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Lieblingsplatte Festival: Smoke Blow im Interview zu "German Angst"

Smoke Blow im Interview

“Es geht uns nur um den Spaß”
Die Kieler Hardcore-Legende Smoke Blow buchstabiert Ruhestand auf eigene Weise. Ihre “Final Hands”-Shows sind regelmäßig ausverkauft, mit “Demolition Room II” gibt es ein neues Album, zudem wird ihnen eine ganz besondere Konzert-Ehre zuteil – entsprechend gut aufgelegt ist Sänger Jack Letten im Interview.
Smoke Blow (Foto: Frank Peter)
Smoke Blow (Foto: Frank Peter)

Jack, ihr seid mit “German Angst” beim Lieblingsplatte-Festival in Düsseldorf dabei, ein ziemlicher Ritterschlag, oder?

Für mich war es ein großer Traum, einen Klassiker im Gepäck zu haben. Ich habe mich schon immer für die Meisterwerke relevanter Bands interessiert. Über die Dramaturgie, die Hitdichte, das Artwork solcher Meilensteine der Rockgeschichte könnte ich permanent schwadronieren. [lacht]

Was macht das Album so besonders?

Wir haben es geschafft, unsere vielfältigen musikalischen Einflüsse zu bündeln und in organische Songstrukturen zu übertragen, die Songs hauen direkt rein. Wie mit einer Abrissbirne wird alles in Grund und Boden gewalzt, soundmäßig durchweg im roten Bereich. Die Sessions bei Guido Lucas und Thilo Schenk im Blubox-Studio in Troisdorf waren Gold wert. Es passte einfach. Wir geben jetzt alles rein und hauen einen Klassiker raus, das war unser Ziel.

Wie ging es Smoke Blow im Entstehungsjahr 2003?

Wir waren heiß, hatten ständig Bock zu spielen und wollten überall Schutt und Asche hinterlassen. [lacht] Das gab auch mal Stress, weil unsere Art natürlich nicht bei jedem gut ankam, aber drauf geschissen. Wir brannten für die Sache und haben das konsequent gelebt.

Mit Noisolution fand sich nach drei Alben ein neues Label, hatte sich die Band nach euren Vorstellungen entwickelt?

Uns war es immer wichtig, ohne Rücksicht auf Verluste durchzuziehen. Alles war der Band untergeordnet, und wir hatten Erfolg. Da gab es eine Art Kultstatus, den wir erreicht hatten. Wir waren sehr zufrieden mit unserer Situation. Arne von Noisolution war Fan, der hat sich richtig reingehängt und wollte uns unbedingt herausbringen. Das hat uns beeindruckt, zudem war sein Labelprogramm sehr cool. Es passte einfach.

MC Straßenköter erweiterte das Line-up.

Unser größter musikalischer Nenner war wohl New York Hardcore, ohne das am Anfang in unsere Musik zu integrieren. Jetzt wollten wir diese Karte ausspielen und unseren Style damit abrunden. Mit dem MC als Sahnehäubchen konnten wir dem Sound eine klassische Hardcore-Note verpassen, er war das berühmte fehlende Puzzleteil. Außerdem waren wir mit ihm endlich eine gutaussehende Band.

Wie liefen die Aufnahmen?

Wer die Blubox kennt, weiß Bescheid: Es wurde hart gesoffen und gedrogt, wenig geschlafen. Rauhe Ansagen, Blödsinn und Exzesse, das war die Arbeitsatmosphäre. Die Songs waren brutal, wir haben uns nicht geschont, alles musste authentisch rüberkommen. Am Abend unserer Abreise gab es einen heftigen Eisregen, es wurde schweineglatt. Wir sind trotzdem Richtung Kiel durchgeknallt, das war lebensgefährlich. Ein Wunder, dass nichts passiert ist! Im Kieler Heimstudio mussten wir nachsitzen, auf Länge hatte das Material noch nicht die Qualität, die wir uns wünschten. Unter der Federführung von Ulf Nagel, unserem Hausproduzenten, gelangen uns noch einige extrem wichtige Songs, etwa “Sick Kid ’85” und “Circle Of Fear”, der dann auf dem Tony-Hawk-Videospiel landete.

Welche Rolle spielt Ulf Nagel in eurer Historie?

Ulf lebt Werte wie Loyalität und Freundschaft durch und durch, er hat uns immer wieder den Arsch gerettet. Bestes Beispiel ist unser erstes Album, das wir im Alleingang aufgenommen hatten, mit einer uralten 16-Spur-Bandmaschine. Keine Ahnung von nichts, alles klang total übersteuert und dumpf. Ulf hörte sich das an und meinte, da sei nichts mehr zu machen. Ein Fiasko! Die schönen Drogensessions, das hätten wir nie wieder so hinbekommen. Wir haben Ulf förmlich bekniet, es nochmal zu probieren. Da hat er sich drangesetzt, wochenlang geschraubt und gefiltert und gezaubert. Als er uns den neuen Mix zum ersten Mal vorspielte, habe ich fast geheult. Es ist unmenschlich, wie oft er uns gerettet hat. Ohne Ulf, kein Smoke Blow.

Was hat es mit dem Demolition Room auf sich?

Das ist unser Zuhause. Hier können wir tun und lassen, was wir wollen. Wir haben uns über die Jahrzehnte geiles Equipment zusammengespart, alles schön gemütlich eingerichtet. Hier können wir wieder rumprollen, Bier trinken und abmetern wie 20-Jährige.

Für eine Band, die sich offiziell verabschiedet hat, seid ihr sehr aktiv, kürzlich ist “Demolition Room II” erschienen. Die Frage drängt sich geradezu auf: Wann gibt es ein richtiges neues Album?

Unsere Fans haben nicht locker gelassen. Sie sind dafür verantwortlich, dass wir immer noch aktiv sind. Sie haben uns zu dieser Kultband gemacht. Es macht immer noch Spaß, auf der Bühne seine Grenzen auszuloten. Mit der “Demolition Room”-Serie haben wir einen guten Weg eingeschlagen, es gibt noch so viel unveröffentlichtes Material. Wenn wir Bock auf einen neuen Song haben, dann nehmen wir ihn einfach auf. Ein ganzes neues Album würde so viele Erwartungen wecken, die wir gar nicht erfüllen können oder wollen. Es geht uns nur um den Spaß.

Wenn du dir beim Lieblingsplatte-Festival ein Album wünschen dürftest, welches würdest du gern hören?

Entweder die Germs in Originalbesetzung, also mit Darby Crash, und ihrem Album (“GI”). Oder Hammerhead mit “Stay Where The Pepper Grows”.

VISIONS empfiehlt: Smoke Blow

16.12. Düsseldorf – Zakk

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