Abe Brennan (Gitarre)
Man kann eine Geschichte auf verschiedene Arten erzählen und die Texte dieser beiden Songs vermitteln das Gefühl, dass die Welt gerade ins Wanken geraten ist – mit dem Unterschied, dass der eine Song eine klare, schreckliche, unaufhaltsame Geschichte erzählt, während der andere eher ein nebulöses, ursprüngliches Grauen heraufbeschwört. Man könnte sagen, dass der eine moderne und der andere postmoderne Züge hat, was die Ästhetik angeht. Allerdings würde man sich dann wie so ein Arschloch anhören. Mist. Zu spät.
01. Scratch Acid – “Mary Had A Little Drug Problem”
“Mary Had A Little Drug Problem” von Scratch Acid beweist, dass selbst furchterregende Songs lustige Titel haben können – und dass Texte nicht unbedingt Sinn ergeben müssen, um unter die Haut zu gehen. Wovon auch immer David Yow singt: Er ist unerbittlich, und die Sache wird nicht gut ausgehen. Die raue Produktion, die makabre Gesangsmelodie und die wütende Instrumentierung setzen ein Ausrufezeichen.
02. Hüsker Dü – “Diane”
“Diane” von Hüsker Dü ist, was den Text angeht, nicht zweideutig. Der träge Bass und das Schlagzeug, die klagenden Gesangs- und Gitarrenmelodien und die gruselig eingesprochenen Zeilen vermitteln eine Geschichte, die unbehaglich beginnt, sich verschlimmert und selbstverständlich in einem Mord endet.
Shane Zwegardt (Drums)
03. Deerhoof – “Milk Man”
Ich liebe Deerhoof über alles. Diese Band macht mir immer wieder klar, dass es in der Musik, der Kreativität und der Kunst keine Regeln gibt. Sie verkörpern dieses “Mach was immer du willst und kümmere dich nicht um die Meinung der anderen”. Niemand sonst klingt wie Deerhoof. Sie sind eine der großartigsten Bands aller Zeiten. Sie haben mich inspiriert – vor allem als ich erfahren habe, dass sie die meisten ihrer Alben selbst aufnehmen und produzieren. Sie lassen so viel lustiges Zeug aus der Produktion in diesen einen Song mit einfließen, der verdammt nochmal eingängig ist. Außerdem sind sie eine der besten Live-Bands in der Geschichte von Zeit, Raum und Spaß.
04. Saul Williams – “Coded Language”
Ich habe Saul Williams 2002 als Vorgruppe von The Mars Volta gesehen und das hat mein Leben für immer verändert. Ich hatte noch nie erlebt, dass ein Poet die Show einer Rockband eröffnet hat, und es war wahrscheinlich eine der coolsten Show-Paarungen, die ich je erlebt habe. Ich werde nie vergessen, wie er “Coded Language” vorgetragen hat. Als er sein scroll fallengelaßen und “In the name of…” gesagt hat, war die ganze Menge wie elektrisiert, alle hielten die Klappe und hörten zu und waren einfach im Moment. Es hat mich daran erinnert, dass das gesprochene Wort mächtiger sein kann als jede Snare-Drum oder verzerrte Gitarre, die durch einen Verstärker dröhnt. Es ist das ehrlichste Instrument, das wir alle haben. “Motherfuckers better realize, now is the time to self-actualize.” Das ist so ein großartiger, zeitloser Satz!
Josh Rivera (Gitarre)
05. Supporting Caste – “Propagandhi”
Propagandhi, so eine tolle Band. Sie sind eine absolute Inspiration für mich – was die Zusammenführung von Punkrock und Metal angeht, wie man eine große Bandbreite an Dynamik nutzt, eingängig bleibt und trotzdem an seine Grenzen geht und interessante und unterhaltsame Musik schreibt. Ich könnte ewig so weitermachen. Dieses Album war für meine eigene Reise als Musiker und Songwriter essenziell. Außerdem hat Chris immer etwas zu sagen und regt einen damit zum Nachdenken an. Vor allem dieser Song, der – so habe ich ihn zumindest verstanden – davon handelt, dass wir als Individuen vielleicht nicht die Kontrolle über alles haben, wir sind in vielerlei Hinsicht nur ein Rädchen im Getriebe, wenn man so will… aber was wir kontrollieren können, ist unser eigenes Leben, wie wir auf Dinge reagieren, wie wir uns entscheiden zu leben, und letztendlich müssen wir die Zügel in die Hand nehmen. Das ist alles, was wir eigentlich haben.
06. AFI – “The Boy Who Destroyed the World”
Ich habe AFI entdeckt, als ich in meinem ersten Jahr an der Highschool war. Ich war sofort besessen davon. Ich habe diesen Song stundenlang auf Repeat gehört, während ich “Tony Hawk Pro Skater 3” gespielt habe, haha. Erst einige Zeit später habe ich dann endlich einige ihrer CDs (ich wuchs in so einem kleinen Bergdorf auf und der nächste Plattenladen war in einer anderen Stadt, die wir nur an bestimmten Wochenenden besuchen konnten). Wegen dieses Liedes und AFI habe ich damit angefangen, Gitarre zu spielen und eigene Songs zu schreiben.
Lee Tesche (Bass)
07. James Chance & The Contortions – “Contort Yourself”
Das sind zwei posthume Songs, die eine Hommage sind. An absolute Pioniere, die meine musikalische Erziehung beeinflusst haben. “Contort Yourself” hat meine Vorstellung von Musik verändert. Die rohe, frenetische Energie der Basslinie. Das Gitarrenspiel von Pat Place. Das Saxophon klang nie cooler. Disco und Funk waren plötzlich wirklich inspirierende Berührungspunkte, wenn sie mit No-Wave-Punk-Theatralik gekreuzt wurden. Lang lebe James Chance.
08. The Pop Group – “She Is Beyond Good and Evil”
Etwa zur gleichen Zeit, als ich James Chance zum ersten Mal hörte, bin ich auch auf The Pop Group aufmerksam geworden. Es war spannend, mir eine britische Band anzuhören, die zur gleichen Zeit Musik gemacht und ebenfalls die Free-Jazz-Disco-Touchpoints aufgriffen hat, aber mit einem stärkeren Dub-Einfluss. Mark Stewart wurde schließlich zu einem guten Freund, und durch seinen frühen Tod im letzten Jahr ist die Musikwelt zu einem Ort geworden, der weniger weird ist. Er war einer der großen Frontmänner des Post-Punks und der Musik. Damit hat er meine Herangehensweise an den Sound verändert.
Gregg Deal (Gesang)
09. Rollins Band – “Disconnect”
Als Teenager, der fast täglich mit Rassismus zu kämpfen hatte und sich in der Musik und im Skateboarding wiederfand, gab es keinen Song, der mein eigenes Gefühl der Entfremdung besser ausdrückte als dieser. Das erste Album der Rollins Band, “End Of Silence”, hat mein Leben verändert, aber diese Veröffentlichung von 1994 und das dazugehörige Video waren alles für mich. Die Texte, die Riffs, die allgemeine Stimmung: das war es einfach. Seither ist das für mich der Standard, dem ich in der Musik, die ich liebe, folge. Die Rollins Band waren, was die Texte angeht, definitiv eine Inspiration für mich – um nicht zu sagen der absolute Einfluss, was mein Sprechgesang und Dead Pioneers angeht.
10. Public Enemy – “Welcome To The Terrordome”
Eine Band wie Public Enemy war zwar insgesamt eine transformative Gruppe, aber die Performance und die Texte haben mich bewegt. Die unverblümte Stimme von Chuck D hat mein Leben verändert. Ich war zwar ein Punkrock-Kind, aber HipHop und Rap waren für mich etwas völlig anderes. Es war der Moment, in dem ich gemerkt habe: Die sehen mir ähnliche, als die weißen Typen, von denen ich umgeben war. Ich habe Dinge gehört, die für mich als indigenes Kind von Bedeutung waren. Natürlich habe ich keine Schwarzen Erfahrungen gemacht, aber es gab gemeinsame Erfahrungen. Und die haben mir sehr viel bedeutet. Die Vorstellung, dass ich einfach ich selbst sein konnte und die Ungerechtigkeiten, die ich in meinem Leben und im Fernsehen sah, laut aussprechen konnte, das war ergreifend. Mein erstes richtiges Konzert war Public Enemy in Salt Lake City, Utah, mit meinem besten Freund Coleman. Zu sehen, wie die S1W’s ohne Zögern, militarisiert und mit versteinerter Miene herauskamen, wie Flava Flav mit Terminator X an den Turntables herumfuchtelte und die unvergessliche Stimme von Chuck D jeden meiner Gedanken und Gefühle in den frühen 1990er Jahren bestätigte. “Welcome To The Terrordome” ist mein Favorit, weil die Geschichte darin und die mutige Umsetzung so poetisch sind. Es bedeutet mir alles und selbst jetzt, nach all den Jahren, kenne ich noch jedes Wort auswendig.
Dead Pioneers veröffentlichen am 16. August ihr Debütalbum über Hassle auf Vinyl. Das Album kann noch vorbestellt werden.