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The Howlers: Adam Young im Interview über ihr Debütalbum und politische Musik

The Howlers im Interview

Glück und Schmerz
Die britischen Indierocker The Howlers haben am 17. Mai ihr Debütalbum „What You’ve Got To Lose To Win It All“ veröffentlicht. Frontmann Adam Young hat vor Release mit uns über Geschichten aus dem Studio und die Bedeutung von unpolitischer Musik gesprochen.
The Howlers (Foto: Oscar Spyrou)
The Howlers (Foto: Oscar Spyrou)

Adam, euer Debütalbum „What You‘ve Got To Lose To Win It All” kommt demnächst raus. Freut ihr euch schon auf die Veröffentlichung?

Adam Young: Wir freuen uns sehr darauf. Es war anstrengend, weil wir eine Indieband sind und hart arbeiten mussten. Aber der Release hat sich jetzt so angeschlichen und wir sind sehr aufgeregt, wir waren auch die ganze Woche auf In-Store-Tour, um Alben zu verkaufen, Fans zu treffen und Autogramme zu geben.

Wie ist das Album entstanden?

Es war ein Prozess von mehreren Jahren. Die Band hatte eine harte Zeit – auch privat. Wir haben viel verloren und verbinden viel Schmerz und Trauma mit dieser Zeit. Wir haben Freund:innen und Familienmitglieder verloren, unser Bassist Guus [Ter Braak] ist fast gestorben – und ich bin auch fast draufgegangen. Es gab sogar Punkte, an denen wir nicht wussten, ob wir unsere Karriere weiterführen können. Das Album ist für all die Leute, die nicht mehr hier sind. Trotzdem: Es ist kein trauriges, sondern ein glückliches Album.

Bist du denn der Einzige, der bei euch Songs schreibt oder schreibt ihr zusammen als Band?

Vorrangig ich. Ich setze mich ans Klavier oder nehme die Gitarre in die Hand und schreibe eine Melodie oder Texte. Die Demos mache ich mit Chris [Ostler] und Tommy [Taylor] von Black Honey, die haben auch das Album produziert und mich dazu gebracht, besser zu werden. Dann bringe ich den Song zu den Jungs und sie schreiben ihren Teil. Aber es fängt alles in meinem kleinen, seltsamen Hirn an.

Chris und Tommy von Black Honey sind also so etwas wie eure Mentoren geworden. Welche Rolle spielen sie beim Songwriting?

Wir schauen zu ihnen auf, als Brüder und Musiker und was sie mit ihrer Karriere gemacht haben. Als ich angefangen habe, das Album zu schreiben, habe ich mich mit Chris hingesetzt und wir haben gedacht: „Lass mal hören, was wir zusammen machen können.“ Wir sind mittlerweile an einem Punkt, wo ich mit einer Idee zu Chris komme und er genau weiß wie mein Hirn funktioniert. Er weiß genau, wann er mich pushen muss und wann ich atmen muss – und wie er mich herausfordern kann. Tommy genauso! Ich bin ihnen unfassbar dankbar dafür, dass sie da sind. Ohne sie wären wir nicht hier.

Ihr habt 16 Songs in acht Tagen aufgenommen, einer davon war eure Singleauskopplung „El Dorado“.

Wir wollten eigentlich, dass das Album 2023 herauskommt, aber mussten es nach hinten verschieben. Wir wollten trotzdem einen Song veröffentlichen und es ist „El Dorado“ geworden, weil es mit Bläsern, Streichern und dieser filmischen Atmosphäre zeigt, wie der Rest des Albums klingen soll.

Das mit den 16 Songs in acht Tagen klingt ziemlich heftig. Du hast auch gesagt, dass es gleichzeitig eines der intensivsten und krassesten Dinge war, an denen du jemals gearbeitet hast. Unter welchen Umständen würdet ihr das wieder tun?

Ich glaube nicht, dass wir das nochmal machen würden. (lacht) Es war ein bisschen dämlich. Der einzige Grund, weshalb wir acht Tage hintereinander im Studio waren, weil wir als Indieband nicht das Geld hatten, um länger aufzunehmen. Wir hatten eigentlich auch nur 14 Songs dabei, doch auf unserem Whiteboard hat manchmal jemand neue Spalten mit neuen Songs hinzugefügt. Es war eine krasse Erfahrung: Alle sechs von uns, wir drei, Chris und Tommy und Christoph, der Soundengineer, waren alle im Studio zusammen und haben rund um die Uhr zusammengelebt. Es war eine Erfahrung, die wir alle zum ersten Mal gemacht haben und wir nie vergessen werden, so viel ist sicher!

Wie geht ihr mit Meinungsverschiedenheiten um?

Wir sind da sehr demokratisch – die Mehrheit entscheidet. Weil wir nur ein Trio sind, gibt es immer einen Gewinner. Tommy und Chris sind auch Teil von der Band und waren bei der Abstimmung dabei. Am sechsten Tag waren wir für alle aufgenommenen Songs, und das ist, warum das Album 15 Lieder hat. Wir konnten es nicht weiter eingrenzen.

Das Album beschäftigt sich mit dem Auf und Ab im Leben. Inwiefern sind die Texte von euren Erfahrungen als Band beeinflusst worden?

Sehr stark. Wir haben viel verloren und uns gegenseitig da durchgeholfen. Wir sind mehr Familie als Freunde und ich schreibe unterbewusst basierend auf unseren Erfahrungen. Die sind auch nicht so anders als die von anderen, wir mussten uns nur ein bisschen mehr, oder viel mehr, mit traurigen Dingen herumschlagen.

Du hast schon in der Vergangenheit gesagt, dass du keine politische Musik schreiben möchtest, sondern den Leuten eine Fluchtmöglichkeit geben möchtest. Vor allem mit eurer Debüt-EP während Corona. Wie hat sich deine Sichtweise nach dem Lockdown verändert?

Gar nicht. In Großbritannien gibt es aktuell sehr viele populäre Musikgenres, in denen Künstler:innen über Politik schreiben. So sehr ich ihnen zustimme, dass diese Regierung das Schlimmste ist, denke ich, dass es bereits genug Wut gibt. Ich muss nicht auf die Bühne gehen und davon singen, dass ich die Regierung hasse und nicht glaube, dass sie an der Macht sein sollten. Es ist der einfache Weg, vor allem in diesem Land ist es sehr leicht über Politik zu schreiben, weil alles aktuell brisant ist.

Würdest du sagen, dass dein Wunsch Leuten eine Fluchtmöglichkeit zu bieten, euren Sound beeinflusst?

Vielleicht ein bisschen, aber ich glaube, unser Sound zeigt auch authentisch, wer wir sind. Wir haben uns am Anfang nicht überlegt „Okay, wir wollen wie ein Sergio-Leone-Film klingen“. Es gibt nichts Schlimmeres für mich, als Künstler:innen, die einer Vorlage von jemand anderem folgen. Du solltest dir selbst einfach treu sein.

Als ihr angefangen habt, waren Guus und du in der Uni, und seitdem hattet ihr drei Schlagzeuger. Tom Triggs ist 2022 dazu gekommen. Inwieweit hat Tom die Banddynamik verändert?

Massiv. Unser erster Drummer war ein – du kannst hier ein beliebiges Schimpfwort einfügen. Der Wechsel war also das Beste, was passieren konnte. Als Tom kam, haben gerade die „Further Down The Line“-EP aufgenommen. Er hatte noch nicht die Möglichkeit, alle Songs so zu kennen. Als wir mit Black Honey zusammengearbeitet haben, meinten die nur „Al [Alex Woodward] wird Schlagzeug spielen“, damit wir die EP aufgenommen kriegen. Wir haben nie zurückgeschaut, seit Tom in die Band gekommen ist. Das ist die Band, die wir 2021 schon hätten sein sollen. (grinst)