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Deafheaven im Interview zum Jubiläum von "Sunbather"

Deafheaven im Interview

Jung, frustriert und unausgeglichen
Zehn Jahre ist es her, dass Deafheaven mit ihrem zweiten Album “Sunbather” die Genremauern rund um Black Metal eingerissen haben, um Post-Rock, Shoegaze und warme Melancholie hereinzulassen. “Sunbather” harmoniert mit Gegensätzen, hat für nachfolgende Bands und auch für Deafheaven viel verändert, wie Frontmann George Clarke erzählt.
Deafheaven (Foto: George Clarke)
Deafheaven (Foto: George Clarke)

George, hörst du dir die Alben deiner eigenen Bands regelmäßig an?

George Clarke: Wenn wir ein Album gerade fertiggestellt haben, höre ich es tatsächlich fast täglich, etwa einen Monat lang und danach nie wieder. Weil wir viel touren, werde ich auf der Bühne natürlich häufig an die Songs erinnert.

Erinnerst du dich noch an die Zeit vor etwa zehn Jahren, als du “Sunbather” exzessiv gehört hast?

Ja, ich habe eine sehr deutliche Erinnerung daran, wie ich im Bett lag und das finale Master am Laufen hatte.

Was hast du damals gedacht?

Ich war sehr aufgeregt, weil wir das Album zu diesem Zeitpunkt noch niemandem gezeigt hatten. Es ist also eine Mischung aus persönlicher Aufregung und Nervosität in der Erwartung, dass jemand anderes das Album hören wird. Man fragt sich, was derjenige wohl darüber denken wird. Ich versuche mich dann immer in die Lage von jemandem zu versetzen, der die Songs zum ersten Mal anschmeißt.

Hattest du damals schon eine Ahnung, dass ihr mit diesem Album etwas Besonderes und Neues geschaffen hattet?

Wir hatten schon das Gefühl, etwas Eigenes geschaffen zu haben, das nicht zu sehr nach unseren Einflüssen klang. Wir waren zum ersten Mal in der Lage, unseren eigenen Stil zu verfeinern. Aber darüber hinaus gab es keinen Gedanken, dass wir etwas Besonderes geschaffen hätten, obwohl wir mit dem, was wir gemacht hatten, sehr zufrieden waren.

Wie hat es sich angefühlt, das Album vor kurzer Zeit im Rahmen des Remasterings wieder zu hören? Wie lang ist das her?

Das war am Anfang des Frühlings. Es war spannend, die Remix-Version zu hören; zu erkennen, dass sie näher an dem Klang unserer heutigen Platten liegt. Für mich fühlte es sich so an, als würde man der Platte ein Facelift verpassen. Deshalb habe ich nicht unbedingt auf die emotionale Komponente geachtet.

Und wenn du jetzt an die Zeit damals zurückdenkst?

Es ist schön, über diese Zeit nachzudenken, nicht unbedingt über die Aufnahmen, die waren auch stressig. Aber nach der Veröffentlichung durften wir wunderbare Tourneen spielen und es ergaben sich einige neue Gelegenheiten. Wir sind außerdem als Band und als Freunde gewachsen – das war sehr schön. Wenn ich heute daran denke, denke ich vor allem an diese Aspekte und weniger an die emotionale Komponente. Es ist in gewisser Weise aber auch lustig, die Texte zu hören und darüber nachzudenken, wie es war, ein junger, frustrierter und unausgeglichener Mensch zu sein.

Du warst damals noch ziemlich jung, als du diese Texte geschrieben hast.

Ja, ich war um die 23 Jahre alt, als wir das Album aufgenommen haben. In meinen Texten geht es um das Wollen und das Vorankommen. Über das Nachdenken, warum das eigene Leben so ist, wie es ist, und über die Entscheidungen, die man getroffen hat, um dorthin zu gelangen. Und auch um die Vorstellung, dass man mehr will, dass einem Dinge ungerecht erscheinen und man sich ziemlich verloren fühlt. Das ist das überwältigende Gefühl des Albums, das zugleich der Versuch ist, dieses Gefühl zu erforschen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Kannst du uns noch mal mit in die Zeit zurücknehmen, als du mit Kerry McCoy in San Francisco gelebt hast?

Wir haben damals alles andere in unserem Leben für die Band geopfert. Wir hatten kein Geld, weil es schwierig war, seinen Job zu behalten, wenn man so viel Zeit in die Band steckt. Wir teilten uns ein Wohnzimmer und schliefen beide auf dem Boden. In den ersten vier Jahren der Band haben wir immer auf Böden oder Sofas geschlafen. Man reist um die Welt und macht eindrucksvolle Erfahrungen, kommt dann nach Hause und hat nicht wirklich etwas. Und dann befeuerst du diese verwirrte Leere oder diese Depression, die durch Drogen und Alkohol entsteht, auch noch. Vieles davon hatte mit einer verschwenderischen Herangehensweise zu tun. Unser Leben war im Großen und Ganzen aber gut und sorglos, trotzdem habe ich mich in ruhigeren Momenten gefragt, wofür man das alles macht.

Letztlich hat diese bedingungslose Aufopferung und auch euer Außenseitertum viel dazu beigetragen, dass “Sunbather” das ist, was es nun mal ist.

Absolut. Das Album würde sicher nicht so klingen, wie es klingt, wenn wir diesen Stress nicht gehabt hätten.

Wie nah bist du heute noch am lyrischen Ich der Sunbather-Songs?

Deafheaven waren schon immer eine Art Kessel für persönliche Erlebnisse, die Texte sind immer persönlich. In den zehn Jahren nach “Sunbather” war alles, was wir gemacht haben, ebenso persönlich und aufrichtig. Es ist trotzdem anders: Meine Standpunkte, Situationen und Erfahrungen reifen, aber die Essenz der Band wird immer gleichbleiben. Die Band ist ein Vehikel für Gefühle und für emotionale Songtexte.

Im kommenden Jahr werdet ihr an einem neuen Album arbeiten, kannst du uns dazu schon etwas verraten?

Nur ein bisschen, denn wir befinden uns noch in einem frühen Stadium. Es wird auf jeden Fall sehr schnelle und sehr heftige Parts geben, so viel kann ich sagen.
Ich bin selbst gespannt, wohin es uns führen wird.

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