Hallo Andrej, wie laufen die Vorbereitungen?
Andrej Sevšek: Alles läuft glatt. Wir sind seit fast 15 Jahren an dieser Location, daher gibt es wenig Überraschungen. Wenn das Wetter mitspielt und wir keine Überschwemmungen wie im letzten Jahr haben, wird alles perfekt.
Wegen der Überschwemmungen hattet ihr Schwierigkeiten, die Leute auf den Campingplatz zu lassen, richtig?
Ja, letztes Jahr stand der Campingplatz etwa einen Meter unter Wasser. Vor zwei Jahren gab es Waldbrände in der Nähe. Die Bedingungen waren also zwei Jahre lang ungünstig. Letztes Jahr konnten die Leute die ersten drei Tage nicht im Fluss schwimmen und mussten später anreisen. Das hat die Ticketverkäufe beeinträchtigt. Normalerweise sind wir immer im Vorjahr schon ausverkauft.
Vor ein paar Tagen waren allerdings noch 100 Tickets verfügbar.
Also, das Festival wird ziemlich sicher ausverkauft sein. Aber vor Corona waren wir immer sehr schnell ausverkauft. Dann gab es drei Jahre Covid, in denen wir das Festival nicht richtig bewerben konnten. Das Punk Rock Holiday ist ein Festival für 5000 Leute, davon etwa 3500 Stammgäste. Jedes Jahr müssen wir 1500 bis 2000 neue Leute überzeugen. Unser Publikum wird älter, Tageskarten könnten helfen, aber wir bieten bis jetzt nur Wochentickets an, um die Festival-Atmosphäre zu bewahren. Es wird letztlich auch immer schwieriger, weil die Produktionskosten und damit verbunden die Ticketpreise immer weiter steigen.
Eine andere Sache, die euer Festival von anderen abhebt, ist, dass es unter der Woche und nicht am Wochenende stattfindet.
Der Grund, warum das Punk Rock Holiday von Montag bis Freitag stattfindet, ist, dass wir hier in Tolmin so weit von den großen Städten und der großen Festivalszene entfernt sind, dass wir es uns nicht leisten können, mit deutschen oder anderen großen Festivals zu konkurrieren, die dieselben Künstler:innen für die Wochenenden buchen. Am Montag gibt es viel weniger Konkurrenz, deshalb ist es wesentlich günstiger an größere Bands zu kommen und die Künstler:innen freuen sich auch, dass sie weitere Festival-Shows spielen können. Wir wollen eine ganze Woche Festival anbieten, damit es sich wie ein Urlaub anfühlt. Es geht nicht nur um das Line-up, sondern auch um das Drumherum wie den Wald und den Fluss, das Begleitprogramm.
Und was macht das Festival für dich persönlich so besonders?
Wir wollten von Anfang an ein Festival machen, das Spaß macht und das wir gerne selbst besuchen würden. Andere Festivals sind oft monoton, mit vielen Regeln. Wir kommunizieren viel mit den Bands und dem Publikum und versuchen, ihre Ideen umzusetzen. Es gibt kaum Regeln, nur die, kein Arschloch zu sein. Wenn man den Leuten mehr Freiräume lässt, macht das jeden zu einem besseren Menschen. Es fühlt sich wie eine Familienfeier an, und innerhalb der Crew gibt es flache Hierarchien. Ich war nie so etwas wie ein Chef für jemanden.
Habt ihr trotz der wenigen Regeln auch ein Awareness-Konzept?
Tatsächlich haben wir dieses Jahr zum ersten Mal eine erfahrene, externe Awareness-Gruppe namens Rejv Utopia eingeladen. Wir haben letztes Jahr erst erfahren, dass es sie gibt und normalerweise gehen sie auch nicht auf mehrtägige Punk-Festivals, sondern auf Raves, aber wir konnten sie überzeugen dieses Jahr zu uns zu kommen und unser Awareness-Konzept zu unterstützen. Wir wollen ja auch, dass alles sicher abläuft. Sie kommen also dieses Jahr und werden Schulungen mit allen Mitarbeiter:innen abhalten, wie man in bestimmten Situationen reagiert und so weiter. Und sie werden auch für die Besuchenden selbst da sein, wenn sie sich unsicher oder unwohl in irgendeiner Situation fühlen.
Du bist ja nicht nur Organisator, sondern auch Booker. Was ist dein Ansatz beim Booking?
Natürlich geht es auch um persönliche Präferenzen, aber jedes Jahr fragen wir auch das Publikum, welche Bands sie sich wünschen. Unser Profil hat einen Schwerpunkt auf diesem 90s-Vibe und kalifornischen Skate Punk. Mittlerweile kommen auch viele Bands einfach auf uns zu, weil sie von uns gehört haben und unbedingt mal bei uns spielen wollen. Aber eine wichtige Sache für das Punk Rock Holiday ist natürlich auch, dass es hier keine Barrikaden gibt. Es gab auch schon Bands, die wir ablehnen mussten, weil sie nur mit Barrikade spielen wollen. Und nach 16 Jahren haben wir uns mit den meisten der Bands angefreundet, die hier gespielt haben. Sie wollen zurückkommen und wir wollen sie auch wieder sehen.
Verfolgt ihr einen Plan, wie viele kleine Bands ihr bucht oder wie viele Bands mit Frauenbeteiligung?
Ja natürlich! Wir machen uns für alles einen genauen Plan, aber wie es dann wirklich wird, ist etwas anderes. Das Festival findet im August statt. Da ist die Hauptsaison für Festivals schon fast wieder vorbei. Auch Clubshows im August sind schwer zu bekommen. Die Bands haben also Schwierigkeiten, ihre Tour mit unserem Festival vernünftig zu verbinden. Ich meine damit, besonders kleine Bands mussten ihre Touren wieder canceln, weil sie es sich nicht leisten konnten auf Tour zu gehen. Wir alle wissen, dass die Repräsentation von Frauen in Bands sehr wichtig ist. Wir tun wirklich unser Bestes, um sie auf unseren Bühnen zu präsentieren. Aber es gilt: Wir können nur die Bands buchen, die im August auf Tour sind.
Was sind deine Highlights in diesem Jahr? Gibt es eine Band, bei der du jetzt schon weißt, dass du beim Konzert stagediven wirst?
Ich stagedive eigentlich jedes Jahr, aber als Organisator ist das schwer zu planen. Ich versuche, alle Bands zu sehen, aber man weiß nie, wo man in den nächsten fünf Minuten sein muss. Unser Line-up ist wirklich gut. Besonders spannend wird es bei Bands, die zum ersten Mal hier spielen. Besonders bei Bands wie Rise Against, die sonst nie ohne Barrikade spielen. Die Warm-up am Montag ist immer ein Test. Wenn alles glattläuft, wird es eine super Woche und man will keine Minute verpassen.
Und wo siehst du die Zukunft des Festivals?
Das größte Problem ist der Standort. Wir haben ihn bis 2027 gesichert, aber 2026 gibt es eine neue Vergabe. Vielleicht wird ein neuer Bürgermeister gewählt, der uns nicht weitermachen lässt. Das Festival könnte kleiner werden, vielleicht 3000 Leute. Vielleicht machen wir etwas Ähnliches wie das Punkrock-Camp 2021. Ich hoffe, wir können so lange wie möglich weitermachen.
Und wie steht es um deine Rolle als Organisator?
Wenn ich irgendwann erschöpft sein sollte, können jüngere Personen meinen Platz einnehmen. Immer mehr junge Leute kommen ins Team. Ich kann mich dann irgendwann vielleicht zurückziehen und sie können weitermachen. Ich hoffe auch, dass neue Bands die Tradition der Szene weiterführen. Ich bin zuversichtlich, dass Punkrock und die Szene weiterleben.
Das Punk Rock Holiday findet vom 6. – 9. August statt. Tickets gibt es für die diesjährige Ausgabe keine mehr. Alle Infos zum Festival findet ihr auf der Webseite des Punk Rock Holiday.