Köln-Ehrenfeld im Merch- und Plattenladen Lo-Fi: In der Ecke vor dem Schaufenster stehen auf einer nicht mal zwei Quadratmeter breiten Erhöhung zwei Akustikgitarren und ein Mikrofon. Davor stehen im verteilt circa 30 Personen, vor dem Laden nochmal ungefähr zehn. Im Store spielen Ross Gordon und Finlay Urquhart von Cold Years ein halbstündiges Akustikset als Promo für ihr aktuelles Album “A Different Life” und die kommende Tour.
Dementsprechend ist es auch wenig verwunderlich, dass Gordon und Urquhart zuerst das Lied „Roll With It“ aus diesem Album auftischen. Vor ihrem Auftritt kündigt Gordon aber erstmal an, dass sie „ein paar alte und ein paar neue Lieder“ spielen, insgesamt umfasst die Setlist neun Songs, einen davon spielen sie als Zugabe. Das Publikum bei diesem Konzert lässt sich in zwei Gruppen aufteilen: Auf der einen Seite sind Fans der Band gekommen, im Vorfeld hatte ein Radiosender garantierten Zugang zu dieser Show verlost. Auf der anderen Seite sind Personen, die zufällig am Laden vorbeigegangen sind und durch die Musik angelockt worden sind.
Wenn man, wie die Beatsteaks in ihrem Lied “Schluss mit Rock’n’Roll” erklären, den großen Hit der Band erst am Ende erwarte und deshalb absichtlich erst kurz vor Schluss käme, hätte man Cold Years „Life With A View“ verpasst. Für die Anwesenden im lichtdurchfluteten Ladengeschäft wirkt dieses Lied allerdings wie ein Icebreaker, der die anfangs etwas verlegene Stimmung deutlich auflockert. Besonders fällt das beim folgenden „Breathe“ auf, inklusive Wechselgesang zwischen dem Gordon und dem Publikum, der auch nicht durch obszöne Gesten eines offenbar betrunkenen Besuchers gestört wird.
Auch sonst lockern Cold Years Anwesenden mit ihrem symapthischen Set auf, mehr Personen singen die Lieder mit, teilweise wird so laut geklatscht, dass sich jüngere Besucher:innen die Ohren zuhalten. Die Verlegenheit vom Anfang ist in den weiteren Liedern komplett verschwunden, die Atmosphäre wird familiärer – nicht nur im Publikum, sondern auch auf der “Bühne”. Zwischen den Stücken geben Gordon und Urquhart dann auch mal eine Anekdote zum besten, zum Beispiel wie sie am Abend vorher ein Lied in der falschen Tonlage gespielt haben und sich spontan dazu entscheiden, es heute nochmal in dieser vermeintlich falschen Tonlage zu spielen.
Ihren schlussendlichen Höhepunkt erreicht die gemütliche Atmosphäre am Ende. Nachdem Gordon das Cover von The Cults „She Sells Sanctuary” mit den Worten “das ist zwar nicht unser Lied, wir werden es trotzdem auf unserer Tour spielen” ankündigt und es unter Mitklatschen vom Publikum gefeiert wird, möchten die beiden Musiker die Bühne verlassen. Prompt folge Rufe nach einer Zugabe. Eine kurze Klärung mit den Verantwortlichen, ja, einer geht noch! „Ich habe es nicht mal von der Bühne geschafft, ich hatte echt gedacht, dass ich jetzt erst noch ein Bier trinke“, sagt Ross Gordon lachend. Auf die Nachfrage, welches Lied sie denn gerne hören möchten, antwortet ein Zuschauer mit dem Titel „Nights Like This“, gefolgt von Zustimmung der restlichen Anwesenden.
Als Gordon und Urquhart dann wirklich die winzige Bühne verlassen, nehmen sich beide noch Zeit und gesellen sich zum Publikum, das noch im und vorm Laden steht. Bei der kommenden Tour wird ein so familiäres Miteinander zwischen der schottischen Pop-Punk-Band und Zuschauer:innen vermutlich nur schwer nachzustellen sein.