Mike & The Melvins – “Three Men And A Baby”
16 Jahre lagen die Bänder von “Three Men And A Baby” in Mike Kunkas Keller, bis sie endlich gehoben und fertiggestellt wurden. Angestaubt klingt aber anders. Ein tief verfuzzter Sound, verhallter Gesang und stellenweise drei (!) Bässe drücken der Platte klar ihren Stempel auf. Ähnlich chaotisch verschachtelt wie die Songs stellt sich auch die Geschichte der Platte dar: Bassist Mike Kunka war mit seiner Band Godheadsilo in den 90ern regelmäßig mit den Melvins auf Tour. Aus den gemeinsamen Auftritten erwuchs die Idee einer Zusammenarbeit. 1999 fand man sich dann im Studio zusammen und nahm die zwölf Songs auf. Kunka nahm die Bänder an sich, um sie zuhause mit seinem Gesang fertig zu stellen. Statt an ihnen zu arbeiten zog er sich jedoch in die Einsamkeit zurück und ließ 16 Jahre nichts von sich hören. Bei einer Zufallsbegegnung mit Schlagzeuger Dale Crover offenbarte er, dass er die Aufnahmen digitalisiert habe und ob die Melvins sie nicht fertig stellen wollen – sie wollen. Herausgekommen ist etwas, dass wie die ideale Schnittmenge beider Bands klingt: eine noisige Mischung aus Hardcore, Grunge und Sludge. Besonders stechen das komplexe krachig-rockende “Limited Teeth” mit seinem donnernden Doublebass-Part und das verhältnismäßig “normal” klingende Noise-Cover von Public Image Ltds “Annalisa” heraus. Zum Ende wird dann nochmal das Durchhaltevermögen der Hörer mit der lärmenden Black-Metal-Dekonstruktion “Art School Fight Song” auf die Probe gestellt.
Album-Stream: Mike & The Melvins – “Three Men And A Baby”
Explosions In The Sky – “The Wilderness”
Auf “The Wilderness” beweisen Explosions In The Sky warum sie es in den vergangenen 17 Jahren auch ohne Gesang geschafft haben sich in die Herzen ihrer Fans zu spielen: Dank großer Melodien und jeder Menge musikalischem Schwermut nämlich. Auf der neuen Platte gelingt das sogar ohne die knarzigen Wutausbrüche vergangener Releases. Auf Albumlänge dominiert hier eine schwelgende Idylle, die hin und wieder von verzerrtem Schlagzeug und hoffnungsvollen Melodien aufgebrochen wird. Insgesamt bietet “The Wilderness” jede Menge Soundspielereien, bei der gerne auch mal eine Harfe zum Einsatz kommt, wie bei dem passend betitelten “Logic Of Dream”. Hier bündelt sich die gesamte epische Verspieltheit der Postrocker auf “The Wilderness” zu traumhaft schönen sechseinhalb Minuten. Den gelegentlichen Ausbrüchen, wie bei “Infinite Orbit”, stehen sich schier endlos aufbauende Songs wie “Losing The Light” oder “Colours In Space” gegenüber, bei denen man den fehlenden Gesang in keiner Sekunde bemerkt.
Album-Stream: Explosions In The Sky -“The Wilderness”
Weezer – “Weezer (White Album)”
Viel neues Material gibt es zum Veröffentlichungsdatum von “Weezer (White Album)” gar nicht mehr: Die Hälfte der Songs vom neuen Album der Alternative-Emo-Rocker gab es vorab zu hören, wahlweise mit Lyric- oder Musikvideo, alle jedoch gleich absurd und gutgelaunt. Diese passen hervorragend zum Sound der Platte, auf der sich Weezer nicht großartig neu erfinden – was sie aber auch gar nicht müssen: Die leichte Musik mit dem unbekümmerten Gesang von Frontmann Rivers Cuomo und Melodien, Whoa-Ohs und rohen Gitarrensounds, die die Sonne heraufbeschwören, scheint einmal mehr der Soundtrack zum Sommer werden zu wollen. Darauf abgestimmt bekommt die Heimat der Kalifornier einen prominenten Platz in der textlichen Ebene des Albums verliehen. Der Golden State und der Lebensstil im sonnigen Süden sind nicht nur in den Titeln von Songs wie “California Kids” oder “L.A. Girlz” Thema. Gute Laune statt den großen Fragen des Lebens beherrschen auch die Texte von “Do You Wanna Get High?” und “King Of The World.” Ein weiteres Highlight: Der catchy Song “Jacked Up”, der mit Klavier-Riff und überdrehter E-Gitarre zu Cuomos Wechsel aus Kopf- und ausnahmsweise drängender Stimme aufwartet.
Album-Stream: Weezer – “Weezer (White Album)”
Last Shadow Puppets – “Everything You’ve Come To Expect”
Acht Jahre mussten ins Land ziehen, ehe die Last Shadow Puppets um Arctic Monkeys-Frontmann Alex Turner und Kollege Miles Kane mit “Everything You’ve Come To Expect” den Nachfolger zu ihrem starken Debüt “The Age Of Understatement” in die Regale gebracht haben. Wie auf dem Vorgänger dominiert auch auf der neuen Platte charmanter 60s-Retro-Pop mit üppigen Steicherarragements und der nötigen Portion Eingängigkeit. Auf Albumlänge herrscht eine coole, aber bedrohliche Stimmung, sodass sich die Platte auch bestens als Soundtrack für einen gewissen britischen Geheimagentenfilm geeignet hätte. Die stärksten Momente bietet “Everything You’ve Come To Expect” zwar schon in den vorab veröffentlichten Tracks “Bad Habits”, “Aviation” und “Miracle Alinger”, aber auch die übrigen Songs zeigen sich stilsicher und kurzweilig.
Album-Stream: The Last Shadow Puppets -“Everything You’ve Come To Expect”
Unsere aktuelle Platte der Woche “IV” von Black Mountain, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.