Frank Turner – “Songbook”
Um die Zeit bis zum nächsten Studioalbum zu überbrücken, stellt Frank Turner seinen Fans das “Songbook” zur Seite. Mit diesem lässt sich anhand von zwei CDs in der inzwischen zwölfjährigen Solokarriere des Briten blättern. Darauf tummeln sich Songs wie “The Ballad Of Me And My Friends” von seinem Debüt “Sleep For Is For The Week” neben den Chartstürmen seiner jüngsten Platte “Positive Songs For Negative People”. So weit, so bekannt. Die zweite CD hingegen präsentiert Turner-Stücke in anderem Gewand: das im Original krachende “Josephine” zum Beispiel als nachdenkliche Akustik-Ballade, wohingegen “Long Live The Queen” mit umso mehr Wucht versehen wurde. Die neue Version von “The Way I Tend To Be” macht es sich am Lagerfeuer bequem. Dennoch weiß Turner, dass seine Fans auf neue Musik warten und packt mit “There She Is” seinen bislang opulentesten Song mit dazu. Damit schließt sich der Kreis: Songbook erzählt die Geschichte, wie Turners Folk-Punk vom Pub bis ins Stadion getaumelt ist.
Album-Stream: Frank Turner – “Songbook”
Dialects – “Because Your Path Is Unlike Any Other”
Aus der schottischen Metropole Glasgow stammen nicht nur die Post-Rock-Veteranen Mogwai, sondern auch die Genre-verwandten Newcomer Dialects, die auf ihrem Debütalbum “Because Your Path Is Unlike Any Other” wilde und experimentelle Mathrock-Ergüsse mit verspielten Gitarren-Zirkulationen verbinden. Von der ersten Minute an geben sich die vier Musiker als perfekt eingespieltes Team, das sich in Jamsessions abgestimmt hat und auf kleine Spielereien oftmals einen großen Knall folgen lässt. Das einsteigende “Superluminal” kann man als Paradebeispiel dafür heranziehen: Sanft verhallte Klänge leiten das Stück zunächst umgarnend ein, ab dem Wendepunkt folgen nerdig-vertrackte Riffs, die unter progressivem Schlagzeugspiel zur Bestform angetrieben werden. Immer wieder lassen sich die Schotten bei all der Umtriebigkeit zu mehrstimmigen Choreinlagen hinreißen und lassen auf die Kampfschreie die umschweifenden Gitarren antworten. Mit ihren dichten Geflechten und Soundstrukturen erinnern sie stark an ihre nordirischen Kollegen von And So I Watch You From Afar – Dialects wirken wie deren jüngere Brüder, die noch nicht so gesetzt wie die großen Geschwister sind, dafür noch viel mehr Freude an verspielten Experimenten finden.
Stream: Dialects – “Because Your Path Is Unlike Any Other”
Sect – “No Cure For Death”
Hart, härter, Sect: Das zweite Album der Supergroup aus Mitgliedern von Fall Out Boy, Earth Crisis und Burning Love mit dem reizvollen Titel “No Cure For Death” macht aus anderen Hardcore-Platten Kleinholz. Schon das im vergangenen Jahr erschienene, nach der Band benannte Debütalbum spuckte ordentlich Galle. Heute zeigt sich das Quintett vor allem im Sound verbessert – so dreckig und zugleich hochwertig produziert klang eine Band aus den Nischen Crust und Powerviolence lange nicht. Dass jeder einzelne Song als zielstrebig und effizient charakterisiert werden kann, dafür zeigt sich Converge-Gitarrist Kurt Ballou verantwortlich, der die Platte mit der Band in seinem Studio aufgenommen hatte. Bis auf “Reality’s Wake” und den finalen Track “Avoidance Ritual” preschen die übrigen acht Tracks wie ein Hochgeschwindigkeitszug durch eine post-apokalyptische Welt, die aus Sects wütender Perspektive längst verloren ist. Und in der nichts anderes als der unglaublich raue Ton angebracht ist, den die Supergroup an den Tag legt.
Album-Stream: Sect – “No Cure For Death”
Björk – “Utopia”
Für viele steht das Wort “Utopie” für die Verklärung einer idealisierten, konfliktfreien Welt. Für Björk ist es das Zusammensein mit einer Person, mit der man sich auf allen Ebenen versteht. Die Suche nach dieser Person verpackt sie nun musikalisch auf ihrem neuen Werk “Utopia”, einer Platte, die damit im thematischen Kontrast zum Vorgänger “Vulnicura” steht, auf der die Isländerin die schmerzhafte Trennung von ihrem Mann verarbeitete. Unter gewohnt hohem künstlerischen Anspruch und mit einer Klangpalette voller warmer Farben schildert sie ihre ersten Schritte auf ungewohntem Terrain: Das Neuverlieben. Songs wie “Blissing Me” lechzen nach Innigkeit und die vollkommende Vereinnahmung durch eine andere Person, indem Björk ihre Sehnsuchtstexte in einem Gewand aus zarten Harfen und unregelmäßigen Pulsschlägen der Trommeln versteckt. Ein Schema, das sich in der Form durch das ganze Album zieht. Die Texte skizzieren dabei immer wieder ausschweifende Gedankenströme und münden oftmals in einem Meer aus Flötenklängen. “Utopia” offenbart: Hinter der erhabenen Kunstfigur Björk steckt eben auch nur ein Mensch.
Stream: Björk – “Utopia”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Who Built The Moon?” von Noel Gallagher und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche, findet ihr in unserer Übersicht.