Metalheads in Bandshirts, Cosplayer, glatzköpfige Typen auf der Suche nach dem Techno-Club, Menschen in Korsage und Hundemaske und Karohemdträger, die sich hinter ihrem Bier verstecken – die Fans von Health sind ein wild gemischter Haufen. Beim ersten Deutschland-Tour-Stopp zum aktuellen Album “Rat Wars” im hochverlegten Kölner Bürgerhaus Stollwerck kommen sie alle auf ihre Kosten.
Schon bei der ersten Band lässt sich erkennen, in welche Richtung der Abend laufen wird: Zetra finden die Schnittstelle zwischen Synthwave und Gothrock, ganz ohne Bass, Schlagzeug, zweite Gitarre, Bühnenhintergrund und Ankündigungen. Stattdessen liegt der Fokus komplett auf den Synthflächen und den Stimmen der beiden Londoner:innen in Corpsepaint – Musik zum Treibenlassen. Direkt darauf eine weitere wortkarge Gruppe: Gost ist ein EBM/Deathstep-Soloprojekt, live sieht man den maskierten DJ im Zusammenspiel mit einem Bassisten. Hier wird der Ton verhärtet, ekelhafter und schneller gespielt – Musik zum Bewegen.
Bei Health laufen dann beide Stränge zusammen. Die Kalifornier bezeichnen ihre Musik selbst als “Cum Metal” oder “traurige Musik für geile Menschen” – Electro-Industrial oder experimenteller Noiserock trifft es aber auch gut. Den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen, haben Health ihre Zielgruppe gefunden: Als Intro läuft Yoko Takahashis “A Cruel Angel’s Thesis” – der Introsong des Animes “Neon Genesis Evangelion” – unter lautstarkem Applaus. Das kalifornische Trio zeigt sich früh von seiner leichtherzigen Seite. John Famiglietti, Bassist und Instagram-Memelord, wirft beim Sprung auf die Bühne einen Haarreif mit Katzenohren in die Menge, der Fänger freut sich sichtlich.
Bei tief deprimierenden Textzeilen wie “And it was not my fault you were unloved when you were a child/ I don’t care” oder “I’m ashamed of being born” wundert man sich vielleicht, wie diese Persönlichkeiten zusammenpassen, und wie mitreißend Performance und Soundgewalt doch sind. Die strotzen vor zerstörerischer Energie, scheinen jedoch auch eine meditative Wirkung zu erzielen. Während Benjamin Jared Miller auf sein Schlagzeug eindrischt, und Famiglietti zusammen mit Frontmann Jake Duzsik ihr Geschrei über ein Effektgerät in verschiedenste Klangschichten verwandelt, sieht man überall in Saal langsam tanzende und bedächtig nickende Menschen. Ohne viele Worte geht es von einem Song zum nächsten, teilweise mit fließenden Übergängen. Der introspektive Duzsik hält sich nicht mit langen Ansprachen auf, er scheint sie förmlich meiden zu wollen. Kurz vor Schluss kündigt er den letzten Song an und betont, dass sie nicht für eine Zugabe wiederkommen werden. Näher an einen Rave als bei Health kommt man bei einem Metalkonzert wohl nicht.