Es ist später Samstagnachmittag am 19. September im Hansa Tonstudio in Berlin-Kreuzberg. Produzent Aaron Bastinelli sitzt entspannt am Mischpult und schaut auf die Regler, aus den Boxen hört man ein Instrumentalstück, eine Mischung aus Postrock, Shoegaze und Indierock. Durch die Scheiben kann man die drei Bandmitglieder beim Einspielen beobachten. Flame aus Santiago de Chile sind eine von 84 Bands, die beim Converse Rubber Tracks-Wettbewerb gewonnen haben und nun in einem von zwölf legendären Studios auf der Welt aufnehmen dürfen. Sie sind am Vortag nach einem extrem langen Flug über Atlanta und Amsterdam gelandet und seit heute morgen zehn Uhr im Studio. Das Ziel: fünf Songs an einem Wochenende einzuspielen.
Als sie ihren Take beenden und den Raum betreten, sind sie immer noch ganz in ihre Welt versunken. Die Begrüßung läuft fast wie in Trance ab, sie können es kaum abwarten, sich das Ergebnis anzuhören. “Das war gut”, bestätigt Bastinelli. Ganz zufrieden sind die Musiker allerdings nicht, ein zweites Take wird gewünscht – und das obwohl die Zeit in diesem Studio, in dem bereits David Bowie, Iggy Pop oder Nick Cave gearbeitet haben, ziemlich kostbar ist. Sie setzen erneut an, brechen aber nach anderthalb Minuten ab. “Noch einer” rufen sie, Bastinelli motiviert sie: “Der wird es jetzt. Das spüre ich.” Bastinelli sitzt normalerweise für Rubber Tracks in Brooklyn, er ist aber auch bei allen sieben Sessions mit Bands aus aller Welt in Berlin dabei. Nach dem Take kommen die Mitglieder mit erhobenen Armen in den Raum. Er bestätigt: “Bass und Schlagzeug waren sehr gut. Die Gitarre war ein paar Mal leicht daneben, aber das kriegen wir hin.”
Während der Rauchpause am Fenster der Studioküche beantwortet Gitarrist und Sänger Diego Corrales, warum sie die Hansa Studios bei der Bewerbung auf Platz 1 ihrer Wunschliste gesetzt haben: “Ganz einfach – ‘Heroes’, ‘Lust For Life'”, nennt er zwei der bekanntesten Songs, die hier aufgenommen wurde. “Killing Joke, U2, Depeche Mode…”, führt Schlagzeuger Nico Ravinet die Reihe der stilprägenden Künstler fort, deren Sound mit dem Hansa Studio verbunden ist. “Alle wollen nach London ins Abbey Road Studio oder nach L.A., dabei ist das hier das Mekka”, schwärmt Bassist Andrés Jorquera. Sie sind zum ersten Mal in Europa, nach den drei Tagen Berlin hängen sie noch eine Woche Urlaub in Amsterdam an, bevor sie nach Chile zurückkehren.
“Wir haben gerade unser erstes Album aufgenommen, dann haben wir erfahren, dass wir hier angenommen wurden und mussten plötzlich noch fünf weitere Stücke vorbereiten”, erzählt Ravinet. “Vielleicht nehmen wir das hier als Instrumentalbasis und fügen in Chile noch Vocals dazu, mal sehen.” Sie wollen diese für sie einmalige Gelegenheit so effektiv ausnutzen wie möglich. In gut zwei Stunden ist für heute Feierabend. Bis morgen Abend sollen es noch drei weitere Stücke werden. Ravinet drückt seine Zigarette aus und seufzt mit einem Lächeln auf dem Gesicht: “Ich will gar nicht auf die Uhr schauen.”