Bailey (Nykiya Adams) ist zwölf, lebt in einem abgehalfterten englischen Seebad und ist sich in ihrem Alltag weitgehend selbst überlassen. Die Erwachsenen benehmen sich wie Kinder, also müssen die Kinder die Erwachsenen sein. Bailey tagträumt durch den Tag, blickt aber mit wachen Augen auf ihre Umgebung, die geprägt ist von Kleinkriminalität und der Art von Spaß, die man für wenig Geld haben kann.
Eines Tages begegnet sie Bird (Frank Rogowski), einem derangiert wirkenden Außenseiter auf der Suche nach seiner Familie. Die Freundschaft zwischen den beiden gleicht einem Märchen mit ungewissem Ausgang und ist trotzdem substantieller als die Beziehungen, die Bailey ansonsten gewohnt ist.
Willkommen in der Welt von Andrea Arnold (“Fish Tank”, “American Honey”), der Regisseurin, die in ihren Filmen sozialen mit magischem Realismus verbindet. Sie interessiert sich nach wie vor für den Blickwinkel von Kindern und Jugendlichen, wenn es darum geht, den Alltag von gesellschaftlichen Randfiguren zu schildern und mit Würde zu versehen. “Poverty porn” wurde ihr dabei schon vorgeworfen, aber ihre bildmächtigen Filme sind eher von humanistischen Motiven geleitet. So auch hier. “Bird” explodiert förmlich auf der Leinwand, fesselt bis zum Schluss und findet eine emotionale Resonanz, die über die bloße Geschichte hinausweist.
In einer Nebenrolle ist übrigens Jason Williamson von den Sleaford Mods und im Hintergrund Carlos O’Connell, Gitarrist von Fontaines D.C. zu sehen. Die haben – neben Burial, The Verve und Blur – einen großen Teil zum Soundtrack beigesteuert.
Schon deutlich vor Beginn des Konzerts bildet sich vor der Bühne ein solider, undurchdringlicher Block an Menschen. Der wird einer Geduldsprobe unterzogen, denn für die Eröffnungsband Grand Magus scheint niemand gekommen zu sein. Das schwedische Trio spielt klassischen, breitbeinigen, schwer stampfenden Heavy Metal und weist dabei wenig Agilität oder jugendlichen Esprit auf.
Das Palladium war nicht in Stimmung für den Heavy Metal von Grand Magus (Foto: Baśka Palusińska)
Opeth wiederum schaffen es, Bewegung in die Menge zu bringen – wenn auch nur kurz. Mit todernstem Progressive Metal und hohem Tempo heizen sie der steifen Masse ein. Die opernhaft anmutende Darbietung wird andächtig aufgenommen. Vereinzelt wippen Köpfe. Mit ihrem aktuellen Album “The Last Will And Testament” erzählen Opeth eine düstere Familiengeschichte in Form einer Testamentsverlesung. Passend dazu verschwimmen auf den Videoleinwänden altehrwürdige Porträts zu grotesken Grimassen, während alle Musiker schweißtreibend ihre Herrschaft über das Instrumentarium beweisen.
Opeth-Mastermind Mikael Åkerfeldt pendelt zwischen Klargesang und Growls (Foto: Baśka Palusińska)
Frontmann Mikael Åkerfeldt wechselt scheinbar mühelos zwischen hohem Klargesang und dämonischen Growls. Nur zwischen den Songs bricht er mit der Ernsthaftigkeit, witzelt in gebrochenem Deutsch, schwärmt von seinen neuen Vinyl-Errungenschaften und neigt immer wieder zu kurzer, gutmütiger Angeberei. Mühevoll versucht er, mit dem Publikum zu interagieren, versteht nur die Hälfte, geht trotzdem darauf ein. Er spielt Songs an, nur um sie abrupt abzubrechen: “Ja, genau diesen Song spielen wir heute nicht.” Nach langer Ankündigung, sie werden einen ganz besonderen Song covern, ist “You Suffer” von Napalm Death innerhalb von zwei Sekunden schon vorbei.
Die Band liefert das große Spektakel mit allem, was dazugehört (Foto: Baśka Palusińska)
Das Publikum frisst ihm begeistert aus der Hand. Die Bodenständigkeit der Band reibt sich mit der aufwendig gestalteten Show. Doch trotz des Pomps wirkt kein Element überflüssig. Meist sind es gerade die simplen Momente der rhythmisch angepassten Licht- und Videoeinlagen, die die Erfahrung so eindringlich machen. In ihrer Repetition kommen die finalen Minuten der Zugabe “Deliverance” einer optischen wie akustischen Machtdemonstration gleich. Nach zwei Stunden des sinnlichen und emotionalen Bombardements bleibt einem fast der Atem stocken.
Im Hintergrund: Familienfotos, kurz vor der Fratzenwerdung (Foto: Baśka Palusińska)
Delivery aus Melbourne treten seit 2020 eine Lawine aus Einflüssen und Stilrichtungen los, die sogar den unerschütterlichen Henry Rollins eiskalt erwischt und zum Fan der ersten Stunde gemacht hat. Auf ihrem im Januar veröffentlichten Album “Force Majeure” zeigt sich die Band sogar noch facettenreicher: Delivery bringen darauf von Parquet Courts über Surfbort und Pavement alle möglichen Lieblingsbands mit ihren drei Gitarren und wechselnden Frontpersonen auf einen Nenner.
Das mitreißende Ergebnis gibt es dieses Frühjahr live zu erleben. Unter anderem im Urban Spree in Berlin am 22. Februar. Support sind Dead Finks. Tickets gibt es noch bei der Venue selbst – oder bei uns! VISIONS verlost 2×2 Gästelistenplätze für die Show. Viel Glück!
Eigentlich hatten A Day To Remember ihr nächstes Album „Big Ole Album Vol. 1“ für den 21. März angekündigt. Die Band aus Florida hat jetzt jedoch beschlossen, das Album im Vorfeld exklusiv in physischer Form zu veröffentlichen. Ausschließlich die neuen Songs „Make It Make Sense“ und „LeBron“ sind bereits auch auf allen Streamingplattformen verfügbar.
Bereits der veröffentlichte Opener „Make It Make Sense“ vereint wieder Metal-Härte mit eingängigen Elementen. Um auf Nummer sicher zu gehen, hat die Band aber gleich mal zehn verschiedenfarbige Vinyl-Versionen in Kooperation mit unterschiedlichen Verkaufsstellen vorbereitet.
A Day To Remember sind diesen Sommer auf vier Festivals in Deutschlands zu sehen: bei Rock am Ring und Rock im Park, dem Vainstream Rockfest und dem Impericon Festival.
A Day To Remember – “Big Ole Album Vol. 1”
01. “Make It Make Sense”
02. “Feedback”
03. “Bad Blood”
04. “All My Friends”
05. “Till Death”
06. “Flowers”
07. “LeBron”
08. “Die For Me”
09. “Miracle”
10. “Same Team”
11. “Silence”
12. “Closer Than You Think”
Live:
06.06.25 Nürburgring – Rock Am Ring 2025
08.06.25 Nürnberg – Rock Im Park 2025
27.06.25 Münster – Vainstream Rockfest
28.06.25 Leipzig – Impericon Festival
Rick Buckler, Mitbegründer und Schlagzeuger der Band The Jam, ist Anfang der Woche im Alter von 69 Jahren verstorben. Gegenüber der BBC kommentierte Bucklers Familie, er sei “am Montagabend, nach kurzer Krankheit, friedlich im Kreise seiner Familie” im britischen Woking gestorben.
Bucklers ehemaliger Bandkollege Paul Weller verkündete die Todesnachricht als Erster. Über die sozialen Netzwerke veröffentlichte er einen kurzen Nachruf: “Ricks Tod hat mich schockiert und betrübt. Ich denke daran, wie wir alle in meinem Schlafzimmer in der Stanley Road in Woking geprobt haben. An all die Pubs und Clubs, in denen wir als Kinder gespielt haben, um irgendwann ein Album aufzunehmen. Was für eine Reise! Wir haben unsere Träume übertroffen. Was wir geschaffen haben, überdauert all die Zeit. Mein Mitgefühl gilt der Familie und den Freunden.”
Weller teilte zudem eine Mitteilung des The-Jam-Bassisten Brian Foxton: “Ich war schockiert und am Boden zerstört, als ich die traurigen Neuigkeiten gehört habe. Rick war ein guter Mann und ein großartiger Schlagzeuger, dessen innovatives Spiel unsere Songs bedeutend mitgeformt hat. Ich freue mich, so viel mit ihm gearbeitet zu haben, wie wir konnten. In dieser schweren Zeit bin ich in Gedanken bei Leslie [Ehepartnerin] und Ricks Familie.”
Buckler und Weller hatten The Jam Anfang der 70er gegründet, damals noch mit Gitarrist Steve Brookes. Nach Brookes Ausstieg, noch vor der ersten Albumveröffentlichung, übernahm Weller Gitarre und Gesang, neuer Bassist wurde Foxton. Die Besetzung sollte sich bis zur Auflösung 1982 nicht mehr ändern. The Jam werden als wichtige Figuren der britischen New-Wave-Szene sowie des Mod Revivals angesehen. In den 80ern gründete Buckler mehrere kurzlebige Bands, darunter Time UK und Sharp, letztere zusammen mit Foxton. Nach einigen Jahren als Leiter eines Studios in Islington kehrte er 2005 als Teil der The-Jam-Tributeband The Gift ins Bandgeschäft zurück. Foxton schloss sich der Band ebenfalls an, seitdem nannten sie sich From The Jam.
Das ist mit Abstand mein liebstes Band-T-Shirt im Moment. Es ist von den UK-Punkrock-Legenden Cock Sparrer. Ich habe noch nie eines dieser kultigen T-Shirts besessen, aber letztes Jahr wurde es mir geschenkt. Ein sehr cooles Geschenk, denn ich wurde gebeten wurde, mit ihnen bei den Release-Shows in London und Glasgow zu ihrem Album “Hand On Heart” zu spielen.
Aus diesem Grund ist es etwas ganz Besonderes und weckt natürlich viele Erinnerungen an Proben, Biertrinken und viel Lachen mit diesen kultigen und liebenswerten Herren. Bandshirts sind sowieso super cool, aber dieses hier ist derzeit Nummer 1!
“Über zwei Jahrzehnte lang haben wir unsere Heimat im Herzen getragen, während wir um die Welt gezogen sind. Australien hat uns geschaffen, vom Dreck bis zum Himmel, es ist das, was wir sind”, so Parkway-Drive-Frontmann Winston McCall über die anstehende Show seiner Band. “Deshalb präsentieren wir dieses einmalige Erlebnis: Parkway Drive, wie ihr es noch nie gesehen oder gehört habt, mit einem kompletten Sinfonieorchester, aufgeführt im ikonischsten Gebäude des Landes – dem Sydney Opera House.”
Am 9. Juni wird die Metalcore-Band im Opernhaus in Sydney spielen. Kerrang zufolge, soll die Show außerdem für einen später erscheinenden Konzertfilm mit dem Titel “Home” festgehalten werden. Dresscode für alle Besucher:innen: “Black Tie”.
Wer den Weg bis Down Under wagen möchte: Tickets für die Show sind am Mittwoch, 5. März im exklusive Vorverkauf, ab Freitag, 7. März, im allgemeinen Verkauf erhältlich.
Mitte Februar hatten Parkway Drive bereits den ersten Teil ihrer Tour-Dokumentation zum 20-jährigen Bandjubiläum veröffentlicht. Wer die Band dieses Jahr in Europa live sehen möchte (wenn auch ohne Orchester), der hat im September die Chance dazu. Dann spielen Parkway Drive insgesamt acht Shows im DACH-Raum, Tickets sind im allgemeinen Vorverkauf erhältlich, werden in einigen Städten allerdings bereits knapp. Ihr aktuelles Album “Darker Still” ist 2022 erschienen.
Blink-182-Gründungsmitglied und Bassist Mark Hoppus lässt am 4. März ein besonderes „Ölgemälde“ aus seinem persönlichen Besitz über das Londoner Auktionshaus Sotheby’s versteigern. Das Gemälde stammt von Banksy, dem anonymen britischen Street-Art-Künstler, der seit Anfang der 2000er mit seinen gesellschaftskritischen Kunstwerken immer wieder für Kontroversen sorgt.
Hoppus’ Bild stammt aus der Reihe “Crude Oils” von 2005, für die Banksy 20 ikonische Werke der Kunstgeschichte neu interpretierte. Das Bild des Blink-182-Co-Frontmanns ist Jack Vettrianos “Singing Butler” (1992) nachempfunden und zeigt hinter dem eigentlichen Motiv einen sinkenden Öltanker und zwei Männer in Schutzanzügen, die ein Fass mit Giftmüll transportieren – oder im Begriff sind, dieses zu entleeren.
Auf der Seite von Sotheby’s heißt es dazu: “Damals wie heute bewegt sich Banksy an der Peripherie der institutionellen Akzeptanz. ‘Crude Oil (Vettriano)’ befindet sich seit 2011 in der Sammlung des Blink-182-Frontmanns Mark Hoppus, dessen dreißigjährige Karriere von demselben respektlosen Außenseitergeist geprägt ist, der Banksys Werk ausmacht.”
In einem Instagram-Post erklärte Hoppus zur Versteigerung: „Wir liebten dieses Bild von dem Moment an, als wir es sahen. Unverkennbar Banksy, aber anders. Wir haben es gekauft, weil wir es geliebt haben. Es hat unsere Familie in den letzten zwölf Jahren begleitet.“
Der Erlös aus der Versteigerung könnte zwischen 3,6 und 6 Millionen Euro betragen und soll zwei medizinischen Wohltätigkeitsorganisationen aus Los Angeles sowie der California Fire Foundation zugutekommen. Das wäre bisher die zweite Aktion, mit denen sich Blink-182-Mitglieder für die von den Waldbränden betroffenen Menschen in LA einsetzen. Die Band spielte in diesem Rahmen letzte Woche eine Charity-Show.
Bereits 2019 fiel Hoppus durch eine Auktion für den guten Zweck auf, als er Instrumente und Audio-Geräte, die er im Verlauf seiner Karriere nutzte, zum Verkauf und bei Versteigerungen anbot. Der Erlös ging an eine Organisation, die sich in der LGBTQ-Community engagiert.
Trauriges zu Anfang: Abschied mit Ankündigung nehmen Porridge Radio. Erst im Oktober vergangenen Jahres hatte die Indierockband ihr aktuelles Album “Clouds In The Sky They Will Always Be There For Me” veröffentlicht, aber bereits im Januar dieses Jahres folgte die Ankündigung, sich nach der laufenden Tour aufzulösen. Nun erscheint mit “The Machine Starts To Sing” (Secretly Canadian, 21.02.) eine EP, die auch das musikalische Ende der Band besiegeln soll. Einen konkreten Grund für ihre Auflösung nennen Porridge Radio bislang nicht, geben ihren Hörer:innen lieber mit vier Songs noch ein paar neue Nuancen auf den Weg: Ganze sechs Minuten spannt etwa der EP-Opener “Machine Starts To Sing” und überzeugt neben dem drängenden Gesang von Dana Margolin vor allem durch sein noiserockiges Instrumental. Im Kontrast dazu steht der Rest der EP, der mit dem halbakustischen “Ok” und “Don’t Want To Dance” deutlich zurückgelehnter daherkommt. Das epische “Stay Lucky I’ve Got A Feeling” bietet dann mit seinen großen Gesten das passende Ende für eine Band, von der man gerne noch mehr gehört hätte.
Rosiger sieht die Zukunft für Celebrity aus: Die Supergroup, bestehend aus Musikern von unter anderem Militarie Gun, Lurk, Knuckle Puck und Harm’s Way, veröffentlicht mit “Automatic Changer” (Mach Nine, 05.02.) ihre zweite EP. Entgegen ihrer sonstigen musikalischen Verbundenheit ist das Quartett Surfrock zugetan. Mit einem Hauch Post-Punk und Emo-Anleihen versehen, veröffentlichen sie vier tanzbare Songs, die sie in Eigenregie aufgenommen haben. Insbesondere “New Touch” schafft es, trüben Wintermonaten ein paar Frühlingsgefühle einzuhauchen.
Ganze zwei Jahrzehnte als Band feiern in diesem Jahr The Baboon Show mit einer umfassenden Tour und einer EP, mit der sie Vorfreude aufs elfte Album der Band schüren wollen. Auf “Forward In Reverse” (Kidnap, 14.02.) gibt es schon mal drei neue Songs zu hören. Diese zeigen allerdings wenig neue Facetten der Band, sondern fokussieren sich lieber auf das, was The Baboon Show am besten können: eingängige gitarrenbasierte Songs, zu denen sich Cecilia Boström den Frust von der Seele krächzt. Eine Neuerung gibt es aber doch: Erstmalig war Gitarrist Simon Dahlberg, der seit 2023 Teil der Band ist, am Songwriting und den Aufnahmen neuer Songs beteiligt.
Erst ganz am Anfang sind Bloke mit ihrer Debüt-EP “Living Without Expectations” (Tonzonen, 14.02.). Das deutsch-britische Trio um Frontmann Jakob Buraczewski macht düsteren Psychedelic Krautrock, der zwischenzeitlich etwas windschief daherkommt, mit einem gewissen Grundpegel aber wohl seine Anhänger:innen finden dürfte. Dabei ist es der Band besonders wichtig, dass die einzelnen Songs direkt miteinander verwoben sind, was sich erfolgreich in der bedrohlichen Grundstimmung der fünf Songs bemerkbar macht. Besonders “So Do I” scheint Inspiration bei den Deftones gefunden zu haben.
Die bislang letzte EP von Swervedriver ist inzwischen mehr als zehn Jahre alt, nun widmet sich die Shoegaze-Band mit vier neuen Songs wieder einmal dem Kurzformat. Für Frontmann Adam Franklin ist besonders wichtig, dass die Songs keinem ganzheitlichen Konzept folgen müssen, sondern einfach für sich stehen dürfen. Musikalisch steht die Ep “The World’s Fair” (Outer Battery, 07.03.) aber dennoch für den eingängigen Shoegaze, den Swervedriver bereits in den 90ern etabliert haben. Unterstützung bekam die Band von unter anderem Ride-Gitarrist Mark Gardener, Toningenieur TJ Doherty (Sonic Youth, Wilco) und Produzent und Youtube-Berühmtheit Rick Beato.