Balance And Composure – “Light We Made”
Irgendwo zwischen Emo und Shoegaze surfen Balance And Composure lässig auf einer Welle, die sie zusammen mit Bands wie Turnover, Seahaven und Title Fight ausgelöst haben. Auf ihrem inzwischen dritten Album “Light We Made” suchen sie nach den Grenzen dieses doch noch recht neuen Sounds. Auf “Postcard” experimentieren sie mit starren, elektronischen Beats, “Mediocre Love” dagegen ist für einen Shoegaze-Song außergewöhnlich rhythmisch-treibend. Und auf Tracks wie “Fame” stellen sie sich dann die berechtigte Frage: “Wie viel Hall geht da noch drauf?” Auch mit Stimmeffekten gehen sie nicht spärlich um. Auf “For A Walk” bewegt sich Sänger Jon Simmons durch zahlreiche Filter hindurch eher im Hintergrund und lässt die Instrumente sehr psychedelische Klangsphären erforschen. Auf diese Ästhetik hatten sie sich bereits in den Videos zu “Afterparty” und “Postcard” berufen. Balance And Composure vertiefen sich auf “Light We Made” weiter in den von ihnen geschaffenen Sound und tauschen dabei ein wenig Härte gegen raffinierte Melodien ein.
Album-Stream: Balance And Composure – “Light We Made”
Crippled Black Phoenix – “Bronze”
Tiefschwarz ist die Farbe der Wahl auf dem fünften Studioalbum von Crippled Black Phoenix, einen bronzenen Lichtschimmer sucht man trotz des Titels vergebens. Doch gerade die dunkelste Farbe hat Nuancen, die herauszuhören sich lohnt. Der Progrock auf “Bronze” kommt dabei teils brachial, teils zerbrechlich daher. So schleppt sich der Bass in “Rotten Memories” scheinbar nur mit Mühe durch den Song, während eine zum Zerreißen gespannte Gitarre ihn zusätzlich malträtiert. Gemeinsam mit dem Gesang schraubt sich der mit drei Minuten kürzeste Song des Albums in schaurig-schöne Höhen nur um im anschließenden Instrumentalteil wieder zurück ins Dunkel zu stürzen. Dort wartet schon “Champions of Disturbance, Pts. 1&2” auf den Hörer und treibt ihn mit durch klangliche Psychedelika angereicherte Hardrockgitarren vor sich her, um ihn nach fast zehn Minuten mit dem hoffnungslosen “Goodbye Then” allein zu lassen. In diesem sechsten Track der Platte ist es vor allem der Gesang, der einen ehrfürchtig lauschen lässt. Mit Schatten aus Postrock und Stoner Rock umhüllt einen die Platte auf angenehme Art – ab und zu blendet Licht eben nur unnötig.
Album-Stream: Crippled Black Phoenix – “Bronze”
Jim James – “Eternally Even”
Jim James hat mit “Eternally Even” ein watteweiches zweites Soloalbum veröffentlicht. Dieses steckt voller Soul, Pop, Funk und vor allem voller Soundflächen. Kanten an denen man sich stoßen könnte sucht man hier vergebens. Einen roten Faden, der sich durch das komplette Album zieht, bilden dabei die wabernden Synthies und James halliger Samtgesang. So beginnt der Song “Here in Spirit” mit einem Echo aus Klavierakkorden auf welches feine Akzente aus einzelnen Klaviertönen getupft wurden, bevor er im weiteren Verlauf das Tempo drosselt und sich so selbst entschleunigt. Der Text predigt passend dazu Liebe und spirituellen Halt und ist den Opfern des Massakers in einem Nachtclub in Orlando gewidmet. Der Track “We Ain’t Getting Any Younger” ist hingegen so klangdicht, dass der Musiker ihn in zwei Teile splittet und dem Intro seine eigenen sechs Minuten zur Verfügung stellt um dem Diskoschlagzeug, den Shuffle-Gitarren und den Tempowechseln Raum zu geben, bevor im zweiten Teil die Instrumente zusammenrücken um dem Duett-Gesang Platz zu machen. Das darauf folgende “True Nature” überrascht hingegen mit einem Big-Band-Jazz Intro bevor es sich anschließend in Funkrhythmen einpendelt und durch seinen gehauchten Gesang an den roten Faden der Platte anknüpft. In “Eternally Even” versinken eine Vielzahl unterschiedlichster Einflüsse und formen sich so zu einem homogenen, aber nicht konturlosen Album.
Album-Stream: Jim James – “Eternally Even”
Karies – “Es geht sich aus”
“Es geht sich aus” lässt sich am ehesten mit “Passt schon” übersetzen. Lässt sich diese Resignation auch auf dem neuesten Werk von Karies feststellen? Der erste Track beginnt ungewöhnlich – eine Kuhglocke und ein grooviger Basslauf erinnern an die Fine Young Cannibals. Umso zerstörerischer wirken die danach einsetzenden Gitarren, die mit ihrer Dissonanz die von Karies gewohnte Kälte in die Musik einschleußen. Die mantraartigen Hintergrundgesänge tun ihr Übriges um den Titel endgültig in die morbiden und minimalistischen Klangwelten der Stuttgarter zu leiten. Die Musik des Quartetts klingt also so verzweifelt wie nie zuvor. Dafür ist von dem rauen Punk-Vibe des Debütalbums kaum etwas übrig geblieben. Karies haben auf “Es geht sich aus” scheinbar ihren Klang perfektioniert und ihren Weg gefunden, auch wenn sie dabei auf bewährte Einflüsse ihrer Musik verzichten. Gerade deswegen hört sich die Platte wohl so homogen an. Wenn das Album einen also resigniert zurücklässt, dann nur, weil man zu tief in die musikalische Finsternis der Band eingetaucht ist.
Album-Stream: Karies – “Es geht sich aus”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Older Terrors” von Esben ANd The Witch, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.