Aufmerksame VISIONS(.de)-Leser werden das kleine Bielefelder Label Coffeebreath And Heartache schon kennen. Aus den News, dem Forum oder dem Heft. Und egal wo – es geht eigentlich immer um Vinyl. Von Banquets, Captain Planet, Sharks oder Your Favorite Trainwreck. Punkrock- und Hardcore-Platten hauptsächlich, wenn’s passt aber auch eine Singer/Songwriter-EP. Die Liebe zum analogen Gehörgenuss ist gleich mit den ersten Schritten in die hellen Räume der alten Industriehalle spür- und sichtbar. Bis man dort ist, muss man sich vom Pförtner die Schranke zum Industriegebiet Öko-Tech Park Windelsbleiche öffnen lassen und zu Gebäude elf fahren. Nebenan wird an Rohren geschweißt, Kunststoff recycled oder an EDV-Lösungen gearbeitet, hier werden Poster, Platten oder fair gehandelte T-Shirts, bedruckt.
Links auf der Theke thront ein Plattenspieler, dahinter auf dem Regal reihen sich siebbedruckte Plattenkartons einiger Coffeebreath-Veröffentlichungen auf. Davor schreit ein Miniatur-Milo ins Mikrofon, der über die Jahre einiges mitmachen musste und nun ein Wackel-Milo ist. Rundherum Siebdruck. Auf Stoffbeuteln, T-Shirts, Postern und Plattencovern. Und überall Hinweise auf Musik. An den Wänden, auf den T-Shirts, aus den Mündern und auf dem Bildschirm.
“Guckt mal hier, das wird unser nächstes Release”, sagt Tobi. Er steht am Computer im Büro-Hinterzimmer und löst damit die lose Versammlung zu ungekühltem Bier am Tresen auf. Ein Kreuz im Maul eines Hais – Cover-Entwürfe zur kommenden On Bodies-EP, die die Band um As Friends Rust-Frontmann Damien Moyal gerade aufnimmt. “Die Band spielt gerade die Spuren ein, Damien nimmt nächstes Wochenende die Vocals auf. Wir veröffentlichen die EP exklusiv auf Vinyl”, sagt Tobi, der “ständig mit der halben Welt mailt” – zuletzt eben mit Damien. Ein Blick ins Rund genügt, um die Vorfreude der Labelmacher zu vernehmen, die gerade in eine spontane Besprechung zum On-Bodies-Vinyl abdriften. “Das sieht super aus, das Kreuz könnte man hier ausstanzen”, sagt Andi, der bei jeder anderen Gelegenheit von seiner umfassenden und unfassbaren Balzac-Sammlung schwärmt.
Klappcover und farbiges Vinyl? Vielleicht. Siebdruck? Definitiv. Schließlich stehen wir nicht zufällig in der Fairtrademerch-Werkstatt, die David hauptberuflich zusammen mit seiner Freundin Sabrina betreibt. “Für mich klingt das wie richtiger Oldschool-Hardcore, nur dass Damien singt. Endlich mal wieder was härteres”, sagt Andi und lacht. Alle fünf kommen mit ihrem Geschmack selten auf Anhieb unter einen Hut, jeder konnte bisher aber sehr gut mit den getroffenen Entscheidungen leben. Und dass sie die Split-EP der beiden Songwriter-Brüder PJ und Brian Bond veröffentlichen würden, als sich die Chance ergab, war sowieso allen sofort klar. PJ hat in der alten Fairtrademerch-Werkstatt zwei Konzerte gespielt und – da sind sich alle einig – ist “einfach der beste Typ der Welt”, sagt Bastian, der sich vermehrt um Presse-Angelegenheiten kümmert.
David bestätigt das, während er sich um den Arcade-Automaten kümmert, der neben der Bar steht. Das Spiel, die Diskette, die eine riesige Platine ist, will leider nicht mitmachen. Eine Reset-Taste gibt es nicht. So wird nichts aus dem spontanen Arcade-Wettkampf, und die per Postit-Zettel festgehaltenen Rekorde bleiben womöglich für die Ewigkeit bestehen. Vielleicht ist das auch besser für das junge Label, das gerade erst eine andere Schlappe hat einstecken müssen. Im Minigolf hatten sich die Fünf mit dem anderen Bielefelder Vinyl-Liebhaber-Label gemessen – und verloren. “Das Kapitän-Platte-Team hatte auch wochenlang geübt”, machen die ersten Ausreden die Runde, bevor wir freundlich heraus gebeten werden. David muss den Laden schließen, die Bandprobe wartet.
Bei all dem Spaß, die so ein Label offensichtlich mit sich bringt, kann es natürlich nur Lieblings-Hobby bleiben. Alle fünf gehen anderen Jobs nach oder studieren. Und einmal im Jahr wartet leider auch eine unangenehme Aufgabe, für die sich Holger zuletzt opferte: die Steuererklärung. “Einer muss es ja machen.”