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VISIONS gewinnt Plattentests-Poll

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Im Dezember letzten Jahres hatten die Besucher von plattentests.de die Möglichkeit, am Jahrespoll teilzunehmen. Über 200 Personen nahmen teil und gaben ihre Stimmen zum Album des Jahres, dem Newcomer des Jahres oder eben auch zur besten Musikwebsite ab. www.visions.de belegte hierbei mit satten 21,5 Prozent den ersten Platz. Etwas abgeschlagen auf dem zweiten Platz folgt mit `nur` 5,7 Prozent www.laut.de. Die Online-Redaktion freut sich und klopft sich an dieser Stelle, trotz stinkenden Eigenlobs, auch mal gerne selbst auf die Schulter.

Hier die Ergebnisse im Überblick:

Platz 01: www.visions.de (21,5%)

Platz 02: www.laut.de (5,7%)

Platz 03: www.plattentests.de (2,9%)

Platz 04: www.napster.com (1,9%)

Platz 05: www.rollingstone.de (1,4%)

Platz 06: www.allmusic.com (1,4%)

Platz 07: www.radiohead.com (1,4%)

Platz 08: www.rockhard.de (1,4%)

Platz 09: www.thecure.com (1,4%)

Platz 10: www.intro.de (1,0%)Die Ergebnisse der anderen Kategorien des Jahrespolls werden in den nächsten Tagen auf www.plattentests.de bekannt gegeben.

Wir wollen uns an dieser Stelle schon mal bei all denjenigen bedanken, die für uns gevotet haben und noch mal drauf hinweisen, dass mit der jetzigen Version unseres Online-Auftritts noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist.

Wie bereits in unserer aktuellen Printausgabe etwas detaillierter beleuchtet, gibt’s ab dem kommenden Montag (8. Januar) an dieser Stelle zahlreiche Neuerungen. Ausgeweitet werden vor allem die interaktiven Elemente, damit ihr endlich auch Plattenkritiken und Konzertberichte schreiben könnt.

Aber dazu in den nächsten Tagen mehr…

Newsflash

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Auf der Homepage der Manic Street Preachers kann man sich einen Doku-Videoclip zu den Aufnahmen des kommenden Albums “Know Your Enemy” anschauen. +++ Auch von Glassjaw kann man sich einen kurzes Video anschauen, das bei einem Konzert in Paris mitgeschnitten wurde. Hier klicken. +++ Nur wenige Wochen vor dem Release des Albums “J.E.E.P.” wird ein gleichnamiges Buch über die Stereophonics erscheinen, in dem die Karriere der Band dokumentiert wird. +++ Moby hat das Angebot ausgeschlagen, einige Tracks für das kommende Comeback-Album von New Order zu produzieren. In den nächsten Monaten will er sich vorrangig um sein eigenes Album kümmern. +++ Hot Water Music haben auf ihrer Homepage ein paar Takte zur aktuellen Situation gepostet. Zum neuen Album heißt es, “we love the songs”, zum Deal mit `Epitaph`, der unter den Fans der Band heftig umstritten ist, heißt es, dass das Label keinerlei Einfluss auf die Aufnahmen habe. +++ Guns N`Roses spielten an Silvester in Las Vegas ihr erstes Konzert seit Jahren und stellten dabei auch eine Reihe neuer Songs vor, darunter auch den Titeltrack des kommenden Albums “Chinese Democracy”. Insgesamt gaben Axl Rose und Co. 20 Songs vor 1.800 Fans im ausverkauften House of Blues zum Besten. +++ Auch Badly Drawn Boy gab ein Silvester-Konzert, die Fans in Manchester waren aber weit weniger dankbar als die in Las Vegas und bewarfen ihn mit Flaschen. +++ System Of A Down beginnen dieser Tage mit der Vorproduktion ihres neuen Albums. +++ Workhorse Movement haben sich angeblich aufgelöst, offiziell bestätigt ist das allerdings noch nicht. +++

Radiohead updaten Promo-Seite

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Unter spinwithagrin.co.uk geben Radiohead seit einigen Wochen Antworten auf Fragen von Fans und Journalisten, in den letzten Tagen haben die Mitglieder der Band die Seite wieder aktualisiert.

Demnach hat die Band bereits mit dem Gedanken gespielt, ein eigenes Label zu gründen, und hätte auch keinerlei Bedenken gehabt, eine Single aus “Kid A” auszukoppeln (“artistic credibilty is just yah yah”), allerdings hätten die etwaigen Singles weder das Album repräsentiert, noch eine Chance im Radio gehabt. Die eigens angefertigten Videoclips (“the best pieces of video that we had ever made”) wurden insofern verworfen, da sie nicht ins Format der Sender gepasst hätten.

Zahlreiche weitere Statements der Band gibt`s hier.

Flashen mit Blur

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Netspotting, das dieser Tage zum zweiten Mal erschienene Magazin für `Musik und Popkultur im Internet’, hat ein aufwendiges Gewinnspiel zu Blur angeschoben und VISIONS ist natürlich auch mit von der Partie.

Das Spiel mag auf den ersten Blick etwas verwirrend erscheinen, letzten Endes ist aber alles ganz einfach. Hinter jedem der Blur-Köpfe verbirgt sich ein Videoclip der Band, ihr müsst (auf der entsprechenden Netspotting-Seite) lediglich die Videoclips den Covers der Singles zuordnen. Ist nicht so schwer…

Zu gewinnen gibt’s natürlich einiges: Drei prall gefüllte Sporttaschen von Blur im Retro-Style, 4 coole Schlüsselanhänger der Band und sieben Fanpakete mit diversen limitierten Goodies der Band. Viel Spaß dann auch…

Newsflash

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Nach Beendigung der Aufnahmen ihres neuen Albums haben Tool bereits damit begonnen, am Cover-Artwork zu feilen und den ersten Videoclip vorzubereiten. Erscheinen soll der Nachfolger zu “Aenima” Mitte April. +++ Foo Fighters-Bassist Nate Mendel wird die fiktionale Band Bleeder demnächst vielleicht tatsächlich beleben. Bleeder war die Band, die für den Film “Our Burden Is Light” erfunden wurde. Nachdem Mendels Freundin Jessica Ballard, die die Sängerin spielt, Gefallen an der Musik gefunden hat, ist ein reales Album von Bleeder nicht mehr ausgeschlossen. +++ Fear Factory werden nun doch nicht mit den Deftones nach Europa kommen, stattdessen gehen sie in Amerika mit Papa Roach auf Tour. +++ Will Haven stehen derzeit ohne Drummer da, nachdem zunächst Wayne Morse und dann dessen Nachfolger Dave Hulse die Band verlassen haben. Für das kommende Album wird nun Gitarrist Jeff Irwin die Drumparts einspielen. +++ Static-X haben sich derweil laut Gerüchten von ihrem Gitarristen Koichi Fukuda getrennt. +++ Black Crowes-Sänger Chris Robinson hat am Wochenende seine Freundin, die Schauspielerin Kate Hudson, geheiratet. +++ Powerman 5000 wollen im Juni einen neuen Longplayer vorlegen. +++ Auch Filter wollen im Juni ein neues Album veröffentlichen. +++ Pantera-Frontmann Phil Anselmo will derweil im Januar ins Studio, um Songs für sein Projekt Eibon aufzunehmen, das offenbar in Richtung Black Metal geht. +++

Zahlreiche Gäste auf Run DMC-Album

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“Crown Royal”, der Nachfolger zum `93er-Album “Down With The King”, wurde in den vergangenen Jahren diverse Male angekündigt, am 12. Februar soll`s nun tatsächlich soweit sein und Run DMC melden sich zurück.

Mittlerweile wurde auch das Tracklisting veröffentlicht, und bei immerhin zehn von zwölf Songs lassen sich die New Yorker HipHop-Pioniere von namhaften Gastmusiker aus der HipHop- und Alternative-Szene unterstützen. Konkret sieht das folgendermaßen aus:

01 “It’s Over” (mit Jermaine Dupri)
02 “Them Girls” (mit Fred Durst von Limp Bizkit)
03 “The School Of Old” (mit Kid Rock)
04 “Take The Money And Run” (mit Everlast)
05 “Rock Show” (mit Stephan Jenkins von Third Eye Blind und Brain von Guns N`Roses bzw. Ex-Primus)
06 “Here We Go 2001” (mit Sugar Ray)
07 “Run & Rule” (mit Ja Rule)
08 “Queens Day” (mit Nas und Prodigy of Mobb Deep)
09 “Let’s Stay Together (Together Forever)” (mit Jagged Edge)
10 “Simmons Incorporated” (mit Method Man)
11 “Ahhh”
12 “Crown Royal”

Die 100 wichtigsten Platten der 90er

100

The Offspring Smash

VÖ: 08.04.1994 | Label: Epitaph
The Offspring - Smash

Alte Säcke waren die Musiker von The Offspring schon 1994, als “Smash” erschien. Umso erstaunlicher insofern, dass ausgerechnet sie neben den niedlichen Boys von Green Day zu den Protagonisten eines weltweiten Punk-Revivals wurden. Zumindest musikalisch machte dies allerdings durchaus Sinn, denn egal, was man heute von der Band halten mag, auf ihrem dritten Album präsentierten sich The Offspring in Bestform. Mit Witz, Esprit, Tempo und Eigensinn spielte das Quartett das gute Dutzend Songs des Albums runter und bewies dabei immer wieder ein beeindruckendes Gespür für eingängige Melodien. Den Punkrock haben zwar auch sie nicht neu erfunden, die orientalischen Anklänge in Songs wie “Come Out And Play” verschafften der Band aber zumindest ein eigenes Trademark, das dem Sound eine gewisse Unverwechselbarkeit verlieh. Und zu Stücken wie dem Überhit “Self Esteem”, dem furios rockenden Opener “Nitro (Youth Energy)” oder dem Titeltrack ließ und lässt sich auch heute noch hervorragend abfeiern. Ob man der Band nun dafür dankbar sein soll, dass sie die bedrückende Depressivität der Grunge-Bands verdrängte und an deren Stelle eine zynisch geprägte Spaßkultur setzte, sei dahin gestellt. Zumindest war “Smash” dafür mitverantwortlich, dass eine ganze Generation Punkrock neu entdeckte. Damit ist “Smash” sicherlich eines der Alben, das den weiteren musikalischen Verlauf der 90er maßgeblich beeinflusste.
Falk Albrecht


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Bloodhound Gang One Fierce Beer Coaster

VÖ: 03.12.1996 | Label: Cheese Factory
Bloodhound Gang - One Fierce Beer Coaster

Erfolg in den ausgehenden 90ern lässt sich immer mehr mittels der Komponenten “dreist”, “simpel”, “bescheuert” und (im besten, aber eher seltenen Fall) “witzig” erlangen, und wenn dabei noch dem öden, politisch korrekten Gutmenschen vor das Schienbein getreten wird, können auch fünf Loser aus Philadelphia zu Stars werden: Die Bloodhound Gang bepisst sich laut Jimmy Pop mit jeder verliehenen Platin-Scheibe für “Hooray For Boobies” mehr vor Lachen, dass sie für einen solchen Mist auch noch Reichtum und Ruhm erntet. Den Grundstein legte die Band schon mit “One Fierce Beer Coaster”, und das Erfolgsrezept war so simpel wie bauernschlau: Für die mittelschnellen und langsamen Hüpfrocker klaute man bei angesagten Collegebubis, der Punkrock-Part wurde der Cali-Szene entliehen, und die HipHop-Stücke wurden aus den cheesy Songs der 80er zusammengestückelt, die wir alle insgeheim doch noch irgendwie toll finden, weil sie uns an unsere Jugend erinnern. Heraus kam eine in jeglicher Hinsicht respektlose, mit Spaßhits prallgefüllte Zitat-Platte, die Verweise auf den Wu-Tang Clan, Weezer, Depeche Mode, Vanilla Ice (der seine zweite “Karriere” nur der Bloodhound Gang zu verdanken hat), Duran Duran und fünf Dutzend andere liefert und nicht zuletzt von Jimmy Pops komödiantischem Talent und Wortwitz lebt: “I’m not black like Barry White / No I am white like Frank Black is” ist eine dieser dämlich-genialen Zeilen, von denen es hier hunderte gibt, und trotz aller Geschmacklosigkeiten wie der Cunnilingus-Hymne “Kiss Me Where It Smells Funny”, des Suizid-Aufrufs “Lift Your Head Up High (And Blow Your Brians Out)” oder des nur auf der Vinyl-Edition erhältlichen Asien-Affronts “Yellow Fever” kann man der Bloodhound Gang nie ernsthaft böse sein, da sie selbst nie einen Zweifel daran lässt, wer denn die größten Idioten sind: sie selbst nämlich.
Ingo Neumayer


98

Tocotronic Digital ist besser

VÖ: 06.03.1995 | Label: L'Age D'Or
Tocotronic - Digital ist besser

Es gibt sicher eine Menge plausibler Gründe, Tocotronic scheiße zu finden, aber selbst die Leute, die die Band so sehr hassen wie Dirk von Lowtzow die Radler im Breisgau, müssen wohl zähneknirschend zugeben, dass dieses Trio nationale Musik-, besser noch: Popgeschichte geschrieben hat. Wie selten zuvor trifft 1995 mit “Digital ist besser” ein deutsches Album so punktgenau Seele und Rückenmark des einheimischen Bildungsbürgernachwuchses: Deutscher HipHop mit all seinen Coolness-Insignien wie Style-Codes und Cliquenbildungen gerät langsam, aber stetig ins Rollen, doch der junge, Indie-Untergrund-verbundene Gitarrenhörer, der Mainstream-Bands wie die Ärzte und Hosen verachtet, aber doch so gerne mal unvermittelt, in seiner Sprache und am besten “irgendwie anti, aber auch mit Gefühlen” angesprochen werden will, starrt ins Leere. Dann kommt diese Platte, deren zentrale Aussage “Ich bin wie du” lautet, und die vielstimmige Antwort aus Deutschlands Oberstufen und Studentenwohnheimen heißt: “Und wir wollen so sein wie ihr”. Der Habitus der Band, deren Friseur Stevie Wonder heißt und die Papas alte Trainigsanzüge aufträgt, wird ruckzuck zum Synonym für den schlurfigen Slacker made in Germany, und aus Verbündeten werden Stars. Auch musikalisch propagieren Tocotronic mit ihrer ungemein dilettantischen, aber dafür umso wirksameren (da endlos charmanten) Indie-Pop-Punk-Grunge-Melange eine “Ist doch nicht so wichtig”-Haltung: In vier Tagen aufgenommen, in drei Tagen gemischt. Die nächste EP kurz darauf eingespielt. So einfach spielt man sich in die Herzen, in denen neben der Tigerente noch Platz genug für drei Hamburger Kiss-Fans ist. Mist. Ich glaube, das klingt alles viel zu zynisch. Dabei liebe ich diese Platte. Wirklich.
Ingo Neumayer


97

Snapcase Lookinglasself

VÖ: 02.01.1995 | Label: Victory
Snapcase - Lookinglasself

Eigentlich macht es einem das Debütalbum nicht einfach, Snapcase zu mögen: Noch nicht einmal 26 Minuten schleichen sich mit einem extrem sperrigen, dünnen Sound aus den Boxen. Die Brillanz von jazzigen New-School-Hits wie “Drain Me”, “Incarnation” oder “No Bridge” erschließt sich erst während einer ihrer intensiven, energiegeladenen Shows. Dennoch fungiert “Lookinglasself” als absoluter Meilenstein im New School – schon allein, weil man sich angesichts der zurückhaltenden Veröffentlichungspolitik der Band glücklich schätzen darf, überhaupt ein Tondokument genießen zu dürfen. Schließlich zählen sie auch in dieser Hinsicht zu den unkommerziellsten und eigensinnigsten Vertretern der Hardcore-Szene. Doch gerade dieses Sperren gegen Konventionen macht die Faszination an ihnen aus, denn sowohl textlich als auch musikalisch beschreitet “Lookinglasself” neue Wege. Obwohl die Band aus konsequenten Straight Edgern besteht, werden dem Hörer keine Ideologien aufgezwungen, statt dessen sind die Texte abstrakt und minimalistisch gestaltet. Ihren besonderen Reiz ziehen sie jedoch aus den vertrackten und spielerisch anspruchsvollen, dabei jedoch stets bestens arrangierten und eingängigen Kompositionen, die übrigens nicht etwa bei anderen Hardcore-Bands angelehnt, sondern stark von der Indie-Formation Drive Like Jehu beeinflusst sind. 1995 gab es keine andere Hardcore-Band mit diesem Sound, so dass auch Kritiker dieser Band neidlos eingestehen, ihre eigene Nische geschaffen zu haben, die wahre Unmengen nachfolgender Bands produziert hat. Dass man das Original sofort an seinen exzellenten Songs erkennt, ist sicher der Grund für den szeneübergreifenden Erfolg der Band.
Melanie Schmidt


96

Blumfeld L'Etat Et Moi

VÖ: 22.08.1994 | Label: Big Cat
Blumfeld - L'Etat Et Moi

Wer von Blumfeld lediglich den unsäglichen Schmachtfetzen “Tausend Tränen tief” kennt, wird kaum glauben mögen, dass diese Band bereits Platten mit Meilensteincharakter aufgenommen hat. “L’Etat Et Moi” ist so ein Meilenstein, und der Vorwurf, dass es sich bei Blumfeld um die Inkarnation der blutleeren Studentenrocker handelt, ist im Falle dieses Albums absolut ungerechtfertigt. Denn die Songs bedienen gleichermaßen Kopf, Bauch und Füße; die Tatsache, dass Jochen Distelmeyer jedes Wort offenbar acht Mal gedreht und gewendet hat, muss einen nicht am Tanzen hindern. Songs wie “Jet Set” gehen fast schon heftig nach vorn und zeigen die Band tief im Indie-Rock der späten 80er verwurzelt. Und bei diesen schnelleren Stücken vergisst Distelmeyer sogar ab und an die ihm selbst auferlegte Gleichgültigkeit, mit der er für gewöhnlich seine prosaisch formulierten Analysen und Betrachtungen eher spricht denn singt. Doch gerade diese scheinbare Beiläufigkeit verleiht einigen Songs ein Maß an Intensität, das man von deutschsprachiger Rockmusik zuvor kaum kannte. Denn wenn Distelmeyer etwa im Text zu “Draußen auf Kaution” die ganz alltägliche und dennoch schmerzhafte Einsamkeit beschreibt, verfällt er dennoch nicht dem Einfall, nun als Sänger das ganz große Gefühl vermitteln zu müssen, sondern begnügt sich mit der Rolle des distanzierten Erzählers. Für die dramatischen Momente sind indes seine Mitmusiker zuständig, die (nicht nur) diesen Song fast hymnisch erklingen lassen.
Falk Albrecht


95

Hole Pretty On The Inside

VÖ: 27.09.1991 | Label: City Slang
Hole - Pretty On The Inside

Women in rock: Mittlerweile werden nicht mehr allzu viele Worte darüber verloren, Musikerinnen werden in der alternativen Landschaft zum Ende der 90er, wenn auch noch nicht als Selbstverständlichkeit, so doch immerhin nicht mehr als exotische Ausnahmeerscheinung betrachtet. Aber zurück ins Jahr 1991: Der Kreis bekannterer Künstlerinnen war mit Kim Gordon von Sonic Youth, L7, Lydia Lunch und den Babes In Toyland überschaubar, und das, was später unter dem Sammelbegriff Schlampen-Rock bzw. Riot-Grrrl-Bewegung zusammengefasst wurde, befand sich in den Kinderschuhen. Zu sagen, dass Hole, die 1991 mit ihrem Debüt “Pretty On The Inside” in diesen Zirkel hereinplatzten, diese Strömung losgetreten hätten, wäre übertrieben – aber eine Menge Aufmerksamkeit haben sie definitiv erregt. Eine gewisse Courtney Love präsentierte sich offensiv schlampig in zerschlissenen Schulkleidchen, mit verschmiertem Lippenstift und ohne Hemmungen – ein weiblicher Loudmouth, der zu diesem Zeitpunkt ohne rechten Vergleich blieb. Dass Hole (hier in der ersten Besetzung, von der heute nur noch Love und Gitarrist Eric Erlandson übrig geblieben sind) nicht gerade virtuose Musiker waren – Nebensache. Songs wie “Teenage Whore”, “Good Sister/Bad Sister” oder das Titelstück schlugen so wütend, rotzig und ungefällig auf den Hörer ein, dass Dinge wie Produktion oder soundtechnische Finessen getrost außen vor bleiben durften. “Pretty On The Inside” ist ein Statement, dessen Deutlichkeit Hole mit den darauf folgenden, geschliffeneren Alben nicht mehr reproduzieren konnten.
Alex Brandt


94

Sick Of It All Scratch The Surface

VÖ: 18.10.1994 | Label: WEA
Sick Of It All - Scratch The Surface

Ein Klassiker in einer Reihe von Klassikern. “Scratch The Surface” ist hier nur stellvertretend für eigentlich alle Alben der vielleicht wichtigsten Hardcore-Band der 90er zu sehen. Egal, ob das rohe Debüt “Blood, Sweat & No Tears”, das in der ersten Crossover-Hochzeit 1992 erschienene “Just Look Around”, das auf “Scratch The Surface” folgende und sträflich unterbewertete “Built To Last” oder das kürzlich veröffentlichte “Call To Arms” – Sick Of It All sind eine der wenigen Bands, die man in jeder Sekunde immer und sofort erkennt. Eine sichere Bank für “Wetten, dass…”-Kandidaten. “Scratch The Surface” aber stellte die Weichen für das NY-Urgestein neu, denn hier handelt es sich um das für den weiteren Verlauf der Sick-Of-It-All-Karriere wichtige Major-Debüt. Um allen Sellout-Rufen entgegentreten zu können, verzichtete man sowohl auf große Produktionsbudgets als auch auf die überwachende Hand eines Produzenten, der der Band vielleicht ein Gesicht hätte verpassen können, das ihr so gar nicht in den Kram passte. Man nahm vielmehr alle Fäden selbst in die Hand, schaffte damit eine angenehm ungeschliffene Atmosphäre und konnte sich auch weiterhin mit dem Revelation-Unterlabel Equal Vision als Vinyl-Heimbasis die Szeneverbundenheit erhalten. Die Songs auf “Scratch The Surface” decken dann auch die ganze Bandbreite dessen ab, was auch Riesenfestivals wie dem Dynamo Open Air zum größten Moshpit seiner Geschichte verhalf: schnelle, prägnante Wutpakete der Marke “No Cure”, gnadenlos groovende Midtempo-Granaten wie “Maladjusted”, und erstmals und wahrscheinlich durch Neuzugang Craig Ahead Setari veranlasst, der bis dahin für Agnostic Front den Bass durch die Gegend rollen ließ, eine deutliche Hinwendung zum hymnenhaften Oi!-Punk, die sich hier in der Sick-Of-It-All-Livebank “Step Down” niederschlägt und in dessen Tradition später auch “Us Vs. Them” und “Call To Arms” zu sehen sind. Zusammengefasst: Wer vom Hardcore der 90er spricht, kommmt an Sick Of It All und dieser Platte auf gar keinen Fall vorbei.
Christian Kruse


93

Rancid ...And Out Come The Wolves

VÖ: 30.12.1994 | Label: Epitaph
Rancid - ...And Out Come The Wolves

Schon das Vorgängeralbum “Let’s Go” verkaufte sich heimlich, still und leise gut 500.000 mal, die Majors machten in den Zeiten der Green Springs und Off Days regelrecht Jagd auf dieses Quartett aus Berkeley, und hierbei muss mal wieder eine sattsam bekannte, aber dennoch immer wieder schöne Anekdote erzählt werden: Madonna wollte Rancid unbedingt für ihr Label Maverick haben und schickte der Band aus Bestechungsgründen Nacktfotos aus ihrem “Nude”-Fotoalbum. Doch Rancid blieben sich und dem Indie-Label Epitaph treu, und alle Szenewächter, die in der produktionellen Aufarbeitung durch Andy Wallace (u.a. Faith No More, Guns N’ Roses) und Howie Weinberg (Smashing Pumpkins, Hole u.v.m.) Verrat witterten, wurden mit “…And Out Come The Wolves” eines arschtretenden Besseren belehrt, denn die Rückkehr der Retro-Ritter geriet ungemein fulminant und lebendig. In bester Clash-Tradition mischten die durch die Skacore-Legende Operation Ivy zu Ruhm gelangten Tim Armstrong und Matt Freeman zusammen mit Lars Frederiksen und Brett Reed Ska, ’77-Punk und gnadenlos schmissige Streethymnen durcheinander, so dass am Ende eine der kraftvollsten, stimmigsten und trotz aller Vergangenheitsbodenhaftung definitiv stilbildendsten Hitplatten herauskam, die der 90s-Punkrocker und seine Freundin je gehört hatten.
Ingo Neumayer


92

Garbage Garbage

VÖ: 15.08.1995 | Label: Mushroom
Garbage - Garbage

Garbage spielten ihren ersten Deutschland-Gig 1995 an einem verschneiten Winterabend im alten Münchner Flughafen. Bis dahin hatte die Combo noch keine zehn Live-Gigs auf dem Buckel, dementsprechend nervös war das um einen Aushilfsbassisten verstärkte Quartett. Zumal die komplette Plattenfirma (auch aus der Schweiz, Österreich und selbst Australien) angekarrt worden war, um die neue Sensation zu bewundern. Ganz ehrlich, der Gig selbst hat mich nicht umgehauen, allerdings lag das eher an den oben beschriebenen Umständen. Sängerin Shirley Manson hatte trotz ihrer Erfahrung (u.a. bei den Schotten Angelfish) die Hosen ziemlich voll. Sei’s drum. Als ich dann allerdings später zu Hause noch einmal das Album einlegte, konnte ich mich schon eher mit dem elektronisch perfekten Sound anfreunden. Vor allem natürlich “Only Happy When It Rains” mit seinem ironischen Seitenhieb auf den inzwischen inflationär boomenden Wimmer-Sound aus Seattle. Der Song war schon damals ein perfektes Stück Popmusik. Obwohl kalte Loops und programmierte Gitarrenläufe auf den ersten Blick gar nicht zur extrem erotischen Stimme von Manson passen wollten, ergab das Ganze einen Sinn. Und von Butch Vig, dem Mann, der sich mit der Produktion von Nirvanas “Nevermind” seinen Platz im Alternative-Rock-Himmel erobert hatte, war dies nicht wirklich zu erwarten. Die Alternative zur Alternative, sozusagen. Umso konsequenter, das zweite, ähnliche Album, einfach “Version 2.0” zu nennen. Und wenn jetzt mit dem James-Bond-Song “The World Is Not Enough” auch noch die Hausfrauen und Friseurinnen Garbage entdecken, ist doch alles gut.
Jörg Staude


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White Zombie Astro-Creep: 2000

VÖ: 11.04.1995 | Label: Geffen
White Zombie - Astro-Creep: 2000

So sehr man das Ableben White Zombies auch heute noch bedauern mag, eines muss man ihnen rückblickend zugestehen: Sie sind auf dem Zenit ihres Schaffens abgetreten. Denn, mit Verlaub, ich glaube kaum, dass diese vier Diener des Bösen jemals noch dämonischer, mitreißender und fetter hätten klingen können. Die Stimmen und Lyrics von Oberteufelchen Rob Zombie kommen von ganz tief unten und brabbeln dir den Angstschweiß auf die Stirn, die Beats von dem nur auf diesem Album tätigen Ex-Testament-Drummer John Tempesta stampfen dich in Grund und Boden und sind gleichzeitig seltsam funky. Die mit vielen, köstlich im Hintergrund herumwabernden Elektroniksounds versehene Produktion von Terry Date – ein im Zuge unseres Rückblicks ohnehin ziemlich häufig auftauchender Kamerad – ist eine Meisterleistung an subtiler Stimmung. Sie spielt mit ganz offensichtlichen und versteckten Abgründen, rollt wie ein beängstigendes Roadmovie vor sich hin und zaubert dir ein herrlich prolliges Aggro-Zucken auf die Fresse. Wer jemals zu teuflisch groovenden Totalbrettern wie “More Human Than Human”, “Super-Charger Heaven” oder “Grease Paint And Monkey Brains” (was für Titel!) in gut beschallten Gitarrenclubs die – inzwischen nicht mehr vorhandene – Matte geschüttelt hat, weiß, was ich meine: Das geht auch heute, fast fünf Jahre danach, dermaßen ab, dass einem echt die Spucke wegbleibt. Für mich ist dieser Musik gewordene Marschflugkörper, dieses Ungetüm der Unterwelt, eines der dichtesten und zugleich aggressivsten Alben der Rockgeschichte.
Sascha Krüger


Albenlisten
Listen to your heart

Inhalt

  1. Jahresrückblick 2024: Die 50 Alben des Jahres – Harte Musik für harte Zeiten
  2. Von Flop bis Top – Alle Alben von Linkin Park im Ranking
  3. Die besten Soloalben: 2012-2024 – Für sich (auf)genommen
  4. Die besten Soloalben 1994-2011 – Einzig und allein
  5. Von Flop bis Top – Alle Alben von Primal Scream im Ranking
  6. Von Flop bis Top – Alle Alben von The Cure im Ranking
  7. Von Flop bis Top – Alle Alben von Blur im Ranking
  8. Die 50 wichtigsten Noiserock-Platten – Mutwillig am Hit vorbei
  9. Von Flop bis Top – Alle Alben von Oasis im Ranking
  10. Von Flop bis Top – Alle Alben von Nick Cave & The Bad Seeds im Ranking
  11. Von Flop bis Top – Alle Alben von Weezer im Ranking
  12. Die 50 wichtigsten Soundtracks – Bilder hören
  13. Zwölf umweltbewusste Alben – Sendungsbewusstsein
  14. Von Flop bis Top – Alle Alben der Beatsteaks im Ranking
  15. Von Flop bis Top – Alle Alben von Frank Turner im Ranking
  16. Von Flop bis Top – Alle Alben der Foo Fighters im Ranking
  17. Global Beat - Die wichtigsten Platten – Der Beat geht weiter
  18. Jahresrückblick 2023: Die 50 Alben des Jahres – Es müsste immer Musik da sein
  19. 1993 in 50 Platten – Re(ar)viewmirror
  20. Die 25 besten Heartland-Rock-Platten – Bewusstsein schaffen
  21. Shoegaze: Die 40 besten Platten – Dream On
  22. Tribute-Alben: 25 Meilensteine – Wem Ehre gebührt
  23. Supergroups: Die 50 besten Alben – Alles super
  24. Supergroups: Superduos – Ein Fall für zwei
  25. Die 33 wichtigsten Koop-Alben – Kommt zusammen
  26. Sludge Metal: Die besten Platten – Schlammschlacht
  27. Die 2010er: Die Plattenliste – Die 100 besten Alben der 2010er
  28. Okkult-Rock - Die Plattenliste – Diabolus in Musica
  29. Proto-Punk: Die 20 wichtigsten Platten – Paten des Punk
  30. Jahresrückblick 2022: Die 50 Alben des Jahres – Kommentare zur Zeit
  31. Britpop - Die Plattenliste – Cool Britannia
  32. Post-Punk: Die besten Alben der ersten Welle – Pinke Flagge, schwarzes Gewand
  33. Post-Punk: Die besten Alben des Revivals – Widerhall in der Fabrikhalle
  34. Von Grunge bis Drum'n'Bass – Die 100 wichtigsten Platten der 90er

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