In einem Interview mit dem Guardian hat Singer/Songwriterin Courtney Barnett angekündigt, ihr Label Milk! in diesem Jahr schließen zu wollen. Als Grund nannte Barnett finanzielle Hürden: “Ich glaube, das war unsere Konstante: ‘Wie können wir Geld verdienen? Wie verkaufen wir T-Shirts, um Geld zu verdienen?’ Es macht Spaß, aber es ist auch anstrengend.” Die Corona-Pandemie hat diese Situation zusätzlich verschärft, vor allem für unabhängige Labels. Mit dem Ende von Milk! geht nun eine Ära zu Ende. Ein Ende, das sie selbst nicht hat kommen sehen: “Vor einem Jahr oder vielleicht sogar vor sechs Monaten wäre der Gedanke an [eine Schließung] so unmöglich und schwierig gewesen, dass ich mich dagegen gewehrt hätte. Eines Tages bin ich buchstäblich aufgewacht und hatte meine Meinung geändert.”
Sie gab zu, nervös gewesen zu sein, den Künstler:innen von Milk! davon zu erzählen: “Ich habe im letzten Jahr eine Menge Therapie gemacht. Normalerweise wäre mir jede Art von […] wichtigen Gesprächen unangenehm. Da sind diese tief sitzenden Schuldgefühle, weil ich die Leute im Stich gelassen habe. Aber ich glaube, fast alle sagten: ‘Ich verstehe das total … Ich weiß gar nicht, wie ihr das macht.'”
2012 gründete Barnett das Independet-Label mit der Singer/Songrwiterin Jen Cloher. Diese verließ das Label allerdings bereits 2018. In dem Jahr endete auch die Beziehung der beiden. Seit seiner Gründung gilt das Label neben Flightless und Poison City in der australischen Indie-Szene als Institution und als zentrale Anlaufstelle für Bands wie Hand Habits, Hachiku und Loose Tooth. Credo des Labels: Austausch, Familiarität und DIY-Tradition. Über letzteres sagte Barnett: “Es war so selbstgemacht … Wir haben einfach versucht, die Dinge zu erledigen. Und wir haben es uns nach und nach ausgedacht.” Für sie sei es eine Ehre gewesen, in den letzten Jahren mit so vielen Musiker:innen zusammenzuarbeiten und sich eine Community innerhalb der Szene in Melbourne aufzubauen. Das erwähnte sie im Gespräch mit Ourculture.
Ihre damalige Beziehung zu Cloher betrachtet Barnett im Nachhinein als wichtigen Schritt Richtung Selbstständigkeit: Zu Beginn der Labelgründung war die Singer/Songwriterin 24 Jahre alt und eine Newcomerin in der australischen Musikszene. Was folgte, waren rund 60 Veröffentlichungen für zahlreiche Künstler:innen, darunter ihre eigene Debüt-EP “I’ve Got A Friend Called Emily Ferris”. 2015 erhielt Barnett außerdem den “Australian Music Prize” für ihr Album “Sometimes I Sit And Think, And Sometimes I Just Sit”.
Ihr Festhalten an der australischen Heimat: keine Selbstverständlichkeit. Immerhin galt Australien ursprünglich nicht wirklich als Mekka einer aufstrebenden Musikszene. Viele Künstler:innen wie etwa Nick Cave kehrten dem Kontinent den Rücken und bauten sich ihre Karriere in Großbritannien oder den USA auf. In den letzten 25 Jahren hat sich dort allerdings eine beachtliche Labelkultur aufgebaut, nicht zuletzt durch die Gründung von Modular ab 1998. Das dort erschienene Debüt der Punkband The Living End gilt bis heute als Charterfolg. Größere Bekanntheit erreichte das Label allerdings erst durch “Since I Left You” (2000) von The Avalanches.
Zukünftig möchte Barnett einen stärkeren Fokus auf Sound statt auf das Songwriting legen. So kündigte sie in diesem Zuge an, am 8. September ihr erstes Instrumental-Album “End Of The Day (Music From The Film Anonymous Club)” veröffentlichen zu wollen. Mit “Start Somewhere”, “Life Balance” und “First Slow” wurden bereits drei Singles ausgekoppelt, die einen Ausblick auf das kommende Album liefern. Die LP soll dann die letzte Veröffentlichung auf Milk! sein und kann bereits vorbestellt werden.
Courtney Barnett – “End Of The Day (Music From The Film Anonymous Club)”
01. “Start Somehwere”
02. “Life Balance”
03. “First Slow”
04. “A To B”
05. “(Electricity)”
06. “Two Circles Reflecting”
07. “End Of The Day”
08. “Floating Down”
09. “Spring Ascends”
10. “Intro”