“Ich für meinen Teil finde, dass wir schon damals etwas zu bieten hatten, in das man sich verbeißen konnte”, sagt Maynard James Keenan. “Wir schrieben richtige Kompositionen und haben versucht, noch komplexere Arrangements zu finden, die die Leute emotional berührten und einen tieferen Eindruck in ihrer Psyche hinterließen. Wir wollten etwas veröffentlichen, das einen zum Nachdenken anregt und auch spirituell weiterbringt – etwas, woran damals offenbar niemand auch nur einen Gedanken verschwendete.”
Schon bevor Tool im Herbst 1995 ins Studio gehen, um den Nachfolger ihres ersten Albums “Untertow” aufzunehmen, weiß die Band, dass sie noch mehr erreichen möchte, als die meisten ihrer Kollegen. Sie wollten noch komplexer werden, textlich tiefer schürfen, rhythmisch weiter gehen. Bei aller Virtuosität und Komplexität haben Tool sich dabei ihre große Ernsthaftigkeit bewahrt – und mit “Aenima” den Metal revolutioniert. Die Songs darauf sind mit ungeraden Taktarten, Tempowechseln und ungewöhnlichen Harmonien versehen, eine Sache wird laut Keenan aber oft übersehen: Der krude Humor der Band steckt zwischen und in den Stücken auf “Aenima”. Etwa in “Die Eier von Satan”, einem zweiminütigen Stück, in dem ein Rezept für Haschkekse auf Deutsch vorgelesen wird. “Unser gemeinsamer Sinn für Humor ist der Hauptgrund, warum wir so gut miteinander auskommen.”
Während Florian Schneider in VISIONS 284 zurückblickt und sich auf sechs Seiten der Geschichte von “Aenima” widmet, schaut Dennis Drögemüller in die Gegenwart und Zukunft: Mit Keenan hat er über dessen Biografie “A Perfect Union Of Contrary Things” gesprochen, die am 6. Dezember in englischer Sprache erscheint. Darin zeichnet der Sänger detailliert seinen Lebensweg nach und gibt viel über seine Persönlichkeit preis, seine musikalische Karriere rückt dabei in den Hintergrund. “Es ist eine Art offene Chronik”, erklärt Keenan. Der Buchtitel “drückt die Verbindung von Disziplin und Künstlerischem aus, von Utilitarismus und Emotionalem.” In der Biografie wird etwa beschrieben, wie Keenan mit Tom Morello gejammt hat, der nach dem Ende seiner Band Lock Up gerade Rage Against The Machine gründete, und wie er anschließend im Frühjahr 1991 ohne festen Job und künstlerische Richtung mit Adam Jones, Danny Carey und Paul D’Amour drei Gleichgesinnte für die Band findet, mit der er kurz darauf Musikgeschichte schreibt. Wir haben euch für das Heft ein Kapitel aus dem Buch ins Deutsche übersetzt, das genau an diesem Punkt ansetzt und erzählt, wie Keenan zurück zur Musik findet und die Mitglieder von Tool um sich versammelt.
Das gesamte Tool-Special inklusive des Vorabdrucks lest ihr auf 14 Seiten in VISIONS 284 – ab sofort am Kiosk.