„Der nächste Song ist von unserem neuen Album ‘Gift’ und das ist gut so!“ Viel Zeit zum Ankommen lassen sich 24/7 Diva Heaven in der Ecke des kleinen Forum-Saals in Bielefeld definitiv nicht, stattdessen haben Kat Ott-Alavi, Marie Westphal und Karoline Paschedag alle Schalter auf Vollgas umgelegt. Los geht es mit dem zweiten Song des neuen Albums „Manic Street Ballet“, der alles andere als eine Aufwärmübung ist und mit Up-tempo und sirenenartiger Gitarre direkt einschlägt. Ott-Alavi nutzt dabei jede Gelegenheit für ein wütend ausgespucktes „Rrrraa“, was ihr und dem Publikum sichtlich Freude bereitet. Letzteres ist eine bunte Mischung aus textsicheren Beatsteaks-Shirt-Trägern, alteingesessenen Forum-Besuchern und Punk-Diven.

Mit dem kräftig ohrfeigenden Auftakt ist Tempo und Energielevel auf der Bühne für das restliche Set gesetzt und wird von den Berlinerinnen bis auf den ein oder anderen Ausreißer durchgezogen. Daran können auch die etwas trägen und bedauerlicherweise lückenhaft bestückten hinteren Reihen sowie die übermotivierte Lichttechnik nichts ändern, die es zwischenzeitlich mit dem Spot links außen etwas zu gut meint und sich einen ironischen Wink mit dem Zaunpfahl von der Bühne abholt. Zitat: „Ich werd’ hier gebraten von der Lampe wie ein Brathähnchen. Das gibt richtig schön trockene Haut nachher.“

Mit dieser wunderbar unprätentiösen Grundhaltung arbeiten sich die drei durch 17 weitere Songs, die vornehmlich von „Gift“ und dem Debüt „Stress“ stammen. Für „Bus Money“ – ein Cover der Aussie-Punks The Chats – übernimmt Bassistin Paschedag den Gesang und überzeugt mit Lässigkeit und einem stilechten australischen Akzent. Die kurze Pause kann Ott-Alavi offenbar kaum abwarten und münzt die angestaute Energie direkt ins Anfeuern ihrer Bandkolleginnen auf der viel zu kleinen Bühne um.

Alle haben Letzteres redlich verdient, denn vor allem bei den aufgeladenen Songs wie „Suck It Up“, „Rat Race“ oder „L.O.V.E. Forever“ zeigt sich die Stärke des Trios: die aggressive Spielfreude, dessen Epizentrum hinten rechts am Schlagzeug sitzt und dessen gesangliche Untermalung sich in streitlustig auf den Punkt gebrachten Texten entlädt. Zwischenzeitlich scheint der hinteren Saalhälfte ein wenig die Puste auszugehen, was dem Engagement der Band jedoch keinen Abbruch tut. Gegen Ende macht Ott-Alavis Fender Jaguar sogar auch noch einen kurzen Abstecher in die Menge und wird dort sachgerecht für ein paar Töne von einer außenstehenden Person bedient. Zwar gibt es hier nicht wie bei der vorherigen Show ein Lenny Kravitz-Solo zu hören, aber das ist nicht weiter schlimm.

24/7 Diva Heaven waren den halben April mit ihrem zweiten Album wieder auf Tour und brachten das bissige Garage-Punk-Statement gegen alle Ungerechtigkeiten, mit denen Frauen sich im heutigen Zeitalter traurigerweise noch immer auseinandersetzen muss, auf die Bühne. Wut ist dabei ein treibender Faktor, der nicht immer nur extrem feministisch aufgeladen sein muss, wie Ott-Alavi im Interview mit VISIONS erklärte, sondern auch aus allgemeinen Erwartungshaltungen der Gesellschaft und alltäglichen Missständen, Rassismus und Marginalisierung entstanden ist. Im Sommer und Herbst sind 24/7 Diva Heaven als Support für neun Shows der Beatsteaks eingeplant.
