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Zu viel Hemingway

Emma, dein Album “Engine Of Hell” zeugte zuletzt von großen Veränderungen – auch in musikalischer Hinsicht, mit der Rückkehr zum Klavier, dem Instrument deiner Kindheit. Erzählt auch “The Bella Vista” von diesem Wandel?
Emma Ruth Rundle: Ich habe mich auf “Engine Of Hell” von vielem befreit und dabei auch viel von mir offenbart. In gewisser Weise geht “The Bella Vista” noch einen Schritt weiter, hier fehlt die Musik vollständig und der Fokus liegt ganz auf den Texten. Das hat einen praktischen Hintergrund: Ich kann auf Tour einfach nicht so gut Songs schreiben, und ich war zu der Zeit viel unterwegs. Allerdings gibt es ergänzend zum Buch eine LP mit Tondichtungen, einer Art Ambient-Collage aus kurzen Klavierstücken.

Bob Dylan hat 2016 den Literaturnobelpreis erhalten: eine Erinnerung daran, dass Songs Gedichte sein können und umgekehrt. Was hat dich dazu bewogen, dich mit “The Bella Vista” ganz der Lyrik zu verschreiben?
Ich habe Freunde und Kolleginnen, die ihre Gedanken notieren und sie als Grundlage für ihre Songs verwenden. Ich war darin nie gut, weil ich in der Regel zuerst die Musik schreibe und die Songtexte daran anpasse. Aber dieses Mal wollte ich dem Wort den Vorrang geben. Jetzt wo ich älter werde und mich dazu entschieden habe, keinen Alkohol mehr zu trinken, werden die Texte für mich immer wichtiger. Ich wollte bewusster gestalten, was ich mit meinen Texten ausdrücke, also habe ich viel gelesen, etwa Kaveh Akbar, Louise Glück, Jorge Luis Borges.

Du bist bekannt dafür, dich stetig weiterzubilden und neue Kunstformen auszuprobieren. Gibt es neben der Literatur noch weitere Disziplinen, denen du dich in letzter Zeit verschrieben hast?
Ich habe angefangen, mich mit Operngesang und speziell dem Belcanto zu beschäftigen. Ein Freund von mir hat einmal gesagt, dass Vielseitigkeit im Werk von Künstler:innen ein Zeichen von Schwäche ist, da man am Ende nichts richtig beherrscht. Aber Lernen ist großartig, und in der Kunst ist es wichtig, kreativ zu lernen. Das lässt sich ganz gut damit vergleichen, wie wir unser Essen zubereiten. Du kochst etwas fürs Abendessen, fürs Frühstück und Mittagessen, und nach einer Woche merkst du, dass du bald wieder neue Zutaten besorgen musst. Manches davon kannst du vielleicht selbst ernten, anderes einfach im Laden um die Ecke kaufen. Das ein oder andere bekommt man vielleicht vom Nachbarn. Erst wenn man sieht, was es gibt, weiß man auch, was man daraus machen kann.

Deine Gedichte werden von Schwarz-Weiß-Fotografien begleitet. Ist auch das eine neue Zutat in deinem Vorratsschrank?
Ich habe schon in der High School angefangen, mich mit Fotografie zu beschäftigen. Als Fotografin habe ich mich zwar nie betrachtet, aber ich nehme meine Kamera gern überallhin mit. Das ist natürlich alles furchtbar prätentiös, aber es hilft dabei, achtsam zu sein, sich mit dem Moment und der Umgebung zu verbinden. Was kann ich gerade sehen, was spricht mein Auge an? Ich möchte kleine Szenen der Schönheit einfangen und “sammeln”, bevor sie davonwirbeln. Wenn ich nicht dabeibleibe, neige ich automatisch zu Gedanken wie “Oh nein, da ist schon wieder so ein hässlicher McDonald’s.” Ich muss also Fotografieren, um der Schönheit in der Welt Priorität einzuräumen.

Das klingt nach einer heilsamen Praxis. In früheren Interviews hast du davon erzählt, dass du eine Psychotherapie begonnen hast. Steht “The Bella Vista” damit in Zusammenhang?
Das ist eine gute Frage. Dieses Buch ist ganz offenkundig autobiografisch angelegt, doch in den vergangenen Jahren habe ich angefangen, diesen Ansatz zu hinterfragen. Ich arbeite gerade an einem neuen Album, und dabei fasziniert mich die Möglichkeit, eine größere oder abstraktere Geschichte zu erzählen, die immer noch meine Gefühle und mein menschliches Empfinden vermittelt, mich aber nicht mehr dazu zwingt, meine Erfahrungen noch einmal zu durchleben und nachzuerzählen.

Trotz allem gab es auf deinen früheren Alben etwas, das du einmal “warrior energy” genannt hast. In letzter Zeit hat dein Schaffen deutlich leisere Töne angenommen.
Ich frage mich oft, was aus der Frau geworden ist, die ich einmal war. Ich glaube, heutzutage ist die Energie meiner Musik eher kontemplativ, zurückhaltend und introspektiv. Ich fühlte mich lange zu heftigen und tiefgreifenden Themen hingezogen – mittlerweile versuche ich aber, mich auch in dieser Hinsicht zu hinterfragen. Ist das der richtige Weg für die zweite Hälfte meines Lebens? Will ich mich einer tiefen Traurigkeit derart hingeben? Insbesondere seit ich trocken und älter geworden bin, stelle ich fest, dass ich den Klang von akustischen Instrumenten wie dem Klavier sehr mag, und dass es für mich schwieriger geworden ist, von einer Band umgeben zu sein.

Kannst du etwas davon erzählen, wie du dem Alkohol abgeschworen hast?
Bei all dem, was gerade in der Welt vor sich geht, hatte ich in letzter Zeit oft Angstzustände. Ein tief persönliches Buch wie “The Bella Vista” zu veröffentlichen, macht mich ebenfalls nervös – denn obwohl ich als Künstlerin, Performerin und Autorin arbeite, bin ich sehr introvertiert und würde manchmal am liebsten gar nicht wahrgenommen werden. Ich habe alles Mögliche konsumiert, um diese Gefühle besser in den Griff zu bekommen, aber irgendwann ging es mir nicht mehr gut. Auch körperlich war ich in einem schlechten Zustand. Ich musste einfach nüchtern werden, es gab keine andere Wahl. Ich nahm an lokalen Zwölf-Schritte-Programmen teil. Und in gewisser Weise hatte ich Glück, denn all das ist während der Covid-Pandemie passiert, sodass ich mich für die Treffen nicht hinauswagen musste.

Eines deiner Gedichte trägt den Titel “I Read Too Much Hemingway”. Wie so viele andere Literaten taugt er in Sachen gemäßigtem Lebenswandel kaum zum Vorbild.
Es geht eine große Anziehungskraft von den Mythen aus, die wir uns über große Schriftsteller:innen und Künstler:innen und ihre Alkoholprobleme erzählen. Von Ernest Hemingway war ich eine Weile geradezu besessen. Doch all diese Geschichten von großen Schreiber:innen haben alle einen unvermeidlichen Verlauf, nämlich ein unglückliches Leben und einen unglücklichen Tod. Irgendwann war ich an dem Punkt zu sagen: Ich möchte diesen Weg nicht weiter beschreiten.

In “The Bella Vista” verwandeln sich Buchseiten zu Chrysanthemen und Pfingstrosen, in deinem Newsletter erzähltest du zuletzt davon, dass du einen Blumengarten angelegt hast. Das klingt wie ein Gegenentwurf zur Selbstzerstörung à la Hemingway.
Ich bin immer verzweifelt auf der Suche nach etwas, das einfach… hilft. Und dafür sind Pflanzen sehr gut geeignet. Wenn man sie auf eine bestimmte Art und Weise arrangiert, liegt darin auch ein künstlerischer Anspruch. Ich habe nach etwas gesucht, das mich erdet und meine Ängste lindert, aber es geht auch darum, in die Zukunft zu investieren. Man pflanzt etwas, und es kann Jahre dauern, bis etwas daraus erwächst. Und Blumen haben einfach etwas an sich, das mir Freude macht. Das ist vergleichbar mit meiner Liebe zu ihr hier. [Rundle dreht sich zu ihrer Hündin Red um, die rücklings auf dem Teppich liegt] Sie bedarf keiner Worte; sie ist unmittelbar da.

Neben der Natur gehören auch mythologische Verweise zur Bildsprache von “The Bella Vista”. Was fasziniert dich an diesen alten Erzählungen?
Seit jungen Jahren bin ich tief beeindruckt von Mythologie, religiöser Symbolik und Ähnlichem. Für mich ist das nach wie vor ein Zugang, meine eigenen Erfahrungen zu organisieren und ihnen einen Sinn zu geben. Mit den Archetypen nach C.G. Jung, mit Mustern, die sich durch unsere menschlichen Erfahrungen hindurchziehen, lässt sich relativ leicht eine tiefere Bedeutung schaffen.

Dafür greifst du oft auf eine explizit christliche Symbolik zurück.
Obwohl ich mich selbst nicht als religiös betrachte, fühle ich mich auf eine mystische Art und Weise von dieser Symbolik angezogen. Ich habe viel Zeit in der Nähe von Assisi in Italien verbracht, wo eine gute Freundin von mir wohnt. Passenderweise trage ich immer das Gebet des Heiligen Franziskus bei mir, weil es mich an das Prinzip der Selbstlosigkeit erinnert und daran, sich einer Sache hinzugeben. Unsere westliche Welt ist so stark christianisiert, dass es sehr einfach ist, diese Symbole überall zu sehen und sie als Vorlage für mystische Erfahrungen zu nutzen. Selbst eine Heidin wie ich kann sich darauf beziehen.

Nachdem dein Buch nun fertiggestellt und veröffentlicht ist, hast du das Gefühl, damit auch eine Geschichte zum Abschluss zu bringen?
Ja, ganz genau. Das ist glaube ich auch der Grund, warum Therapeuten und andere wohlmeinende Menschen uns so sehr dazu ermutigen, Tagebuch zu führen. Und warum wir Menschen versuchen, unsere Erfahrungen durch Kunst verständlich zu machen. Ich habe einen Schlussstrich gezogen, und das ist ein gutes Gefühl. Jetzt, wo alles verarbeitet ist, trage ich keinen Kummer mehr mit mir herum.

David Johansen hat Krebs im Endstadium

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Der ehemalige New York Dolls-Frontmann David Johansen hat seit längerer Zeit mit einer schweren Krebserkrankung zu kämpfen. Mithilfe einer Spendenkampagne erhofft die Familie sich finanzielle Unterstützung für seine Betreuung und medizinische Versorgung. Eingerichtet wurde die Aktion von Johansens Tochter Leah Hennessey über den wohltätigen Sweet Relief Musician’s Fund.

Im dazugehörigen Aufruf hat Hennesey eröffnet, dass ihr Vater bereits “den Großteil des vergangenen Jahrzehnts” in Behandlung für Krebs im vierten Stadium sei. Vor fünf Jahren habe sich die Krankheit dann verschlimmert: Nach der Entdeckung eines Hirntumors wäre es immer häufiger zu Komplikationen gekommen. Seit einem Sturz vergangenen Herbst sei Johansen bettlägerig und müsse stetig von seiner Ehepartnerin Mara Hennessey betreut werden.

Einem Statement, das dem Brooklyn Vegan vorliegt, meint Johansen selbst: “Wir leben schon seit langer Zeit mit meiner Krankheit und hatten trotzdem Spaß, haben Freunde und Familie gesehen, aber dieser Sturz hat uns auf ganz neue Weise entkräftet. Solchen Schmerz habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt. Ich war noch nie in der Lage, um Hilfe zu bitten, aber dies ist ein Notfall.”

Johansen war seit der Gründung 1971 die einzige Konstante der Proto-Punk-Band New York Dolls geblieben, mittlerweile ist er als einziges Gründungsmitglied noch am Leben. Zuletzt war die Band im Rahmen ihrer letzten Albumveröffentlichung “Dancing Backwards In High Heels” (2011) aktiv. In der Zwischenzeit war Johansen als Solokünstler und Schauspieler aktiv gewesen, konnte jedoch in den vergangenen fünf Jahren krankheitsbedingt nur selten auftreten, zuletzt 2023, etwa beim Brooklyn Folk Festival.

Zwei seiner Dolls-Mitstreiter sind bereits an Krebs gestorben: Bassist Arthur „Killer“ Kane verstarb nur kurz nach einer Leukämiediagnose, 2021 folgte der Gitarrist Sylvain Sylvain nach zweijährigem Ringen mit der Krankheit.

»New Years Rev«

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„New Years Rev“ wird die Coming-Of-Age-Komödie rund um eine dreiköpfige Band bestehend aus drei Freunden heißen. Das Trio, gespielt von Mason Thames, Kylr Coffman und Ryan Foust, geht fälschlicherweise davon aus, es sei als Vorband für eine Green-Day-Show eingeplant worden und begibt sich auf einen Roadtrip nach LA. Natürlich im Van.

Green-Day-Frontmann Billie Joe Armstrong erklärt in einem Statement zum Film, dass sich die Geschichte auf die frühen Zeiten von Green Day beziehe, als die Band selbst noch im Van unterwegs war:

„Van days rule. Du fährst die ganze Nacht durch, ohne zu schlafen, und spielst dann eine Show für 10 Kids im Keller des Hauses eines Freundes, 50 Meilen östlich von jedem Ort, von dem du je gehört hast.  Aber du wirst es am nächsten Tag wieder tun, und am übernächsten. Denn du machst es mit deinen Bandkollegen, die zu deiner Familie geworden sind, und es ist anders als alles, was du je erlebt hast. Es ist elektrisch. Lasst die Musik und den Unfug passieren.“

Regisseur Lee Kirk hat ebenfalls das Drehbuch zum Film geschrieben und hat bereits für „Ordinary World“ von 2016 mit Armstrong zusammengearbeitet, der in dem Komödiendrama seine erste Hauptrolle spielte. Die klassische Green-Day-Besetzung Armstrong, Mike Dirnt und Tré Cool wird bei diesem Projekt an der Produktion beteiligt sein. Als weitere Schauspieler:innen sind Jenna Fischer und Angela Kinsey, bekannt aus der Comedy-Serie „The Office“, angekündigt.

Die Dreharbeiten unter Live Nation Productions, die unter anderem „A Star Is Born“ mit Lady Gaga und Bradley Cooper, sowie zahlreiche Konzert- und Künstler: innen-Dokus produziert haben, sollen in Oklahoma bereits begonnen haben. Wann wir den Film genau zu sehen bekommen, steht aber noch nicht fest.

Dieses Jahr spielen Green Day auch wieder in Deutschland: Sie sind als Headliner beim Hurricane und Southside Festival angekündigt.

Kanye West verkauft Hakenkreuz-Shirts

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Der Absturz von Kanye West, bürgerlich Ye, geht weiter. Seit Jahren verhält sich der Rapper unberechenbar, fällt durch antisemitischen Bemerkungen auf und verbreitete ebenso antisemitische Verschwörungstheorien, ruderte aber auch zeitweise wieder zurück und entschuldigte sich.

Während des Super Bowls am Sonntag ließ West dann einen mit seinem Handy gefilmten Werbespot laufen, in dem er auf einem Zahnarztstuhl seine seltsame neue Reihe glitzernde Zähne präsentiert, für die angeblich das ganze Budget des Spots draufgegangen ist. Nach drei Ähms blendet er seine Webseite yeezy.com ein. Dort wird ein einziger Artikel mit dem Namen „HH – 01“ (steht gemeinhin für “Heil Hitler”) angeboten: ein weißes T-Shirt mit schwarzem Hakenkreuz. Es kostet 20 Dollar. Der Clip wurde nicht dem gesamten US-Publikum gezeigt, sondern war regional eingeschränkt und lief wohl auf drei Sendern, die zu Fox gehören.

Während die Nutzung des Hakenkreuz-Symbols in Deutschland verboten ist und unter die Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen fällt, lässt das US-Recht aufgrund des First Amendments der Verfassung einen großen Spielraum bei der Äußerung rassistischer und antisemitischer Ansichten – und der Nutzung sowie Verbreitung des Hakenkreuzes.

Der kanadische Merch-Anbieter Shopify bearbeitet die Bestellungen. Auf die Anfragen über dessen Beteiligung an der Verbreitung von Hakenkreuz-Shirts reagiert Shopify noch nicht. Gegenüber Magazin Variety sagte PR-Fachmann Ronn Torossian, dass es „keine Entschuldigung dafür gibt, dass Shopify ihm erlaubt hat, diese auf ihrer Plattform zu verkaufen, und aus der Perspektive der Krisen-PR werden sie sich verantworten müssen. Geld mit dem Verkauf eines Shirts zu verdienen, das das wichtigste Emblem der Nazis war und den Tod von 6 Millionen Juden symbolisiert, ist verachtenswert.”

Shop mittlerweile deaktiviert

Update: (11. Februar, 10 Uhr) Shopify hat die Website deaktiviert, weil
sie gegen deren Bedingungen verstößt. In einer Erklärung, die ein Shopify-Sprecher gegenüber CNN abgab, hieß es, dass der „Händler sich nicht an authentische Handelspraktiken gehalten und gegen unsere Bedingungen verstoßen hat, weshalb wir ihn entfernt haben.“

Vorausgegangen war der Aktion ein weiterer absurder Stunt bei der Grammy-Verleihung. Dort tauchte West mit seiner Frau Bianca Censori auf, wobei Censori ein durchsichtiges Kleid trug und damit praktisch nackt war. In der darauffolgenden Woche wurde er auf X/Twitter noch expliziter, einschließlich eines Posts zur Unterstützung von P. Diddy, der wegen des Vorwurfs sexuellen Missbrauchs und der Vergewaltigung im Gefängnis sitzt. Er schrieb aber auch sehr deutlich neben weiteren antisemitischen Ausschweifungen: “Ich bin ein Nazi. Ich liebe Hitler, was jetzt, ihr Bitches.”

Kanye West auf X/Twitter gesperrt

Mittlerweile ist der X-Account des 47-Jährigen nicht mehr erreichbar. West kündigte zwar im Zuge seiner “sehr kathartischen” Entgleisungen an, sich von der Plattform abzumelden. X-Besitzer Elon Musk bestätigte allerdings bereits, dass Wests Account als „NSFW“ (nicht sicher für die Arbeit) eingestuft wurde und die Öffentlichkeit sein Konto aufgrund seiner Beiträge „nicht sehen wird“. Das liegt wohl nicht an der rassistischen Natur seiner Beiträge, West teilte zuvor auch eine Reihe pornografischer Videos.

Vor fast genau einem Jahr hatten Sharon und Ozzy Osbourne den Rapper wegen eines unautorisierten Black-Sabbath-Samples scharf angegriffen. Weil West “Antisemit” sei, haben Osbourne den Song nicht freigegeben. Nach Androhung rechtlicher Schritte wurde das Sample ausgetauscht.

Nick Cave hatte – zumindest bis zu diesem neuen Tiefpunkt – kein Problem mit der Trennung von Kunst und Künstler im Fall West. Vorletzte Woche verriet Cave erst, dass er den Song “I Am A God” auf seiner Beerdigung spielen würde. “In gewisser Weise ist mir egal, was Kanye zu sagen hat, aber ich liebe seine Musik”, erklärte Cave ein paar Jahre zuvor. “Antisemitismus finde ich besonders geschmacklos, und es ist sehr enttäuschend, diese offensichtlichen, langweiligen, reduzierenden Ansichten von ihm verbreitet zu sehen. Andererseits bleibt es jedem selbst überlassen, ob man seine Musik weiterhin hören kann. Ich kann es, und ich liebe Kanyes Musik.”

Autismus-Diagnose

West hatte in den vergangenen Jahren immer wieder von psychischen Problemen gesprochen und dass er mit Depressionen, Angstzuständen und mehreren Suchtkrankheiten kämpfe. 2016 wurde eine bipolare Störung bei ihm diagnostiziert, die er später als Fehldiagnose einstufte. Erst letzte Woche erklärte er im Podcast “The Download” dann, dass bei ihm Autismus diagnostiziert worden sei, worauf er die Medikamente gegen bipolare Störungen absetzte.

Liebe den Gedanken

Früher, bevor es Internet und Smartphones gab, musste man noch seine Fantasie bemühen, um sich die Langeweile zu vertreiben. Auch in der Schule. Wer kennt sie nicht, die sterbenslangweilige Physikstunde, wenn die Zeit still zu stehen scheint und die Fliege am Fenster noch den meisten Spaß von allen hat? Ein lustiger Zeitvertreib damals: Man nimmt einen Zettel, auf den man ein möglichst entlegenes Wort schreibt, und den man dann heimlich an einen Mitschüler weiterreicht. Der hat jetzt die Aufgabe, aufzuzeigen, sich zu Wort zu melden und jene entlegene Vokabel dann auf Teufel komm raus in seinen Redebeitrag einzubauen. Dann schreibt er seinerseits ein abgefahrenes Wort auf den Zettel, und das Spiel geht weiter. Wenn man es richtig anstellt, ist der Lehrer oder die Lehrerin am Ende der Stunde komplett irritiert, traut sich aber nicht zu fragen, warum zur Hölle heute selbst der maulfaulste Schüler plötzlich von „Palimpsest“, „Hagestolz“ und „Ruderalvegetation“ dahergeredet hat.

Jemand, dem dieses leicht anarchistische Spielchen Spaß gemacht hätte, ist Dirk von Lowtzow, Tocotronic-Texter und seinerseits berühmt dafür, mit dem Wörterbuch unterm Kissen zu schlafen. Auch auf der neuen Platte seiner Band sind schöne neue Begriffe dabei, die sonst eher selten in Songs auftauchen: Traumgespinst, Wundkanal, Chaosmose. Und eine echte Premiere: ein Albumtitel auf Englisch, “Golden Years”. Der ist wie so oft bei Tocotronic von größtmöglicher Mehrdeutigkeit durchwirkt. „Wir haben den Titel gewählt, weil er die größte Offenheit hat“, sagt Dirk von Lowtzow. „In unseren finsteren Zeiten, die nicht so golden sind, kann man ihn leicht sarkastisch lesen, was vielleicht auch durch diese Zacken-Typographie auf dem Cover verstärkt wird. Man kann ihn aber auch als Hoffnungsschimmer, als Trost verstehen.“ Und auch als Auseinandersetzung mit einem Thema, das auf ganz natürliche Art immer präsenter wird mit der Zeit, nämlich das Altern. “Golden Years” bedeutet im englischen Sprachraum so viel wie Rentenalter oder Ruhestand, eine Zeit, in der Nostalgie die Erinnerung färben und verklären kann. Und vielleicht auch eine Zeit für Leute, die in 30 Jahren immerhin 14 Platten gemacht haben.

Chancen für Demut

Für Verklärung sind Tocotronic aber nach wie vor nicht zu haben. „In dem Titelsong selber hat es so eine gewisse Lakonie, denn das Setting der Geschichte würde man jetzt nicht mit Glamour und goldenen Jahren assoziieren“, sagt von Lowtzow, dessen Songtext ein schönes Bild für die Augenblicklichkeit des Glücks findet. Ein Zug steht im Bahnhof, die Wolkendecke bricht auf und plötzlich scheint die Sonne ins Zweite-Klasse-Abteil, warm und golden und mitten hinein in den Kaffeedampf. „Es ändert sich kurz die Beleuchtung, und dann schimmert so etwas Jenseitiges ins Leben hinein“, sagt der Sänger. „Man kennt diese kurzen Momente, in denen etwas kurz aufblitzt und in denen sich vielleicht so etwas wie Glück oder Zufriedenheit oder Einklang mit sich und den anderen manifestiert.“ Ein Gefühl, dass, wenn auch nur für ein paar Sekunden, alles gut so ist, wie es ist. Unerwartet, irgendwo zwischen Abreise und Ankunft. Wenn die Zeit plötzlich noch einmal stehen zu bleiben scheint, so wie damals in der Physikstunde, nur dieses Mal wesentlich willkommener.

Ist das die Zeit, die mit dem Alter immer kostbarer wird? Oder die Vergänglichkeit, die ihre Schatten vorauswirft? Die Sanduhr, die schon halb durchgelaufen ist? Man muss nicht um sehr viele Ecken denken, um in Songs wie “Vergiss die Finsternis” oder “Der Tod ist nur ein Traum” die Beschäftigung mit der Endlichkeit herauszuhören – etwas, was auf dem Album mit dem passenden Titel “Die Unendlichkeit” vor sieben Jahren ebenfalls schon anklang. Wenn man jung ist, gelten alle Gedanken der Liebe, heißt es – wenn man alt ist, alle Liebe den Gedanken. Wenn das stimmt, waren Tocotronic ent­weder schon immer alt, oder haben sich schon immer für Widerworte interessiert. „Ich finde, das Älterwerden ist ein spannender Prozess“, behauptet von Lowtzow. „Ich werde eigentlich gerne älter. Ich verbinde damit gar keine negativen Gefühle, eher im Gegenteil. Es hat natürlich Nach­teile, klar. Die Gelenke schmerzen zum Beispiel, doch das wäre jetzt eher etwas für die Apotheken Umschau. Aber abgesehen davon kann ich es nicht schlimm finden. Ich bin immer gerne so alt wie ich gerade bin. So wie man alle Jahreszeiten mögen kann, hat jedes Lebensalter etwas Inte­ressantes. Alles hat seine Berechtigung und auch seine schönen Seiten.“

Tocotronic (Foto: Noel Richter)
Tocotronic (Foto: Noel Richter)

»14 Alben in 30 Jahren sind dann ja doch ein ziemlich guter Schnitt.«

Dirk von Lowtzow

Eine „Chance für Demut“ sieht der Sänger im Alterungsprozess, als Künstler sei es auch eh seine Pflicht, sich mit allem Möglichen auseinanderzusetzen und nicht nur mit hedonistischen Bedürfnissen. „Es ist halt alles Material“, sagt er. „Immer wenn wir ein Album machen, ist es eine Sammlung von Songs, die zu einer bestimmten Zeit entstanden sind. Auf unseren ersten Alben geht es sehr stark zurück in die Kindheit, in die Zeit, bevor wir Tocotronic waren. Dann war es eine Zeitlang sehr interessant, die Gegenwart zu spiegeln. Und genauso finde ich es jetzt interessant, zu sehen, in welchem Dialog man mit der Welt und mit der sich ändernden Gegenwart steht. Da gibt es immer subjektive als auch objektive Gedanken. Zu den subjektiven gehört, dass wir alle über 50 sind, und dass man das dann auch mitverhandelt. Immer wenn wir Alben gemacht haben, waren das Statusmeldungen. Wir teilen immer etwas mit und teilen das dann mit den Hörenden. Ich glaube, um wahrhaftig zu bleiben, kann man das Thema des Älterwerdens sowohl als Einzelperson wie auch als Band gar nicht ausklammern. Sonst würde man sich an etwas langweiligen Rock’n’Roll-Leitmotiven abarbeiten, die man immer wieder nutzt ohne zu reflektieren.“

Ganze Stadt verkauft

Zu dieser Reflexion gehört dann auch die Rolle von Rock- beziehungsweise Popmusik insgesamt. Traditionell ist sie die Domäne der Jugend, ein weites, fruchtbares und abwechslungsreiches Feld, in dem Erfahrung nichts gilt und im Zweifel die Jugendlichen recht haben und nicht die Plattenfirmentypen oder die Musikjournalisten. Tocotronic beteuern, dass sie sich nach wie vor gerne Newcomer-Bands anhören, ältere Künstler und Künstlerinnen aber auch zu schätzen wissen. Und zwar schon länger. „Es ist spannend, sich mit Künstlern auseinanderzusetzen, die in anderen Dekaden sind“, meint Bassist Jan Müller. „Die späten Aufnahmen von Johnny Cash zum Beispiel. Oder die von Leonard Cohen. Wie alt war man da, als man das gehört hat? Mitte 20? Jetzt finde ich es ganz interessant, sich junge Bands anzuhören, die gerade anfangen. Natürlich wiederholen sich Dinge, man erkennt auch einiges wieder, aber trotzdem ist es auch neu für mich.“ Die goldenen Jahre, man ahnt es bereits, sind deswegen womöglich stets die gegenwärtigen. Oder wie es die Philosophen von Iron Maiden, zweitliebste Band der meisten Tocotronic-Fans, schon vor knapp 40 Jahren auf ihrem Klassiker “Wasted Years” formulierten: „So understand, don’t waste your time always searching for those wasted years/ Face up, make your stand, and realise you’re living in the golden years.“

Andererseits gibt es nüchtern betrachtet natürlich auch Dinge, die man unmöglich in ein günstiges Licht tauchen kann, und da wird es dann auch schonmal objektiv. Mit parolenhaften politischen Songs halten sich Tocotronic normalerweise zurück, die ungewöhnlich eingängige Single “Denn sie wissen was sie tun” ist trotzdem nur schwer zu missverstehen. „Fiesheit als Identität“ kann man tatsächlich immer häufiger bei gewissen Mitmenschen beobachten, offenbar haben sie neuerdings auch noch gelernt, sich zu organisieren und laut rumzubrüllen. Der Vorschlag der Band, statt auf Gewalt auf entwaffnende Küsse zu setzen, dürfte dagegen nicht nur unter ästhetischen Gesichtspunkten unrealistisch sein, so lange das wahre Problem nicht behoben wird und so etwas wie menschlicher Anstand auch bei den professionellen Wutbürgern wieder einkehrt. Der andere Song, der sich explizit an einem aktuellen Missstand reibt, ist “Bye Bye Berlin”, ein pro­visorischer Abgesang auf die Stadt, die anscheinend nicht länger arm und sexy ist. „Es ist aber kein Berlin-Bashing in dem Sinne“, sagt Dirk von Lowtzow. „Berlin ist jetzt unsere Heimat und wird es wahrscheinlich auf lange Zeit noch bleiben. Und es fällt einem ja auch nicht so wahnsinnig viel ein, wo man in Deutschland noch hingehen könnte.“

Tocotronic (Foto: Noel Richter)
Tocotronic (Foto: Noel Richter)

»Wenn man nicht reflektiert, dass man das Böse und die Niedertracht, die in unseren Stücken angeprangert wird, auch in sich tragen kann, dann wird es sehr selbstgerecht.«

Dirk von Lowtzow

Trotzdem: „Es fällt in letzter Zeit schon das Gefühl auf, dass Berlin deutlich abweisender geworden ist. Durch die Privatisierung von öffentlichem Raum, durch die unglaublich hohen Mieten. Kulturelle, subkulturelle, politische Freiräume, die es nicht mehr gibt, etwas, das sich in den letzten 20 Jahren extrem verändert hat. Von einer räumlichen Utopie hin zu einer verkauften Stadt. Diese aktuellen Kürzungsorgien führen dazu, dass man sagen könnte: Berlin schafft sich so ein bisschen ab.“ Dass Tocotronic schon durch ihren Zuzug in begehrenswerte Innenstadtviertel ihren eigenen kleinen Beitrag bei dieser Abschaffung leisten und durchaus auch wahrnehmen, macht das Ganze schon wieder so ambivalent. Die Lebensqualität in Berlin ist schließlich – wenn man genug Geld verdient und ohnehin zu alt für den coolen Club ist – so hoch, dass die Metropole wie ein Magnet wirkt auf Menschen, die sich weniger für politische Freiräume als für stilvolle Selbstveredelung und internationale Restaurants interessieren. Auch anders herum wird ein Schuh aus: Wenn kreative junge Menschen zur Abwechslung mal nach Wuppertal, Saarbrücken und nach Plauen statt nach Berlin ziehen würden, könnte man wahrscheinlich eine Menge Subkultur zum Blühen bringen – und nebenbei ziemlich günstig wohnen. Doch dazu müsste man selbst in die Initiative gehen, ein Talent, das übrigens auch nicht jeder hat.

Im Zweifel für den Zweifel

Darüber nachzudenken, kann sich trotzdem lohnen. „Wenn man sich und seine Rolle nicht mitdenkt und reflektiert, dass man auch mitverantwortlich für Fehlentwicklungen ist oder dass man ganz universell das Böse und die Niedertracht, die in unseren Stücken angeprangert wird, auch in sich tragen kann, dann wird es sehr selbstgerecht“, meint Dirk von Lowtzow. „Deswegen finde ich es ganz wichtig, dass man innere und auch unauflösbare Widersprüche thematisiert und auch zulässt. Sonst wird das Denken sehr eng.“ Das Denken möglichst offen zu halten, ist traditionell eine Spezialität in Tocotronic-Texten, auch wenn es manchmal um den Preis der Klarheit geht. So geht etwa die Idee zu “Bye Bye Berlin” auf ein Gemälde des Künstlers Austin Martin White zurück.

Das heißt “Fireatthechurchofclubs (Bye Bye Berghain)” und zeigt den bekannten Technotempel von unwahrscheinlichen Flammen umhüllt. „Provokativ und lustig“ fand von Lowtzow das Bild – und außerdem fantastisch auf die Art der Traumlogik, die ihm offenbar viel bedeutet. „Viele unserer Songs haben mit Träumen zu tun, weil sie oft im Halbzustand zwischen Schlafen und Wachen passieren“, sagt der Sänger. „Das wiederum produziert Doppelsinnigkeiten und Widersprüchlichkeiten, was mir immer sehr gefällt. Dass man in seinem Denken grundsätzlich dialektisch ist, ist uns wohl total eingeschrieben. Im Zweifel für den Zweifel.“

Im Zweifel kann das aber auch ein lähmender Gedanke sein, wenn man ihn lebensanschaulich zu Ende denkt, Uneindeutigkeiten begegnen einem schließlich überall. Und der Teil des Gehirns, der die Gedanken liebt, vernarrt sich besonders gerne in weitschweifige und mitunter fruchtlose Überlegungen. Gehört die leere Flasche Blanchet in den Weiß- oder in den Grünglascontainer? Soll man ans andere Ende der Ringbahn besser mit oder gegen den Uhrzeigersinn fahren? Und ist das Buch, das man nicht schreibt, im Grunde nicht genauso gut wie das Buch, das man schreibt? Das mit der leeren Weinflasche wäre für Dirk von Lowtzow eh ein Problem, schließlich ist der Sänger farbenblind.

Das Beispiel mit dem Buch gefällt ihm dafür umso mehr, denn es bringt das süße Dilemma des dialektischen Denkens hübsch auf den Punkt. Zum Glück gibt es auch Auswege. „Wenn man einen Hang zur Entscheidungsschwäche hat, hilft es einem sehr, in einer Band zu sein“, sagt er. „Denn man macht das ja gemeinsam. Und 14 Alben in 30 Jahren sind dann ja doch ein ziemlich guter Schnitt.“ Prokrastinieren sei seine Sache auch nicht, meint er, eher schon die geübte Selbstüberwindung. Andererseits: Wenn einen das Hören von Alben wie “Golden Years” wirklich davon abbringen würde, weiterhin ein geregeltes und strukturiertes Leben führen zu können, wäre Dirk von Lowtzow auch nicht abgeneigt. „Ein schlechter Einfluss zu sein, ist natürlich auch eine schöne Zuschreibung“, sagt er und lacht.

Baron Krankenfuß

So groß wie nach ihrer Reunion 2014 ist der Hype um die Libertines nicht mehr. Ein Album, das sie aber geschmackssicher in ihrer Mittvierziger-Variante präsentiert, sorgt trotzdem für volle Hallen. Wobei ein Teil des Publikums es sicher gerne leerer gehabt hätte. Vorne ist erstaunlich dichtes Gedränge, Ellenbogen werden ausgefahren. Ob das nun daran liegt, dass “All Quiet On The Eastern Esplanade” mit all seinen Streichern und Chören womöglich auch ein konzertfremdes Publikum zwischen Feuilleton und abbezahltem Reihenhaus anzieht, oder ob Peter Dohertys Omnipräsenz den Kampf um die beste Sicht auf das als ehemalige Enfant Terrible auslöst, bleibt unklar.

Heute in Hausschuhen: Peter Doherty (l.) (Foto: Tim Lasche)
Heute in Hausschuhen und Drehsessel: Peter Doherty (l.) (Foto: Tim Lasche)

Geneigte Katastrophentouristen, die die Songs des übermotivierten Warm-up-DJs lauter mitsingen können als die des eigentlichen Hauptacts, werden jedenfalls enttäuscht. Doherty gilt schon länger als so clean, wie er eben nur kann; seine akutesten Suchtprobleme hat er überwunden, sodass die Eskapaden auf und abseits der Bühne ausbleiben. Fallen sieht man den destruktiven Poeten daher auch heute nicht – außer vielleicht in seinen Drehsessel.

Legt sich heute doppelt ins Zeug: Carl Barât (Foto: Tim Lasche)
Legt sich heute doppelt ins Zeug: Carl Barât (Foto: Tim Lasche)

Denn wie schon tags zuvor in München, humpelt ein angeschlagen wirkender Doherty in Hausschuhen über die Bühne und spielt das komplette Konzert sitzend. „He has a Krankenfuß”, klärt Kollege Carl Barât schnell auf. Was genau ihn plagt, möchte Doherty dann aber selbst erzählen, schält sich nach sieben Stücken aus seinem Sessel und kommt unter großem Applaus zur Mitte der Bühne. Der nächste Song – „The Baron’s Claw“ – sei von einem Baron inspiriert, über den man sagt, er habe seine Hand im Schwertkampf verloren. „So zumindest das Gerücht“, gibt der 45-Jährige zu verstehen. Vermutlicher sei aber Diabetes. Schlüsse ziehen könne das Publikum nun aber selbst, sagt der ebenso mit der Krankheit diagnostizierte Co-Frontmann lachend und schleppt sich wieder zu seinem Sitzplatz, um darin bedeutungsschwer seine Hand ins Licht zu halten, während der diffuse Barjazz des Songs sein Übriges tut. Dass Barât dazu sein Bestes am Saxofon gibt und Doherty sich anschließend selbst in den Dunst seine E-Zigarette hüllt, könnte kaum besser passen.

Unscheinbares Understatement im Vergleich zu seinen Kollegen: Bassist John Hassall (Foto: Tim Lasche)
Unscheinbares Understatement im Vergleich zu seinen Kollegen: Bassist John Hassall (Foto: Tim Lasche)

Dieses zur Schau gestellte Dandytum steht dem mehr oder eher weniger kontrollierten Chaos ihrer alten Punk-Songs wie “Vertigo” oder “Horror Show” gegenüber, das Doherty trotz Sessel und dem Anschein, er könnte mit seinen geschlossenen Augen jeden Moment einpennen, ebenso noch fast schlafend beherrscht, wie die neuen eleganten Balladen dieser anzugtragenden und teetrinkenden Libertines. In annähernd zwei Stunden gelingt so ein wunderbar ausgeglichenes Set, bei denen Barât Rausschmeißer am Klavier spielt und gleichermaßen Bierbecher und die Menge schmeißt. Es zeigt sich eine Band, die sich nach unruhigen Jahren neu erfunden hat und Exzess vielmehr noch in ihrer künstlerischen Freiheit findet.

Peter Doherty & Carl Barat in Cologne, 2025 (Foto: Tim Lasche)
Trotz Mühe von Barât bleibt die berüchtigte Dynamik der Frontmänner etwas aus (Foto: Tim Lasche)

Einziger Wermutstropfen: Durch Dohertys Einschränkungen bleibt das auf der Strecke, was die Libertines von jeher aus gemacht hat. Die Magie, wenn beide Frontmänner gemeinsam und innig in ein Mikro singen, wie sie sich entfremdet haben. Immerhin ist Barât bemüht, geht für Doherty mehrfach auf die Knie, stützt ihn beim Gang von der Bühne oder nimmt ihn in den Arm, wenn die Lichter auf den dauergrinsenden Sonnenschein Gary Powell für ein Drumsolo gerichtet sind. Auch wenn man wohl kaum noch von Lads sprechen kann, liefern die beiden mit solchen großen Gesten die Antwort auf „What Became Of The Likely Lads“, was sie vor zwei Jahrzehnten über den Kollaps ihrer Freundschaft und der Band schrieben.

Europatour angekündigt

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Nachdem Kendrick Lamar gestern, beziehungsweise heute früh, bei der Halbzeitshow des Super Bowl aufgetreten ist und unter anderem seinen kontroversen Disstrack gegen Drake vor 200 Millionen Zuschauern performte, gibt der Ausnahmerapper neue Tourtermine bekannt.

Zusammen mit Sängerin und Labelkollegin SZA, die ebenfalls mit ihm bei der gut 13-minütigen Mega-Inszenierung auf der Bühne stand, kommt Lamar kommenden Juli wieder nach Europa. In Deutschland stehen dabei nur zwei Arenashows an: in Köln am 2. Juli und in Frankfurt am 4. Juli.

Bei Ticketmaster gibt es schon ab Mittwoch um 9 Uhr “Telekom Prio Tickets”. Ab Donnerstag um 9 Uhr startet dann der offiziellen Ticketmaster Presale – einen Tag vor dem allgemeinen Vorverkauf.

 

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Beide haben letztes Jahr Alben veröffentlicht, die sie auf Tour präsentieren werden. Lamar brachte ohne Vorankündigung das für ihn erstaunlich kompakt geratene “GNX” heraus, SZA veröffentlichte ihr 2022er Album “SOS” gegen Ende des Jahres nochmal neu als Deluxe-Version “Lana”.

Von Juni 2022 bis März 2024 war Lamar zuletzt auf großer Tour durch Europa mit “Mr. Morale & The Big Steppers”. Im Oktober 2022 war auch VISIONS exklusiv in Paris dabei, als er für sein erstes Livestream-Konzert nichts dem Zufall überließ.

Live: Kendrick Lamar & SZA

02.07. Köln – RheinEnergieStadion
04.07. Frankfurt -Deutsche Bank Park

Reunion-Tour angekündigt

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Die Soul-Rock-Band Alabama Shakes hat Ende Januar mit Fotos aus dem Studio ihre Reunion in Aussicht gestellt. Nun hat die Gruppe um Frontfrau Brittany Howard ihre erste Tour seit acht Jahren angekündigt.

“Vergangenes Jahr hatten Heath [Fogg, Gitarrist], Zac [Cockrell, Bassist] und ich darüber geredet, wie viel Spaß es machen würde, wieder zusammen Musik zu machen und als Alabama Shakes aufzutreten. Diese Band, und diese Songs waren für uns alle eine große Freudenquelle”, kommentiert Howard die Ankündigung. Zudem soll die Tour “genauso viel von der Vergangenheit wie von der Zukunft” beinhalten. Neue Musik sei bereits aufgenommen und soll in Kürze veröffentlicht werden.

Die anstehende Tour umfasst 30 Konzerte zwischen Juli und September, ist jedoch auf Nordamerika begrenzt. Der Vorverkauf läuft ab dem 11. Februar über die Webseite der Band.

 

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Das zweite und bisher auch letzte Alabama-Shakes-Album “Sound & Color” ist 2015 erschienen. Während der Bandpause hat Howard zwei Alben unter eigenem Namen veröffentlicht, sowie am LoFi-Projekt Thunderbitch mitgewirkt. Vergangenen Monat stand sie mit ihrer neuen Hardcore-Punk-Band Kumite bei einer Show in Nashville, Tennessee auf der Bühne.

Neue Tour im Winter angekündigt

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Die Lambrini Girls haben auf Instagram eine weitere Tour für 2025 angekündigt. Das Punk-Duo aus Brighton hat mit ihrem kürzlich erschienenen Debütalbum “Who Let The Dogs Out” ihre bisher angekündigten Tourtermine in Europa sowie den USA so gut wie ausverkauft. Daher geht es ab November für Phoebe Lunny (Gesang/Gitarre) und Lilly Macieira (Bass) mit voller Kraft weiter und dieses Mal werden die Venues größer.

Die Tour startet Ende November in Großbritannien, nachdem die Band im August bei den Zwillingsfestivals Reading und Leeds zu sehen sein wird. In Deutschland wird es im Dezember vier Konzerte geben. Los geht es dabei am 7. Dezember im Gebäude 9 in Köln. Danach spielt das Duo außerdem in Offenbach, Berlin und München. Auch in Österreich und der Schweiz wird es jeweils ein weiteres Konzert geben. Tickets für die Tour im Winter gibt es hier.

Vorher stehen aber erstmal drei (fast) ausverkauften Shows im März an. Für Leipzig sind hier noch Tickets erhältlich.

 

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Live: Lambrini Girls

04.03.25 Leipzig – Moritzbastei
05.03.25 Berlin – Neue Zukunft (ausverkauft)
17.03.25 Köln – Bumann & Sohn (ausverkauft)

07.12.25 Köln – Gebäude9
12.12.25 Offenbach – Hafen2
13.12.25 Berlin – Bi Nuu
16.12.25 Flucc – Wien (AT)
17.12.25 Strom – München
18.12.25 Bogen F – Zürich (CH)

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