Fatherson – “Open Book”
Nicht jede Band kriegt es hin, verschiedene Einflüsse und Genres so organisch zu verbinden, dass die Symbiose nicht zum Selbstzweck wird. Fatherson aus Schottland schaffen den Spagat zwischen Indiepop, Stadionrock und Folk so gekonnt, dass man sich wundert, wie man so flüssig von einem mächtigen Riffgewitter zu einer Ballade mit Klavier und der zuckersüßen Stimme von Frontmann Ross Leighton geleitet wurde. Auf ihrem zweiten Album “Open Book verfeinert die Band ihr Handwerk noch und geht mit ihrem Sound in die Tiefe: Hallige Powerchords und ein episches Schlagzeug lassen den Hörer in der Höhe schweben, holen ihn dann mit minimalistischen Songs wie “Younger Days” wiederum sanft, aber bestimmt wieder auf den Boden zurück. Hinzu kommen die wunderschönen Gesangsmelodien, die die Songs so persönlich wie nahbar werden lassen. Der Soundtrack für den sommerlichen Sonnenuntergang.
Album-Stream: Fatherson – “Open Book”
The Kills – “Ash & Ice”
The Kills und Coolness – das sind zwei Begriffe, die quasi nicht voneinander zu trennen sind. Fast wäre dieser unwahrscheinliche Fall aber dann doch eingetreten: Aufgrund einer Erkrankung kann Jamie Hince seine Hand nicht mehr richtig bewegen, fast hätte sogar ein Finger amputiert werden müssen. Sicherlich eine niederschmetternde Diagnose für einen Gitarristen, allerdings auch ein Anlass für das Duo seinen Sound zu erweitern: Auf “Ash & Ice” haben sich zum typischen Kills-Sound also auch digitale Beats, Samples und der ein oder andere dezent wabernde Synthesizer-Hintergrund gemischt. Von einer kompletten Elektro-Platte ist “Ash & Ice” aber auch noch meilenweit entfernt: Da ist immer noch der sexy Swagger von Sängerin Alison Mosshart, die bluesige Lässigkeit steht immer noch weit im Vordergrund, und trotz aller Krankheiten ist die verruchte E-Gitarre noch immer das dominante Instrument. Da muss schon mehr als der drohende Verlust von Fingern kommen, um die Kills uncool zu machen.
Album-Stream: The Kills – “Ash & Ice”
Melvins – “Basses Loaded”
Dass die Melvins in ihrem garstigen Hybriden aus Sludge und Noiserock gerne mal experimentieren, ist hinlänglich bekannt. Das Ergebnis ihrer jüngsten Spielereien ist mit “Basses Loaded” eine Platte, die ihren Fokus voll auf den Viersaiter legt. Dazu haben sich Buzz Osborne und Dale Crover On/Off-Bassisten der Band wie Jeff Pinkus (Butthole Surfers), Trevor Dunn (Mr. Bungle/Fantômas), Jared Warren (Big Business) und Steve McDonald (Redd Kross/Off!) eingeladen und damit ein regelrechtes Noise-Allstar-Bassorchester zusammengetrommelt. Die daraus entstandenen Songs pflegen den typischen Melvins-Sound, biegen aber auch mal in Richtung Doom (“The Decay Of Living”) und im Refrain vergleichsweise hymnische Classic-Rock-Gefilde (“Choco Plumbing”) ab – und rekrutieren für “Maybe I’m Amused” sogar Nirvana-Bassist Krist Novoselic.
Album-Stream: Melvins – “Basses Loaded”
The Claypool Lennon Delirium – “Monolith Of Phobos”
Die musikalische Kooperation von Sean Lennon und Primus-Kopf Les Claypool ist nur auf den ersten Blick unwahrscheinlich. Schließlich sind sowohl Lennon als auch Claypool große Fans des Psychedelischen und der Jam-Kultur, welche sie mit The Claypool Lennon Delirium vollends ausleben. “Monolith Of Phobos” ist dementsprechend ein komplexes und abstraktes Gemeinschaftswerk zweier bedingungsloser Avantgardisten, das zwischen Wohlklang, Kakophonie, und dem Ringen zwischen den beiden Polen changiert. Heimliche Hits wie “Mr. Wright” knüpfen an finster durchgeknallte Momente wie “Captain Lariant”, die Platte spinnt ein enges Netz zwischen Prog und Avantgarde. Ganz sicher gehört sie zum Außergewöhnlichsten, was man im Rock-Jahr 2016 hören wird; wie oft man es hören will und wird, steht auf einem anderen Blatt.
Album-Stream: The Claypool Lennon Delirium – “Monolith Of Phobos”
Unsere aktuelle Platte der Woche “Minor Victories” von Minor Victories, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.