Red Hot Chili Peppers – “The Getaway”
Schon bei den drei Vorabsongs zu “The Getaway” schoss so manch eine Augenbraue in die Höhe: Keyboards, Disco-Beats und die Red Hot Chili Peppers? Undenkbar! Nicht ganz, denn Produzent Danger Mouse, der Rick Rubin nach sechs Alben ablöst, macht es möglich und sorgt auch im gleichen Atemzug dafür, dass der neue Sound der Funkrocker nie in Kitsch abdriftet. Auch im neuen Klanggewand merkt man allerdings immer noch jedem einzelnen Song die Sonne Kaliforniens an, wie sie nur von den Chili Peppers stammen könnte: “Goodbye Angels” beispielsweise wiegt den Hörer erst im Klangteppich der wohlig warmen Gitarre, um gegen Ende brachiale Bass-Slaps und ein wimmerndes Solo loszulassen. Sowieso hat die Band nun anscheinend mehr Vertrauen zu ihrem relativ neuen Mann an der Gitarre, Josh Klinghoffer, als noch zuvor auf “I’m With You”, seinem ersten Erscheinen als Nachfolger von John Frusciante. Nach über 30 Jahren gibt es für die Band also noch immer neue Soundfacetten zu erkunden.
Album-Stream: Red Hot Chili Peppers – “The Getaway”
Gojira – “Magma”
Joseph und Mario Duplantier vertrauen sich künstlerisch blind. Das Brüdergespann bildet den Kern, der Gojira ausmacht und zusammenhält. Eine Band, die inzwischen zur internationalen Speerspitze der progressiven Metalszene gehört. Ihr Sound wird von den extremen Spielarten des Metal geprägt, auf ihrem neuen Album “Magma” rücken zudem progressive und melodische Elemente in den Vordergrund. Aus dissonantem Riffing wird in “The Cell” etwa ein hymnischer Metal-Refrain, “Stranded” arbeitet mit schweren, düsteren Gitarren, und “Low Lands” gibt die beklemmende, lauernde Grundstimmung der Platte hervorragend wieder. Gojira haben auf ihrem sechsten Album Härte gegen unverzerrte Vocals und Musikalität getauscht. Dass die Franzosen mit Unterbrechungen und monatelangen Experimenten über ein Jahr an “Magma” gearbeitet haben sollen, hört man der Platte dank ihrer stimmigen Atmosphäre höchstens in Nuancen an.
Album-Stream: Gojira – “Magma”
Swans – “The Glowing Man”
Als letztes Werk der Band in der jetzigen Form hatte Sänger Michael Gira das neue Album angekündigt, das quasi als Schwanengesang für die 2010 wiedervereinigten Swans dienen soll. Was danach passiert, ob danach die Besetzung geändert wird oder die Band sich anderweitig wandelt, konnte oder wollte Gira noch nicht verraten – was momentan auch nicht wichtig ist, denn “The Glowing Man” bietet mit seiner Laufzeit von fast zwei Stunden genug Stoff, um sich wochenlang damit befassen zu können: Der Mix aus Postrock, Noise und Minimalismus geht auf in Improvisation, Repetition und ritueller Lautstärke, wirkt an vielen Stellen hypnotisch und bedrohlich, und löst sich völlig von irdischen Dingen wie Strukturen oder Erwartungen. Wie ein Ritual wirken die Songs, “Frankie M” beispielsweise, der in den ersten Minuten wie eine schamanische Zeremonie klingt, bis die volle Band einsetzt und nur durch den Takt sowas wie Ordnung einbringt. Ein Klangerlebnis im wahrsten Sinne des Wortes.
Album-Stream: Swans – “The Glowing Man”
Nails – “You Will Never Be One Of Us”
Hinter dem vierten Album von Nails versteckt sich nicht weniger als ein maximales Inferno. Die Kalifornier bringen auf “You Will Never Be One Of Us” das Härteste aus Crust-Punk, Metal und Grindcore in zehn absolut kompromisslosen Songs zusammen, die durchschnittlich nicht viel länger als als eine Minute brauchen, um eine blutige Apokalypse nach der anderen zu entfachen. Tracks wie “Made To Make You Fail”, “Life I A Death Sentence” und “In Pain” baden in Hass und transportieren nicht weniger als ihre Titel es versprechen – und vertonen somit das Maximum aller spielbaren Extreme.
Album-Stream: Nails – “You Will Never Be One Of Us”
Unsere aktuelle Platte der Woche “A Moon Shaped Pool” von Radiohead, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.