alben des Jahres – Harte Musik für harte Zeiten
  9. Jahresrückblick 2024: Fontaines D.C. im Interview – Gespenstisch, beinahe erschreckend
  10. Jahresrückblick 2024: Blinddate – »Jack White zeigt uns allen, wo wir stehen«
  11. Jahresrückblick 2024: By Its Cover – Fontaines D.C. - »Romance«

Mehr als schweigende Lämmer

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Gestern fand in New York die Premiere der Q-Lazzarus-Dokumentation statt, die das Leben der Sängerin aus New Jersey beleuchtet. Die Doku kann bald auch gestreamt werden und zusätzlich werden sogar bislang unveröffentlichte Songs der Künstlerin veröffentlicht. „Goodbye Horses: The Many Lives of Q Lazzarus (Music From The Motion Picture)“ ist ab dem 21. Februar verfügbar und beinhaltet 20 zuvor noch nie gehörte Songs sowie einer New-Wave-Version ihres Hits „Goodbye Horses“.

Wer „Das Schweigen der Lämmer“ von 1991 kennt, kennt vermutlich auch die Szene, in der Serienkiller Buffalo Bill zu „Goodbye Horses“ tanzt. Der Song wird von Q Lazzarus gesungen, deren richtiger Name Diane Luckey war. Luckey verstarb 2022 im Alter von 61 Jahren. Ursprünglich veröffentlichte sie den Song bereits 1988, bekannt wurde er aber erst durch die Verwendung in dem Horrorklassiker.

Q Lazzarus veröffentlichte nur einen einzigen Song

Die Sängerin konnte sich mit diesem Song zwar Kultstatus sichern, jedoch keinen richtigen Plattenvertrag. Das Mysterium über die Sängerin, die bis auf diesen einen Song keine weitere eigene Musik kommerziell veröffentlichte, bleibt auch nach ihrem Tod und dem plötzlichen Verschwinden aus der Öffentlichkeit bestehen.

 

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Mit dem bald erscheinenden Album bekommt man jetzt fast 25 Jahre nach dem Soundtrack-Erfolg einen Einblick darin, was Q Lazzarus zu bieten hatte. Das Label Sacred Bones schreibt dazu: „Tracks wie ‚My Mistake‘ und ‚Hellfire‘ kokettieren mit House-Musik und zeigen, wie frech Qs Stimme sein kann, wenn sie richtig loslegt, während ‚Don’t Let Go‘ wie eine bombastische Radiosingle klingt, die Cher vor einigen Jahrzehnten veröffentlicht haben könnte.“

Das Album kann bereits vorbestellt werden, die erweiterte Tracklist ist aber nur auf der CD enthalten.

Q Lazzarus – “Goodbye Horses: The Many Lives of Q Lazzarus (Music From The Motion Picture)”

Q Lazzarus Cover

01. “Goodbye Horses (single edit)”
02. “Heaven”
03. “I See Your Eyes”
04. “A Fools Life”
05. “Summertime”
06. “My Mistake”
07. “Hellfire”
08. “Don’t Let Go”
09. “Bang Bang”
10. “Goodbye Horses (New Wave Version)”
11. “Flesh For Sale “*
12. “I Don’t Want to Love You Anymore”*
13. “The Candle Goes Away”*
14. “Fathers, Mothers, and Children Dying in the Street”*
15. “Love Lust”*
16. “Home”*
17. “Momma Never Said”*
18. “The Time is Right (Dare)”*
19. “Only You Can Light The Candle”*
20. “Love Dance”*
21. “Take the Time”*
22. “Be Mine”*
23. “It Don’t Mean Nothing”*

* Nur auf CD

Live-Video aus Brüssel veröffentlicht

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Den kompletten November über waren Amyl And The Sniffers mit ihrem neuen Album “Cartoon Darkness” in Europa auf ihrer kompletten ausverkauften Tour unterwegs. Unter anderem auch in Köln mit einem lautstarken Punk-Statement, die Hoffnung nicht aufzugeben – oder zumindest nochmal ordentlich zu feiern.

Einen ähnlichen Abriss der australischen Garage-Punks gab es wenige Tage vorher in Brüssel im Konzertsaal Ancienne Belgique, der rund 2000 Gäste fasst. Die Venue hat nun unter der Regie von Peter Deckers den professionellen Live-Mitschnitt der Show veröffentlicht, mit dem alle, die keine Tourtickets mehr bekommen konnten, die roughe und unterhaltsame Performance zumindest etwas nacherleben können.

2025 geht es bereits weiter für Amyl And The Sniffers. Zum einen mit Festivalauftritten, etwa beim Hurricane & Southside, zum anderen mit der nächsten kleinen Europatour. Die Shows in Irland und im UK sind längst wieder ausverkauft. Karten für das große Konzert in der Zitadelle in Berlin sind noch verfügbar.

Im Herbst sprachen wir mit der Band über ihren Aufstieg zu einer der aktuell größten Bands Australiens – und ihren Umzug in die USA, weil ihnen Australien offenbar zu klein wurde. Hier geht es zum Interview.

VISIONS empfiehlt: Amyl And The Sniffers

25.06. Berlin – Zitadelle

Vertrag bei Rough Trade unterschrieben

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Die Britpop-Veteranen Pulp haben beim Indie-Label Rough Trade einen Plattenvertrag unterschrieben. Die Band äußert sich dazu mit den Worten: „Rough Trade hat Pulp für über 30 Jahre gemanaged, es fühlt sich großartig an, endlich beim Label zu sein.“

Nachdem Pulp in 2023 zwei neue Songs „Background Noise“ und „Hymn Of The North“ auf ihrer 2022 angekündigten Reunion-Tour vorstellten, wurden die Gerüchte bereits widerlegt, dass die Band keine neue Musik mehr schreiben würde. Jetzt zeichnet sich mit dem neuen Vertrag bei Rough Trade sogar ein neues Album ab.

Das wurde ebenso durch die jüngeren Social-Media-Aktivitäten rund um Frontmann Jarvis Cocker deutlicher. Dieser wurde bereits Mitte Oktober mit einer Rough-Trade-Tasche in der Nähe der Studios gesichtet. Das Foto wurde mit der Überschrift „Er sagte, sie wären zurück im Studio“ von der Londoner Abgeordneten und Musikbegeisterten Stella Creasy auf Instagram geposted.

 

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Pulp zählt nach ihrem Durchbruch mit ihrem Album “Different Class” 1995 zu einer der wichtigsten Britpop-Bands. Die Band legte in ihrer Karriere mehrere Pausen ein. Die letzte dauerte von 2013 bis 2023. In der Zwischenzeit veröffentlichten Pulp einen Konzertfilm, aber keine neue Musik. 2001 erschien “We Love Life”, welches bis dato noch keinen Nachfolger hat. Letztes Jahr verstarb Bassist Steve Mackey im Alter von 56 Jahren .

Rough Trade hat aktuell ebenso Künstler:innen und Bands wie Amyl And The Sniffers, Geordie Greep, Sleaford Mods und Warpaint unter Vertrag. Es wurde 1976, zuerst als Plattenladen, in Londons Westen von Geoff Travis gegründet. Im Laufe der Zeit vertrat es Bands wie The Libertines, Arcade Fire, Alabama Shakes oder auch The Strokes.

Foo Fighters sollen Europatour abgesagt haben

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Verkehrte Welt: Seit Monaten gibt es wenige bis gar keine Meldungen zu den Foo Fighters. Ganz zu schweigen von Auftritten. Die Alternative-Rock-Größen hatten ihren letzten für das Jahr geplanten Festivalauftritt Ende September ohne Angabe von Gründen abgesagt, nachdem Dave Grohl bekannt gegeben hatte, dass er “außerhalb seiner Ehe“ wieder Vater geworden sei.

Laut der britischen Boulevardzeitung The Sun soll die Band im Zuge der Ereignisse bereits eine Pause auf unbestimmte Zeit eingelegt haben. Geäußert haben sich die Foo Fighters aktuell noch nicht. Hellfest-Gründer und Veranstalter Ben Barbaud bekräftigte in einem neuen Interview nun, dass die Foo Fighters wohl erstmal nicht mehr auf Tour gehen würden.

Im Zuge der Ankündigungen des Line-ups von Frankreichs größtem Musikfestival wurde Barbaud von der Tageszeitung Le Parisien gefragt, warum er Muse als Headliner gebucht hätte, da er einen Auftritt der Arena-Rock-Band zuvor immer ausgeschlossen habe.

„Sie wurden mir auf dem Silbertablett angeboten“, antwortete Barbaud. „Vor einem Monat wurde mir angeboten, sie zusammen mit einer Handvoll anderer europäischer Festivals zu engagieren.“ Er fuhr fort: “Nachdem die Foo Fighters ihre Sommertournee abgesagt hatten, wurde Muse als Verstärkung geholt.” Dann hätte er einfach zugesagt, weil ihm noch ein Headliner am Freitag gefehlt hätte und weil das Hellfest-Publikum so oder so immer offener werde. “Mit dem Alter bin auch ich reifer geworden, ich bin weniger selektiv.”

Muse wurden für 2025 tatsächlich bereits für eine Handvoll weitere europäische Festivals gebucht. Darunter etwa das Pinkpop in den Niederlanden, Tons of Rock in Norwegen oder das STHLM Fields in Schweden. Ob sie bei all den Terminen den Platz der Foo Fighters eingenommen haben oder ob die Foo Fighters sogar weitere Tourtermine in Europa geplant haben, ließ sich bisher aber nicht offiziell bestätigten. Nachdem die Foo Fighters dieses Jahr auf UK-Tour waren und bereits unter anderem beim Hellfest gespielt hatten, wären Shows in Europa bei der dauertourenden Band allerdings wieder zu erwarten gewesen. In Deutschland waren sie immerhin zuletzt 2023 bei Rock am Ring und Rock im Park mit einem emotionalen Auftritt zu sehen.

Diese mutmaßliche Tour-Absage kommt allerdings nicht überraschend: Seit Bandchef Grohl mit der Geburt einer unehelichen Tochter an die Öffentlichkeit gegangen ist und sich bei seiner Familie entschuldigte, liegen alle Tourpläne auf Eis. Der Terminkalender der Foo Fighters ist so leer wie zuletzt nach dem plötzlichen Tod von Drummer Taylor Hawkins.

Die Angst geht um

Mogwai sind eine Band, die ihre Routinen mag. Das Zusammenkommen im Studio, um ein neues Album in Angriff zu nehmen. Das Hervorziehen unsinniger Songtitel, gesammelt in einem Notizbuch. Das Entwickeln der Songs, auf Basis von Komposition und Improvisation. Die Band existiert seit beinahe 30 Jahren, mit Stuart Braithwaite an der Gitarre, Bassist Dominic Aitchison und Schlagzeuger Martin Bulloch sind noch drei Gründungsmitglieder dabei. Barry Burns, Multi-Instrumentalist und meistens als Keyboarder im Einsatz, stößt 1998 dazu. Man kennt sich. Schätzt sich. Geht sich nicht sonderlich auf die Nerven. Und das ist eine Menge Wert.

Als sich die Band erstmals 2023 im bandeigenen Studio versammelt, um mit der Arbeit an der neuen Platte zu beginnen, war die Lage eine andere. „Wir alle brachten unsere Unsicherheiten mit“, sagt Braithwaite. „Es wirkte so, als ruhe niemand in sich selbst. Was seltsam für uns ist.“ Barry Burns erlebt als Vater einer kleinen Tochter eine besonders harte Zeit: Bei seinem Kind wird eine lebensbedrohliche Krankheit diagnostiziert. „Ein Trauma ist eine seltsame Sache“, sagt er rückblickend, „und ich habe es immer noch nicht überwunden. Wir bereiteten uns auf die Aufnahme des Albums vor und die Ärzte sagten, meine Tochter wird sterben.“ Die Story hat ein Happy End: „Sie erhielt eine Knochenmarktransplantation, überstand die Chemotherapie. Sie wird wieder gesund werden. Aber ich habe schlimme Jahre hinter mir.“

Als die Band sich später südöstlich von Glasgow im Chem19-Studio versammelt, um das Album mit dem Titel “The Bad Fire” aufzunehmen, ergibt sich eine besondere Situation. „Wir wissen“, sagt Stuart Braithwaite, „dass unsere Musik im Laufe der Jahre vielen Menschen geholfen hat.“ Der Mogwai-Sound sei ganz gut darin, Wunden zu heilen. Weil er beruhigt. Reflexionen in Gang setzt. Und durch die Laut-Leise-Dynamik eine Form von Energie besitzt, die wie eine Katharsis wirken kann. „Dieses Mal“, so Braithwaite, „dient unsere Musik auch dazu, uns selbst zu helfen. Zumindest ist uns das in dieser Form zum ersten Mal bewusst geworden.“ Denn auch so viel stehe fest: „Weiß der Teufel, was wir Typen heute machen würden, wenn es diese Band nicht geben würde, und wenn wir mit ihr nicht unseren Lebensunterhalt verdienen könnten.“

Nachdem Mogwai ihre Platten jahrelang selbst produzierten oder mit schottischen Vertrauten wie Paul Savage und Tony Doogan zusammenarbeiteten, hatte sich die Band vor einigen Jahren für andere Einflussgeber im Studio geöffnet. Zwei Alben – “Every Country’s Sun” im Jahr 2017 sowie “As The Love Continues” von 2021 – entstehen zusammen mit dem US-Vollprofi Dave Fridmann, Produzent von Indierock-Meisterwerken wie MGMTs “Oracular Spectacular”, “Yoshimi Battles The Pink Robots” von den Flaming Lips oder “Deserter’s Songs” von Mercury Rev. Fridmann bringt seine Abenteuerlust mit ins Studio. „Das hat uns gutgetan“, bringt es Braithwaite auf den Punkt.

Für “The Bad Fire” einigen sich Mogwai auf eine Zusammenarbeit mit John Congleton, auch er Amerikaner, 2015 ein Grammy-Gewinner für seinen Job auf St. Vincents gleichnamigen Album. Darüber hinaus als Produzent und/oder Mischer tätig für Blondie und David Byrne, Death Cab For Cutie und Conor Oberst. Was er ins Studio mitgebracht hat? Braithwaite: „Dreckige Witze.“ – „Echt?“ – „Echt.“ – „Zum Beispiel? – „Kann ich nicht nacherzählen, die kommen nur in der Situation gut.“ Eine ungefähre Ahnung von Congletons Humor erhält man, wenn man weiß, dass er seinerzeit die Musik fürs Pranks’n’Stunts-MTV-Format “Jackass” komponiert hat. „Es tat auf jeden Fall gut, dass jemand von außen dabei war“, sagt Braithwaite. „So liefen wir nicht in Gefahr, so etwas wie Selbstmitleid zu entwickeln.“ Wobei er das Wort „Selbstmitleid“ ausspricht, als würde er es mit sehr spitzen Fingern anfassen. Es passt nämlich nicht zur Glasgow-Attitüde dieser Band.

Diese Attitüde zeigt sich auch auf dem neuen Album. Es ist dann zärtlich, wenn Zärtlichkeit angebracht ist. Und dann brachial, wenn sich die Gelegenheit dafür ergibt. Zum Beispiel dann, wenn das Notizbuch mit den „tollen Songtiteln, die nichts mit den späteren Songs zu tun haben“ den Begriff “Lion Rumpus” ausspuckt, der sowohl für ein Rudel Löwen als auch für einen Höllenlärm steht. „Was sich ja nicht ausschließt“, sagt Braithwaite – und ist sehr zufrieden damit, dass der Song seinen Titel zumindest nicht ad absurdum führt: „Er ist sehr laut, krachend, quietschig. Wir sind glücklich damit.“ So glücklich, dass Mogwai “Lion Rumpus” zur zweiten Vorabsingle erkoren haben. Im Video zu sehen: keine Löwen, sondern Hunde. Teile des in den USA gedrehten Clips werden sogar aus ihrer Perspektive gezeigt. Dafür tragen sie Action-Kameras auf dem Rücken, und weil Leute fragen, was das soll, kommt Hundehalter Larry Wilson in die Verlegenheit, die Sachlage zu erklären. Irgendwann weiß er selbst nicht mehr weiter und fragt ratlos in die Kamera: „Wie erklärt man anderen Menschen Mogwai?“ – „Keine Ahnung“, sagt Braithwaite, der es wissen müsste. Und ist sehr froh über seine eigene Ratlosigkeit.

Die Alben der Woche

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Album der Woche: Fucked Up – „Someday“

Fucked Up (Foto: Colin Medley)
Fucked Up (Foto: Colin Medley)

Mit dem dritten Konzeptalbum in Folge beweisen Fucked Up einmal mehr Vielseitigkeit. Die Kanadier:innen jonglieren mit Hardcore, Punk und Power-Pop und werden dabei von etwa Graham Sayle von High Vis unterstützt. Textlich gerät das eher einschneidend statt spielerisch, zum Beispiel, wenn es um die Perspektive von Geflüchteten in die vermeintlich heile westliche Welt geht.

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The National – “Rome” (Live)

the national rome coverThe National mögen Gänsehaut und wenn Dinge ohne Umschweife ins Herz treffen. Das schaffen viele ihrer Songs ohne Probleme schon als Studioversion, live wird da nochmal eine Schippe draufgelegt. So auch im Juni in Rom, als sie ihr Set bestehend aus neuen und alten Songs spielten.

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Shitney Beers – “Amity Island”

Shitney Beers Amity Island Cover

Softer Indierock, mit dem ein oder anderen rauen Gitarreneinschlag, ist die Stärke von Shitney Beers. Maxi Haug und Band zeigen das hier zu Themen wie dem Feststecken in der Friendzone. Die Stimmung erinnert an einigen Stellen an die warmen Klangwelten von Sufjan Stevens, Haim oder auch Supergroup Boygenius.

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Casper – “Live In Bielefeld”

Casper Live In Bielefeld Cover

Für Casper hat Bielefeld eine besondere Bedeutung und genau deshalb hat er dort im Sommer die einzige Show für dieses Jahr gespielt. Vor 28.000 Fans spielte der Rapper ein emotional aufgeladenes Set, mit dem Besten, was seine Diskografie zu bieten hat. Unterstützt wurde er dabei von den vielen Fans und einigen Kolleg:innen.

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Grundeis – “Every Second An Ocean”

Grundeis Every Second An Ocean Cover

Die Hamburger Post-Punks mögen es eigentlich ungemütlich. Auf ihrem zweiten Album haben Grundeis grundlegend an Tempo zugelegt und eine ganze Menge frischer Ideen gewonnen. So beweisen sie sich unter anderem als kompetente Noiserocker und charakterstarke wie gewiefte Texter:innen.


Orbiter – “Distorted Folklore”

Orbiter Distorted Folklore Cover

Auf vorherigen Veröffentlichungen konnten Orbiter aus Florida zwar schnellere, punkigere Töne anschlagen – mittlerweile setzen sie eher auf Theatralik. Davon zeugen diese neun wummernden Downtempo-Soundtapeten in Überlänge. Zwischendurch blitzt aber noch ihre konzisere Spielart durch, und das ist jedesmal ein Highlight.

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Brutus – “Paradise” (EP)

brutus paradise cover

Brutus bieten auf ihrer neuen EP ein kurzes, aber exquisites Verzweiflungsgemisch in drei Gängen. Das belgische Post-Rock-Trio spielt ihren Song „Paradise“ als Single, als Instrumental und im Remix als Ambient-Track. Auch wenn man den Song teilweise nicht mehr wiedererkennt, tun sich bei jeder Version neue Facetten auf.

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Great Rift – “Transient”

Die Vertonung des Universums als Psychedelic-Stoner-Prog-Alternative-Rock-Album klingt nach einem ambitionierten Unterfangen. Great Rift versuchen es, und zum Teil gelingt ihnen das auch. Unnötige Pausen und Leerstellen lenken vom Wesentlichen ab, mit purer Atmosphäre fangen sie sich jedoch immer wieder ein.

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Texte von Fee Briesemeister und Julius von Glinski

Country-Single veröffentlicht

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In “Sugar In The Tank” kehren Julien Baker und Torres zu ihren Wurzeln zurück und widmen sich einem zurückgelehnten Countrysong. Beide Singer/Songwriterinnen sind in den Südstaaten der USA aufgewachsen und besingen in dem Song ihre Erfahrungen als queere Personen in konservativen Regionen aufzuwachsen. Erstmalig live gespielt wurde der Song im Rahmen der US-Talkshow von Jimmy Fallon.

Julien Baker als gern gesehener Featuregast

Seitdem ihre Supergroup Boygenius eine Pause auf unbestimmte Zeit angekündigt hat, widmet sich Baker vor allem der Zusammenarbeit mit anderen Künstler:innen: Zuletzt war sie so etwa auf Touché Amorés neuem Album “Spiral In A Straight Line” auf dem Song “Goodbye For Now” zu Gast, im Sommer ist sie gemeinsam mit Turnstile beim französischen Rock En Seine Festival aufgetreten, im Oktober war Baker zudem auf der Single “Yoke” von Medium Build zu hören. Ihr bislang letztes Soloalbum ist 2021 mit “Little Oblivions” erschienen.

Torres dagegen hat erst Anfang des Jahres ihr neues Album “What An Enormous Room” veröffentlicht und war im Februar im Rahmen ihrer Tour unter anderem in Köln zu sehen.

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