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Nochmal von Anfang an

Feuchte Augen im Moshpit sieht man sonst in der Regel eher nach einer Verletzung, in Hamburg dürfte es am Sonntagabend eher den äußeren Umständen geschuldet sein: Selbst Hartgesottenen treibt es keine 30 Sekunden nach Beginn mit „Somewhere I Belong“ die Tränen in die Augen. Sieben Jahre sind vergangen, seit Linkin Park ihren bislang letzten Deutschlandauftritt im Rahmen des Hurricane Festivals gespielt haben und wenige Wochen später den Tod ihres Frontmanns Chester Bennington beklagen mussten. Einige Soloprojekte, Funkstille und Jubiläums-Editionen später hat sich die Band wieder gesammelt und präsentiert sich am Sonntagabend in neu gefundener Stärke vor der ausverkauften Barclays Arena in Hamburg.

Mike Shinoda zurück in seinem Element (Foto: Sebastian Madej)
Mike Shinoda zurück in seinem Element (Foto: Sebastian Madej)

Schon die Wahl des Supports hätte kaum passender ausfallen können: Grandson hat in den vergangenen Jahren bereits mehrfach mit Linkin-Park-Frontmann Mike Shinoda zusammengearbeitet, startet seinen Auftritt also auch passenderweise mit „Running From My Shadow“ von Shinodas Soloalbum „Post Traumatic“. Mit Skorpion-Aufnähern und an die Hose geklippten Handschellen erinnert der Musiker an ein verlorenes Hardcore-Kid, kann mit seinem Alternative-Rap-Rock aber schnell die Arena mitreißen – und springt im Anschluss an sein Set dann auch gleich mit in die Moshpits des Hauptacts.

Von denen gibt es an diesem Abend genügend, schließlich fokussieren sich Linkin Park eher auf ihre ersten beiden Alben, erst nach sechs Songs gibt es mit der aktuellen Single „The Emptiness Machine“ einen Song zu hören, der weniger als 15 Jahre auf dem Buckel hat. Gleichzeitig stellt er die erste Single der Band mit neuer Besetzung dar: Emily Armstrong übernimmt ab sofort den Gesang, Colin Brittain sitzt am Schlagzeug, und live wird die Band zudem von Alex Feder an der Gitarre unterstützt.

Neu am Schlagzeug dabei: Colin Brittain (Foto: Sebastian Madej)
Neu am Schlagzeug dabei: Colin Brittain (Foto: Sebastian Madej)

Das letzte Album der Band mit Bennington am Gesang wird an diesem Abend, bis auf die erst kürzlich veröffentlichte B-Seite „Friendly Fire“, außen vor gelassen, ebenso der ewige Underdog “The Hunting Party”. Stattdessen liegt der Fokus vor allem in der ersten Hälfte auf den frühen 2000ern. Nach der ersten Stunde verlässt die Band die Bühne. Nicht, um einen Schlussstrich zu ziehen, stattdessen werden die Instrumente einmal im Halbkreis auf die andere Bühnenseite verfrachtet. Wie bereits bei ihrem Livestream-Comeback-Konzert haben Linkin Park auch in Hamburg ihre Bühne in der Mitte errichtet und bieten so nun allen Anwesenden die Chance, auch die jeweils andere Bühnenhälfte sehen und erleben zu können.

Schnell geht es mit der zweiten Hälfte weiter, mit „Lost“ gibt es da das Überbleibsel aus den „Meteora“-Sessions akustisch von Armstrong und Shinoda am Piano vorgetragen, wenig später folgt von der „Hybrid Theory“-B-Seite „My December“, für die Brittain vom Schlagzeug an die Akustikgitarre wechselt. Zur wirklichen Zugabe im Anschluss an „Faint“ gibt es dann noch die Weltpremiere von „Heavy Is The Crown“, der bislang unveröffentlichten, zweiten Single aus dem kommenden Album „From Zero“. Spätestens hier verstummen auch die letzten Skeptiker Armstrongs, als diese zur Bridge einen 13-sekündigen Scream abfeuert.

Wurde herzlich von der europäischen Fangemeinde empfangen: Emily Armstrong (Foto: Sebastian Madej)
Wurde herzlich von der europäischen Fangemeinde empfangen: Emily Armstrong (Foto: Sebastian Madej)

Immer wieder brechen ohrenbetäubende „Emily, Emily“-Fangesänge zwischen den Songs los. Ob und wie Armstrong mit Scientology in Verbindung steht, rückt an diesem Abend in den Hintergrund, der Fokus bleibt bei der Musik. Entsprechend karg sind die Ansagen, bis auf gelegentliche Witzeleien von Shinoda und DJ Joe Hahn. Gefehlt hat es in Hamburg dennoch an nichts. Beim Weg aus der Arena sind die Tränen der Anwesenden einem seligen Grinsen gewichen, dass die Gesichter wohl so schnell nicht mehr verlassen wird. Die nächste Chance, Linkin Park live zu sehen, soll 2025 folgen.

Erstes Konzert seit fünf Jahren

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Anfang des Jahres haben die Thrash-Metal-Urgesteine Slayer bekannt gegeben, dass sie nach ihrer Auflösung 2019 doch noch live spielen werden. Damals wurden zwei Festivalauftritte in den USA angekündigt, kurz darauf dann ein dritter. Der erste fand nun vergangenen Sonntag im Rahmen des Riot-Fests in Chicago statt.

Die Band trat in der Besetzung auf, in der auch ihr bislang letztes Album “Repentless” entstanden ist: Kerry King und Gary Holt an den Gitarren, Tom Araya an Bass und Gesang und Paul Bostaph am Schlagzeug. Auf der Setlist ließen sich dabei auch einige Live-Raritäten finden: So wurde etwa “213” erstmals seit 26 Jahren wieder live gespielt.

Wie schon Anfang des Jahres angekündigt, wird es vorerst bei diesen drei Auftritten bleiben. Es seien weder Touren noch neue Musik geplant, so King im Interview. Er selbst sei weiteren Vorhaben allerdings nicht abgeneigt.

Slayer gaben ihre Auflösung 2018 bekannt, ihr offiziell letztes Konzert spielten sie am 30. November 2019. Die beiden nächsten Auftritte wird die Band am 27. September beim “Louder Than Life” in Louisville und am 10. Oktober beim “Aftershock” in Sacramento spielen.

Setlist: Slayer – Riot-Fest-Chicago

“South Of Heaven”
“Reborn”
“Blood Red”
“Postmortem”
“Repentless”
“Payback”
“Temptation”
“Jihad”
“Seasons In The Abyss”
“Born Of Fire”
“War Ensemble”
“Hate Worldwide”
“Disciple”
“Dead Skin Mask”
“Hell Awaits”
“213”
“Mandatory Suicide”
“Raining Blood”

Für die Arbeiter:innen

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The billionaire profits / While the worker bleeds / One percent of the wealth / Hoards from millions in need”, klagt Dropkick Murphys-Frontmann Ken Casey im Refrain der neuen Single “Sirens” an, in der sie vor allem von der wachsenden Gesellschaftsspaltung in den USA behandeln. Casey erklärt: “Seit fast zehn Jahren wird die [soziale Kluft in Amerika] immer tiefer, dunkler und hässlicher – sie trennt Familien und beendet Freundschaften. Und niemand genießt das mehr als die Milliardär:innen, die auf Kosten der Arbeiter:innen-Klasse Rekordprofite erzielen. Sie lieben es, wenn wir uns gegenseitig bekämpfen, weil ihre größte Angst ist, dass wir uns zusammen tun und dann hinter ihnen her sind … dem echten Feind.”

Nach ihren beiden Akustikalben setzen die Dropkick Murphys wieder auf elektrisch verstärkte Instrumente, wie die E-Gitarre, deren Riffs in “Sirens” neben Caseys Gesang stark im Vordergrund stehen. Das Musikvideo zu “Sirens” erinnert dabei an das vom Bob Dylan-Song “Subterranean Homesick Blues”.

Bislang ist “Sirens” eine alleinstehende Single, ob sie Teil eines neuen Albums sein wird, ist bislang nicht bekannt. Das aktuelle Album der Band, “Okemah Rising” ist 2023 erschienen. Auf ihren vorherigen beiden Alben, “Okemah Rising” und “This Machine Still Kills Fascists” (2022), haben die Dropkick Murphys Songtexte des verstorbenen Singer/Songwriters Woody Guthrie neu eingesungen. Dieser hat sich in seinen Liedern mit politisch-linken Themen, wie Gewerkschaften, und Antifaschismus beschäftigt.

Im Februar kommen die Dropkick Murphys für sechs Konzerte in den deutschsprachigen Raum, unter anderem nach Berlin, Düsseldorf, und München. Tickets dafür gibt es über die Bandwebsite im Vorverkauf.

Live: Dropkick Murphys

02.02.2025 Düsseldorf – Mitsubishi Electric Halle
11.02.2025 München – Zenith
12.02.2025 München – Zenith
13.02.2025 Wien – Gasometer
14.02.2025 Wien – Gasometer
15.02.2025 Berlin – Max-Schmeling-Halle

Erlaubnis erteilt

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Body Count-Chef Ice-T hat für die neue Version des Songs das scheinbar Unmögliche geschafft: Er hat sowohl David Gilmour als auch Roger Waters begeistern können.

Nach anfänglicher Ablehnung durch das Management trat Ice-T in persönlichen Kontakt mit beiden Parteien. Gilmour steuerte sogar seine charakteristische Gitarre zum Song bei. Waters beteiligte sich nicht aktiv am Song, gab aber seine Zustimmung für das Projekt – schwierig genug.

Ice-T äußerte sich zur Entstehung des Songs in einem Interview: “Ich kann [im Fernsehen] den Krieg in der Ukraine oder die Situation in Israel beobachten, und danach wegklicken und Sport gucken. Oder zusehen, wie ein Kind von einem Polizisten ermordet wird […] und danach Videospiele spielen. Wir sind taub geworden, was das alles angeht. Ich glaube, dass das die Beiden [Gilmour, Waters] angesprochen hat. […] Wenn zwei Leute auf so unterschiedlichen Seiten sich mit einem Song einig sind, dann muss er gut sein.”

Die neue Version von “Comfortably Numb” mit einem neuen Text von Ice-T wird Teil des neuen Body-Count-Albums “Merciless” sein. Es erscheint am 22. November über Century Media. Zuvor hatten Body Count die Songs “Fuck What You Heard” und “Psychopath” geteilt.

Body Count – Merciless

body count merciless cover

01. “Interrogation Interlude”
02. “Merciless”
03. “The Purge” (feat. Corpsegrinder)
04. “Psychopath” (feat. Joe Bad)
05. “Fuck What You Heard”
06. “Live Forever” (feat. Howard Jones)
07. “Do Or Die”
08. “Comfortably Numb”
09. “Lying Motherfucka”
10. “Drug Lords” (feat. Max Cavalera)
11. “World War”
12. “Mic Contract”

Hüsker-Dü-Cover mit Bob Mould

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“Gestern hatten wir die Ehre, uns für den Hüsker Dü-Klassiker ‘Makes No Sense At All’ auf der Bühne mit [Ex-Frontmann Bob Mould] zusammenzutun”, sagte Militarie Gun-Sänger Ian Shelton am gestrigen Sonntag nach dem gemeinsamen Festivalauftritt. Laut Shelton sei der gemeinsame Auftritt zustande gekommen, da ihm mitgeteilt wurde, dass Mould Fan der Band sei. “Weil wir beide für das [Pygmalion Music Festival] in der Stadt waren, mussten wir ihn einfach fragen, ob er auf die Bühne kommen und einen Song mit uns spielen möchte”, so der Sänger.

 

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In der Vergangenheit haben Militarie Gun schon öfter Hüsker Dü gecovert, etwa “Don’t Want To Know If You Are Lonely”. Ihr Cover von “Makes No Sense At All” hat beim Pygmalion Music Festival Premiere gefeiert.

Vergangenen Juli hatten Militarie Gun die Single “Thought You Were Waving” veröffentlicht, nach im Januar ihre EP “Life Under The Sun” erschienen war. Shelton ist außerdem Teil der Powerviolence-Band Regional Justice Center, mit der er vergangenen Freitag das Album “Freedom Sweet Freedom” veröffentlicht hat.

Mould ist seit 1996 als Solokünstler unterwegs. Ende Juni hatte er die Single “Breathing Room” geteilt und angekündigt, auf seiner US- und Australien-Tour diesen Herbst “mehr neues Material” zu spielen. Von den 1988 aufgelösten Hüsker Dü war im April 2023 das Livealbum “Tonite Longhorn (Live)” erschienen, das aus Mitschnitten von vier Konzerten aus 1979 und 1980 besteht.

Liebe und Zerstörung

2004. George W. Bush ist seit drei Jahren Präsident der USA, die Bevölkerung zu großen Teilen verunsichert, wütend und manipuliert von Medien, die psychologisch clever Werbung für Antidepressiva schalten und über den laufenden Irakkrieg berichten, den der Republikaner 2003 als Reaktion auf die Terroranschläge von 9/11 begonnen hat. Und dann sind da Green Day, die 1994 mit ihrem Album “Dookie” unbeschwerten Pop-Punk in den Mainstream katapultierten und ein Jahrzehnt später unglaublich angepisst mit ansehen, wie sich das politische und gesellschaftliche Klima um sie herum zuspitzt.

Vier Jahre nach “Warning” rechnet eher niemand mehr damit, dass Sänger und Gitarrist Billie Joe Armstrong, Bassist Mike Dirnt und Schlagzeuger Tré Cool noch mal ein relevantes Album veröffentlichen. Bands wie Blink-182 und Sum 41 haben “Dookie” als Initialzündung verwendet, um spaßigen Pop-Punk mit bittersüßen Emotionen zu kombinieren. Um Green Day machen Fans sich derweil eher Sorgen, und das nicht ganz unbegründet. “Wir merkten, dass es an der Zeit ist, ein paar persönliche Dinge aus dem Weg zu räumen, die sich über die Jahre zwischen uns Dreien angestaut hatten”, sagt Armstrong. “Nicht, dass es wirklich Streitpunkte gegeben hätte, auch keinen Coach à la Metallica. Es ging eher um die Neudefinition dessen, wo wir mit Green Day und unserer Freundschaft eigentlich hinwollen.”

2001 veröffentlicht die Band das Best-of-Album “International Superhits”, wenig später noch die B-Seiten-Sammlung “Shenanigans”. Einige Zeit vergeht, bis Green Day im Frühjahr 2003 wieder bereit sind, mit Langzeitproduzent Rob Cavallo ins Studio zu gehen. Es entstehen zunächst 20 Demos, die zwar roher und punkiger als zuvor klingen, aber nicht ausreizen, zu was das Trio in Sachen Songwriting eigentlich fähig ist. Die Aufnahmen sollen erst unter dem Albumtitel “Cigarettes And Valentines” erscheinen, verschwinden aber von einem Tag auf den anderen. Sie sollen gestohlen worden sein, allerdings bringt die Band The Network, ein ominöses Seitenprojekt von Green Day, im September 2003 das Album “Money Money 2020” heraus. Die Songs klingen leicht wavig und erinnern an das Grundgerüst von “Warning”. Fans vermuten deshalb, dass es sich dabei um das vermeintlich verloren­gegangene Material handelt.

Green Day schlagen derweil einen anderen Weg im Studio ein: Sie denken größer als je zuvor und schreiben hymnische Powerchord-Songs, die sie Stück für Stück zu einem ambitionierten, politisch und gesellschaftlich kritischen Konzeptalbum zusammensetzen: Die Punkrock-Oper “American Idiot” entsteht. “Wir wollten so weit gehen wie irgend möglich mit unseren beschränkten Fähigkeiten. Bis ans Limit. Und das haben wir durchgezogen”, so Dirnt. Das siebte Studioalbum der Band sei “nicht nur kein ‘Warning 2.0’, sondern Green Day mit anderen Mitteln” – was sich auch im Inhalt zeigt. “American Idiot” trifft eine Generation, die nach 9/11 und während des Irakkriegs in politisch aufwühlenden Zeiten aufwächst. Statt noch mal auf unbekümmerte Fun-Hits à la “Longview” und “Basket Case” zu setzen, blicken Green Day auf die politische Lage und erfinden dazu eine zusammenhängende Geschichte um drei Charaktere: Jesus Of Suburbia, sein Alter ego St. Jimmy und ein Mädchen namens Whatsername.

Innere Konflikte

“American Idiot” beleuchtet nach und nach, wie sich die Beziehungen zwischen diesen Figuren verändern – angefangen mit dem provokanten Titelsong, den Armstrong mit den Worten “Don’t wanna be an American idiot/ Don’t want a nation under the new media/ And can you hear the sound of hysteria?/ The subliminal mindfuck America” einleitet. Der Song kritisiert die US-Regierung und das Verhalten der Medien. Er stellt das politische Klima dar, in dem Jesus Of Suburbia aufwächst, greift aber auch seine wütende, ängstliche Gefühlswelt auf. “Wir sehen uns definitiv als Teil der Gesellschaft, nicht als Widerpart”, erklärt Dirnt. “Trotzdem können wir uns über bestimmte Aspekte aufregen, die schief laufen. Die persönliche Ebene zeigt einfach nur, dass wir als Individuen genauso verwirrt und enttäuscht sind wie der kritisch denkende Rest.”

Im neun Minuten langen, nach der Hauptfigur benannten “Jesus Of Suburbia” stellen Green Day den gleichnamigen Hauptcharakter vor. “I’m the son of rage and love, the Jesus of Suburbia”, heißt es gleich zu Beginn des ersten von fünf Akten. Die Figur erlebt einen inneren Konflikt zwischen Liebe und Zerstörung, was sich in der herzförmigen Handgranate auf dem Albumcover widerspiegelt. Green Day greifen auf dem Album immer wieder Konflikte auf, im dritten Akt trifft die wütende Zeile “We are the kids of war and peace” auf den liebevollen vierten Teil “Dearly Beloved” sowie den abschließenden Part “Tales From Another Broken Home”, in dem Jesus sein Zuhause, die “City of the damned” verlässt und in die Großstadt zieht, um sich auf die Suche nach sich selbst zu machen: “I lost my faith to this, this town that don’t exist/ So I run, I run away/ To find what I believe.”

Die Individualität eines jeden Einzelnen steht auf “American Idiot” im Mittelpunkt, wobei Jesus als Identifikationsfigur dient. “Holiday” und “Boulevard Of Broken Dreams” beschreiben seine ersten Tage in der Großstadt, erst voller Energie und von Iggy Pop inspiriert, an­schließend melancholisch und beinahe depressiv. Zudem lassen Green Day es nicht aus, noch mal sehr direkt Kritik an der Bush-Ära und dem Irakkrieg zu üben: “Zieg Heil to the president Gasman/ Bombs away is your punishment/ Pulverize the Eiffel towers/ Who criticize your government.” Ansonsten sprechen sie den Präsidenten und andere Politiker auf dem Album nicht an. “American Idiot” hat keine politische Agenda, sondern fordert vielmehr subtil dazu auf, Dinge zu hinterfragen und sich eine eigene Meinung zu bilden.

Jesus of Suburbia vs. St. Jimmy

Das getragene “Are We The Waiting?” taucht erneut in die Gefühlswelt von Jesus ab und stellt einen Wendepunkt in der Geschichte des Albums dar: Der Charakter fühlt sich hilflos, einsam und beginnt, sich selbst und seine Entscheidung infrage zu stellen: “The rage and love, the story of my life/ The Jesus of suburbia is a lie.” In seiner Nachdenklichkeit entwickelt Jesus eine Identitätsstörung: Er kanalisiert die Wut, die er in sich angestaut hat, in der neuen Identität St. Jimmy. Der gleichnamige Song klingt geradlinig, punkig und wild. Die abgespaltene Persönlichkeit steht für die selbstzerstörerische Seite von Jesus, die nicht davor zurückschreckt, auch mit körperlicher Gewalt gegen die Welt und sich selbst zu rebellieren.

Es wird deutlich, dass Jesus versucht, mit der Tatsache fertig zu werden, dass der Amerikanische Traum eine Lüge ist – was im späteren Verlauf des Albums noch eine wichtige Rolle spielt. St. Jimmy verhält sich egoistisch, narzisstisch und ermutigt Jesus im träumerischen “Give Me Novacaine” dazu, seinen emotionalen Schmerz mit Drogen zu betäuben – bis er das Mädchen namens Whatsername kennenlernt. Sie steht für die Liebe, die St. Jimmy kontrastiert. Im kurzen Punk-Song “She’s A Rebel” wird Jesus’ romantisches Interesse an ihr deutlich, und das spanisch angehauchte “Extraordinary Girl” handelt von ihrem toxischen Verhältnis sowie davon, wie sehr das Mädchen unter Jesus’ Alter Ego leidet: “She’s all alone again/ Wiping the tears from her eyes/ Some days he feels like dying/ She gets so sick of crying.”

Lange hält die Beziehung dann auch nicht: In “Letterbomb” trennt Whatsername sich von Jesus. Sie schreibt ihm einen Brief, der ihm endlich die Augen dafür öffnet, dass St. Jimmy ein selbstzerstörerisches Hirngespinst ist. Die Stimme am Anfang des Songs gehört Bikini Kill-Frontfrau Kathleen Hanna, im Song selbst heißt es: “You’re not the Jesus Of Suburbia/ The St. Jimmy is a figment of your father’s rage and your mother’s love/ Made me the idiot America.” Das anschließende “Wake Me Up When September Ends” wirkt fast wie eine Verschnaufpause, handelt der Song doch von Armstrongs verstorbenem Vater.

Nach Hause kommen

Mit “Homecoming” erreicht die Platte schließlich ihren Höhepunkt. Die unkontrollierte Wut, die St. Jimmy erschaffen und die Jesus seine erste große Liebe gekostet hat, übt langsam, aber sicher keine Macht mehr über ihn aus. Er gewinnt die Kontrolle über sich selbst zurück und zerstört sein Alter ego: “Jimmy died today/ He blew his brains out into the bay/ In the state of mind/ It’s my own private suicide.”

Ein triumphales Ende folgt an dieser Stelle nicht. Stattdessen nimmt Jesus einen langweiligen Job an und erledigt Papierkram. Von einem schöneren Leben kann er nur träumen, zu allem Übel verfolgt ihn Whatsernames Brief weiterhin, und auch seine aufregende Punk-Vergangenheit holt ihn in Form eines weiteren Briefes von einem Freund ein, der ihn für sein neues, nüchternes Leben kritisiert. All das bringt Jesus dazu, seine Vergangenheit und Gegenwart zu akzeptieren. Er beginnt zu verstehen, dass die blinde Wut von St. Jimmy ihn nur ins Verderben gestürzt hat und er Verantwortung für sein eigenes Handeln übernehmen muss. Mit dieser Erkenntnis lässt er die Großstadt hinter sich und kehrt in den Vorort zurück, in dem er aufgewachsen ist.

Musikalisch sind sowohl “Homecoming” als auch “Jesus Of Suburbia” die anspruchsvollsten Songs auf dem Album. Armstrong, Dirnt und Cool haben dafür mehrere kurze Tracks geschrieben und sie dann zusammengesetzt. “Mike kam eines Tages mit diesem 30-Sekunden-Song an, einem ulkigen kleinen Vaudeville-Schnipsel, der wiederum mich dazu inspirierte, Ähnliches zu schreiben”, sagt Armstrong. “Und das entwickelte auf einmal eine Eigendynamik zwischen uns dreien, bis wir plötzlich ‘Homecoming’ in den Händen hielten. Wir spielten uns die Bälle zu, schraubten die Teile aneinander und merkten vor lauter Gaudi gar nicht, wie ernst die Sache inzwischen geworden war.”

Im finalen “Whatsername” denkt Jesus noch einmal an das Mädchen zurück, das ihm so viel bedeutet hat. Er kann sich nicht mehr an ihren Namen erinnern, wobei der komplette Song nach Bedauern und Vergebung klingt. Und so endet das Album auch: Jesus schließt mit seiner Zeit in der Großstadt ab und führt ein eintöniges Leben, weil Green Day kein falsches Bild vom Amerikanischen Traum verkaufen wollen, wie es die Medien tun. “American Idiot” stellt sich gegen die Lüge, dass moralische Anständigkeit, eine gute Ausbildung und harte Arbeit zwangsläufig zum sozialen Aufstieg führen. Das Album distanziert sich von leeren Versprechungen und ermutigt dazu, einen eigenen Weg zu finden.

Das Konzeptwerk ist das erste Album von Green Day, das es in den USA und anderen Ländern an die Spitze der Charts schafft – und es ist musikalisch und inhaltlich bis heute relevant. Nachdem Donald Trump 2016 zum Präsidenten der USA gewählt wird, spielen Radio- und Musikfernsehsender den Titelsong rauf und runter, sodass er zwischenzeitlich wieder in den Charts auftaucht. Aber auch auf persönlicher Ebene könnte “American Idiot” nicht aktueller sein. Aus Interviews zum Album geht immer wieder hervor, dass Green Day den Menschen Mut machen wollen, wählen zu gehen, die Stimme zu erheben. Es geht darum, sich nicht machtlos gegenüber einer Regierung oder sonstigen politischen und gesellschaftlichen Situationen zu fühlen. “Es wäre schon ein Erfolg, wenn die jungen Leute nicht länger Angst davor hätten, sich selbst und ihre Umwelt zu hinter­fragen. Und diese Fragen dann auch öffentlich zu stellen”, sagt Dirnt. “Eine Unter­haltung ist nicht zwingend eine Debatte – aber sobald sie eine wird, gibt es kein Falsch und kein Richtig mehr, sondern nur noch Meinungen. Und die müssen erlaubt sein. So funktioniert Demokratie.”

Gasmaske aus Gucci-Leder

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Ell setzen auf klare Botschaften. Bereits in der Vergangenheit haben sie mit Titeln wie “Mein Körper, meine Entscheidung” ihre Positionen deutlich gemacht. Passend zum von Fridays For Future ausgerufenen globalen Klimastreik am 20. September veröffentlicht das Krach-Pop-Duo nun den Song “Tiefgarage”. Angeprangert werden darin “Yuppies, die SUV fahren”, gegen Demonstranten wettern und allgemein heuchlerisches Verhalten an den Tag legen.

Wie auch schon bei früheren Veröffentlichungen sorgen die stark verzerrte Sludge-Gitarre und die kräftigen Beats dafür, dass “Tiefgarage” nicht nach einer Zwei-Personen-Produktion klingt. Ebenfalls beachtlich: In knapp drei Jahren Bandbestehen haben Ell zwei EPs und einige Singles herausgebracht, “Tiefgarage” ist der fünfzehnte Song des produktiven Duos.

Ell spielen heute noch auf der Klimademonstration in Hamburg, bevor sie Ende November ihre “langweilig”-Tour starten.

Live: Ell

20.09.2024 Hamburg – Klimastreik
06.10.2024 Frankfurt/Main – Nachtleben
18.10.2024 Leipzig – Neues Schauspiel
19.10.2024 Bielefeld – Bunker Ulmenwall
20.11.2024 Hannover -Faust/Mephisto
21.11.2024 Dortmund – subrosa
22.11.2024 Leer – Zollhaus
23.11.2024 Köln – Stereo Wonderland
27.11.2024 Saarbrücken – Studio 30
28.11.2024 Frankfurt/Main – Ponyhof Club
30.11.2024 Würzburg – Kellerperle
01.12.2024 München – Backstage
05.12.2024 Jena – Rosenkeller
06.12.2024 Chemnitz – AJZ Talschok
07.12.2024 Leipzig – Moritzbastei
08.12.2024 Dresden – Ostpol
12.12.2024 Münster – Hot Jazz Club
13.12.2024 Wolfsburg – Sauna-Klub
14.12.2024 Kiel – Die Pumpe
15.12.2024 Hamburg – Nochtwache

»Wie schön du bist«

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Der Musikproduzent DJ Koze hat sich für den neuen Song “Wie schön du bist” einiges an Unterstützung geholt. Im Lied sind auch das Indie-Folk-Duo The Düsseldorf Düsterboys und Arnim Teutoburg-Weiss, besser bekannt als der Frontmann der Beatsteaks, zu hören.

“Wie schön du bist” soll eine Hommage an den ostdeutschen Soul-Sänger und Komponisten Holger Biege sein; die Refrainzeile “Du hast erzählt, gelacht/Mir gezeigt, wie schön du bist” stammt aus seinem Lied “Bleib doch”, das 1978 veröffentlicht wurde. Geschrieben wurde die Zeile von der Textdichterin Ingeburg Branoner.

Biege erlebte den Höhepunkt seiner Popularität in der DDR der 70er Jahre. Nachdem er 1983 unerlaubt nach Westdeutschland übersiedelte, nahm seine Karriere stetig ab. Die frühere Bekanntheit aus Ostdeutschland konnte er nicht erneut finden. 2012 erlitt Biege einen Schlaganfall, und verstarb 2018.

Dieser tragischen Figur zollt das zusammengewürfelte Quartett um DJ Koze mit “Wie schön du bist” ihren Respekt. Die Sänger wechseln sich ab, überlagern ihre Stimmen und verfremden sie in alle Richtungen. Dabei entstanden ist eine Liebeserklärung an den Künstler, im Stil einer souligen HipHop-Ballade.

Allergiefrei

Hallo zusammen, ihr spielt bald eure Show beim Reeperbahn Festival. Wie laufen die Vorbereitungen?

Jordan Cardy: Ich würde sagen, wir sind zu 50 Prozent bereit.

Noah Booth: Na ja, ich würde sagen sechs von zehn Punkten.

Also, lasst uns zuerst ein paar Lücken füllen: Nach dem bislang letzten Album von 2019 wurde es wieder etwas ruhiger um Rat Boy. Dann habt ihr zusammen eine Platte als Lowlife aufgenommen und jetzt seid ihr alle Rat Boy. Wie kam es dazu?

Jordan: Also es war vor allem die Pandemie und dann ist für eine Weile nichts mehr passiert. Die Zeit ist uns davon gelaufen. Letztlich haben wir einfach angefangen, eine neue Platte aufzunehmen. Das Lustige an all den frühen Rat-Boy-Sachen ist ja, dass wir bereits alle zusammen gespielt haben. Jetzt dachten wir, dass es diesmal schön wäre, es offiziell als Band aufzunehmen und alles zusammen zu machen.

War es eure Idee, jetzt auch Rat Boy als Band weiterzuführen? Die Idee zu Lowlife soll ja von Tim Armstrong gekommen sein.

Jordan: Ich glaube, er fand uns als Band schon immer gut, oder? Liam und Harry spielen schon seit ihrer Schulzeit zusammen. Wir waren schon immer eine Art Band, wir haben es nun nur offiziell gemacht.

“Suburbia Calling” hat – nicht nur wegen des Covers – einen explizit britischen Vibe, weil es ganz offenbar von eurer Heimat Essex inspiriert ist. Nehmt uns mal mit: Was macht Essex für euch aus?

Jordan: Es war einfach, darüber zu schreiben. Alle Songs sind ziemlich schnell entstanden. Wir kommen ja alle aus Essex. Es ist also ein sozialer Kommentar zu unserer Heimat. Ich habe nicht versucht, Popsongs zu schreiben, sondern eher etwas, das Geschichten erzählt. Es macht einfach Spaß, über Dinge zu schreiben, die man sieht.

Und diese Figuren, über die du schreibst. Glaubst du, dass sie speziell an Essex gebunden sind?

Harry Todd: Eigentlich gibt es die überall.

Noah: Wirklich? (lacht)

Harry: Einige von ihnen auf jeden Fall.

Noah: Ich schätze schon, ja.

Jordan: Essex ist wirklich klischeehaft.

Ich glaube, das Gleiche gilt für Teile der Reeperbahn. Wart ihr schon mal dort?

Jordan: Ja, wir haben dort 2019 gespielt … oder?

Noah: Ich bin mir sicher, dass wir ein paar Mal in Deutschland gespielt haben.

Liam Haygarth: Wir haben dort eine Posaune gekauft. Daran kann ich mich erinnern.

Noah: War das die Show, die abgesagt wurde? War das die blaue Posaune?

Jordan: Sie hatten blaue Posaunen in dem Musikgeschäft, in dem ich einmal geübt habe. Die Posaune wurde am Ende nicht viel benutzt. Wir haben aus den Posaunen aber so etwas wie einen Flammenwerfer gemacht: Man muss nur Haarspray hinein sprühen, anzünden und reinpusten. Das war gut.

Können wir etwas Ähnliches für eure Show in Hamburg erwarten?

Harry: Vielleicht noch eine Posaune. Vielleicht eine Flöte. Vielleicht etwas Deutsches.

Noah: Was?

Jordan: Ich weiß gar nicht, was ich von der Show erwarten soll, um ehrlich zu sein. Wir werden versuchen, es so lebendig wie möglich zu gestalten. Im Grunde ist es ein 50-Minuten-Set, aber wir werden versuchen, unser Equipment vorher zu zerstören. So ab der Hälfte.

Liam: Nein, dann kommt ein Schlagzeugsolo.

Noah: 20 Minuten Schlagzeugsolo.

Harry: Und wir setzen auch die Bläser ein.

Noah: Und Pyrotechnik!

Harry: Klarer Fall!

Ihr spielt also in einer ziemlich berüchtigten Gegend in Deutschland. Ich hatte das Gefühl, dass einige eurer neuen Songs auch dort funktionieren würden. Zum Beispiel “Badman”. Worum geht es darin?

Jordan: (überlegt) Also es geht irgendwie um einen Drogendealer. Er macht immer die gleichen Dinge falsch und irgendwann holt es ihn ein. Aber wir singen es auf eine wirklich sarkastische, fröhliche Art und Weise. Der Text wird allerdings sehr deprimierend. Deshalb wollten wir auch ein traurigeres Musikvideo machen.

Ich kann mir eure neuen Songs auch als Soundtracks zu Filmen von Guy Ritchie vorstellen. In welcher Art von Film würdet ihr eure Songs gerne hören?

Jordan: Wir beziehen uns in unseren Musikvideos oft auf Guy Ritchie. Wir versuchen immer, eine billige Version von ihm zu sein. Wir haben eines der Videos vor einiger Zeit in einem Juweliergeschäft in Essex gedreht. Wir haben alles in Essex gedreht, aber für die Aufnahmen des Albums sind wir nach London gefahren.

Noah: Das hat mir nicht gefallen. (lacht)

Nachdem ihr euch mit eurer Zusammenarbeit mit Tim Armstrong wahrscheinlich einen Kindheitstraum erfüllt habt, habt ihr wieder mit Stephen Street zusammengearbeitet. Wolltet ihr einen Produzenten aus der Region oder woher kam die Entscheidung? Tim kennt sich schließlich gut mit Ska aus.

Jordan: Wir haben schon 2016 mit Stephen gearbeitet. Wir kannten ihn also schon und er war sehr geduldig mit uns. Offensichtlich sind wir jetzt sehr viel reifer … (lacht)

Noah: Aber das muss damals doch schon furchtbar für ihn gewesen sein mit uns.

Jordan: Vieles, an dem er bereits gearbeitet hat, war eine Inspiration für diese Platte: Blur, Kaiser Chiefs, The Smiths. Vieles von dem, was wir hören, hat er gemacht. Um diesen Sound zu bekommen, war es einfach sinnvoll, ihn mit einzubeziehen. Das ist auch gut so, denn die Songs waren hauptsächlich Schlafzimmer-Demos und Live-Aufnahmen, die wir im Studio gemacht haben. Wir hatten viele Stunden Material. Er ist aber ein wirklich geduldiger Mensch. Er hat sich alles angeschaut und einen Sinn darin gefunden. Ich glaube nicht, dass wir es ohne ihn fertiggestellt hätten. Wir hätten uns einfach ablenken lassen und andere Sachen angefangen, anstatt uns der Sache zu stellen und sie zu beenden. Das war schon immer ein Problem. Darum gibt es auch erst drei Alben. Es gibt jede Menge Ideen, aber wir müssen erst einige Sachen fertigstellen, bevor wir anfangen, uns andere Sachen anzuhören.

Glaubt ihr, dass ihr generell so eine geduldige Person um euch herum braucht?

Harry und Noah: Ja!

Jordan: Einfach geduldige Leute im Allgemeinen. Nicht nur einen Produzenten. (lacht) Ich habe auf jeden Fall versucht, am Ende eine Menge zu ändern. Was irgendwie nervig ist. Aber er hat dafür gesorgt, dass es sich gut anhört.

Ihr hattet vor einer Weile einen Instagram-Post, in dem ihr offenbar Ärger bekommen habt, weil ihr nicht genug Social-Media-Inhalte filmt. Was war da los?

Jordan: Naja, wir müssen einfach mehr Inhalte machen. Als wir vor etwa zehn Jahren mit der Band angefangen haben, haben wir nur Instagram gemacht und jetzt habe ich das Gefühl, dass es eine andere Welt ist, wie die Leute Musik promoten. Ich glaube, wir haben damals immer herumgespielt. Es gab nie ein Treffen, um darüber zu sprechen, dass etwas viral wird oder so. Wir gingen auf ein Festival, nahmen unsere Skateboards mit oder gingen etwas trinken und filmten alles. Wir haben alles gefilmt. Es gibt ein Video von Noah, das etwa 2 Millionen Aufrufe hat, in dem er über ein paar Stühle fällt. So etwas kann man nicht planen. Damals war es einfacher. Ich denke, es wird viel einfacher werden, wenn wir anfangen, mehr zu touren. Denn wenn man in einem Raum sitzt und sich denkt: „Genau, das müssen wir heute machen“, dann funktioniert das nicht.

Noah: Es ist auch nicht so einfach, vor der Kamera zu sprechen.

Jordan: Ja, wir sind ziemlich unbeholfen in solchen Dingen.

Harry: Irgendwie komisch …

Jordan: Ja, es ist schwer. Wir spielen einen Gig und versuchen, zwischen den Songs zu reden. Es ist einfach, die Songs zu spielen, aber mit Leuten zu reden, die einen anstarren, ist wie „Eh, ich muss mal raus. Danke schön!“

Ein Showcase-Publikum wie beim Reeperbahn Festival kann ja auch immer etwas schwierig sein.

Jordan: Du versuchst uns jetzt Angst zu machen. (lacht) Aber wir haben dort schon gespielt, glaube ich…

Noah: Wie auch immer, er hat keine Erdnussallergie!

Ok, gut zu wissen!

Jordan: Ich habe kürzlich herausgefunden, dass ich keine Erdnussallergie habe, nachdem ich 28 Jahre lang dachte, ich hätte eine.

Und was ist mit Shrimps? Das geht oft Hand in Hand, hörte ich.

Jordan: Nein, ich habe vorhin sogar noch ein paar Krabben gegessen. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich gegen nichts allergisch bin. Und ich kann jetzt wieder in Flugzeuge einsteigen!

Du hattest also Angst vorm Fliegen?

Jordan: Nein, nur für den Fall, dass es im Flugzeug Erdnüsse gibt – oder im Touring-Van. Damals war ich eine kleine Zicke, um ehrlich zu sein.

Harry: Er hat verdammt noch mal gelogen.

Jordan: Ich war kein Lügner. (lacht)

Harry: Ich wusste es die ganze Zeit schon.


Verstehe, aber woher kamen denn jetzt die starken Specials- und Ska-Einflüsse auf dem Album?

Jordan: Ich glaube, das war schon immer da. Sogar auf dem ersten Mixtape gab es einen richtigen Ska-Song. Ska war unser erster Einfluss. Vor allem The Specials. Aber wir haben immer versucht, die Genres ein bisschen zu vermischen. Es war immer wie ein Potpourri aus verschiedenen Ideen, aber wenn man die Sachen auf die Zeit zurückführt, in der wir als Band spielten, dann ist es einfach Indie oder Ska.

Noah: Die Ska-Basslinien waren immer da.

Jordan: Ja, die Basslines. Es gibt ein Mixtape mit dem Namen “Neighbourhood Watch”, das ist in meiner Soundcloud, wo das drauf ist.

Noah: Welche Songs sind da nochmal drauf?

Jordan: “Knock Knock” und “Fake ID”. “Fake ID” ist eigentlich ein sehr gutes Beispiel dafür.

Noah: Stimmt!

Jordan: Es hat ein Mr. Symarip-Sample von “Skinhead Moonstomp”.

Also Ska war schon immer ein Thema bei euch, aber dieses Mal ist es noch viel direkter.

Noah: Wir sind einfach mit Ska aufgewachsen.

Jordan: Ja, dafür wird die nächste Platte vielleicht gar kein Ska. Nein, das war nur ein Scherz! (lacht) Vieles von dem neuen Zeug ist eigentlich genau so. Sogar noch viel stärker im Ska verwurzelt.

Welche Rolle spielt denn eigentlich Tim Armstrong für dich als Einfluss?

Jordan: Er macht immer irgendetwas. Er hat mit den Transplants ein HipHop-Projekt, er hat Rancid, er hat eine Ska-Band. Wenn er etwas machen will, dann macht er es einfach. Diese ganze Mentalität ist eine ganz große Inspiration für mich.

Können wir noch einmal einen Blick zurück werfen? Hätte sich der junge Rat Boy hinter dem Pub-Tresen im Weatherspoons jemals eine solche Karriere vorstellen können?

Jordan: Ich durfte nicht hinter den Tresen. Ich habe immer wieder gefragt, aber man hat mich einfach in die Küche geschickt. Ich glaube, ich war zu seltsam. Zu unbeholfen.

Und die anderen Jungs?

Harry: Ich habe hinter der Theke gearbeitet!

Jordan: Das wusste ich gar nicht! Aber ja, ich glaube nicht, dass wir jemals damit gerechnet haben, dass wir Gigs spielen würden. Vor allem als wir das Mixtape gemacht haben und sechs Monate lang nichts passierte. Es fühlt sich so an wie: “Oh, das hat Spaß gemacht und das war’s dann.” Aber dann hat sich das plötzlich alles geändert und die Leute haben angefangen, sich für uns zu interessieren. Wir haben also nie damit gerechnet, Konzerte zu spielen. Ursprünglich. Tatsächlich auf Tour zu gehen und Konzerte zu spielen, war ein bisschen überraschend am Ende.

“Suburbia Calling” erscheint am 4. Oktober über Hellcat.

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