Platte der Woche: Elbow – “Audio Vertigo”
Auf ihrem zehnten Album entscheiden sich Elbow ganz bewusst gegen den Weltschmerz und für die leichte Zerstreuung mit ansteckenden Grooves. Dominiert von der Rhythmusgruppe und mit tanzbaren Synth- und Bläsereinspielungen hebt sich “Audio Vertigo” so nicht nur von seinen verhaltenen Vorgängern ab, es findet auch jede Menge Spielfreude und Spannung im neuen Sound.
Alligatoah – “Off”
Von Metalcore-Gekeife bis No-Angels-Cover ist das neue Alligatoah-Album zumindest klanglich eine umfassende Huldigung an die Zweitausender und die musikalische Sozialisation des Rappers, gespielt mit den unterschiedlichsten Spielarten des Metal. Kann man einen Stilbruch nennen, ist aber auch ganz und gar ein typisches Produkt des Rappers.
Gossip – “Real Power”
Nach der Trennung 2016 bringt Beth Ditto auf “Real Power” das Power-Dreigespann Gossip wieder in voller Besetzung zusammen, das klanglich trotzdem weiter an die Platten erinnert, die sie zwischendurch solo veröffentlichte: Punk im inhaltlichen Unterstrom, musikalisch aber eher inspiriert von Disco und Soul auf dem Dancefloor.
The Jesus And Mary Chain – “Glasgow Eyes”
2017 kehrten die schottischen Shoegaze-Pioniere The Jesus And Mary Chain auf “Damage And Joy” nach fast 20 Jahren Pause mit einem neuen Album zurück. Nun zeigen sie mit einem Nachfolger nicht nur, dass das Comeback nachhaltig war, sondern auch, dass sie nach wie vor so schnoddrig und lärmig Musik machen können wie in den Achtzigern.
Velcros – “Strange News From The Vault”
Nicolai Hildebrandt (ehemals Okta Logue) und Fabian Bremer führen gemeinsam mit Wayste-Drummer Manuel Markstein bei Velcros das Vermächtnis ihrer kurzlebigen Band Sarg fort. Mit ihrem gemeinsamen Debüt bringen sie dem Punk die Leichtigkeit bei und sparen zwar an der klanglichen Deko, aber nie an starker Melodik und Pop-Hooks.
VR Sex – “Hard Copy”
Für ihr drittes Album “Hard Copy” sind die Kalifornier von VR Sex vom Ein-Mann-Goth-Punk-Projekt des Drab Majesty-Frontmanns zu fünfköpfigen Band gewachsen und stellen sich neuen Herausforderungen. Gekennzeichnet ist die Platte dabei vom ausführlichen Experimentieren mit Audio-Hardware und dem bewussten Weglassen von Plug-Ins.
Waxahatchee – “Tigers Blood”
Auf “Tigers Blood” will Katie Crutchfield mit Waxahatchee den modernen Country mit weniger chauvinistischen Inhalten füllen und schreibt deshalb ein Album über häusliches Glück und die schwere, aber mittlerweile überwundene Vergangenheit. Ein ausgeglichenes Stück Musik, das die rosarote Brille absetzt.
Hi! Spencer – “Oben”
Der Indiepunk von Hi! Spencer ist auf dem dritten Album der Osnabrücker Band geprägt von positiven Emotionen, Optimismus und dem Blick in die Zukunft. “Oben” heißt das neue Album, das sich im Gegensatz zu seinen Vorgängern aus der Melancholie befreit und eingängige Popmelodien liefert. Schwere Themen gibt es trotzdem.
Hall Of The Mountain King – “Revolted”
Hall Of The Mountain King veröffentlichen mit “Revolted” ihr zweites Album, aber das “offizielle Debüt”. Die Saarbrücker Band verbindet Elemente aus Hardcore, Punkrock und klassischem Metal, ohne dabei in altmodischen Mustern stecken zu bleiben. Nach vorne geht es auch nicht, stattdessen um die Faszination des Augenblicks.
Les Big Byrd – “Diamonds, Rhinestones And Hard Rain”
Das vierte Album der schwedischen Supergroup Les Big Byrd zieht die Psychedelik den krautigen Indierock-Hits vor und schwebt mitunter ziellos vor sich hin, ist musikalisch aber auch durchaus verklausuliert und nicht zwingend gefällig. Damit ist ihre Musik nicht mehr so abgründig wie vorher, aber auf gewisse Weise sicherer.
Francis Of Delirium – “Lighthouse”
Jana Bahrich alias Francis Of Delirium legt endlich ihr Debütalbum vor. Zwischen Aufbruchsstimmung, Verletzlichkeit und sanftem Indie-Pop-Einschlag nimmt “Lighthouse” eine romantischere Haltung ein als die Vorgänger-EPs. Melodieseelig beschäftigt sich das Album inhaltlich aufrichtig vor allem mit Beziehungsthemen.
Christin Nichols – “Rette sich wer kann”
Christin Nichols veröffentlicht mit “Rette sich wer kann” ihr zweites Album. Auf diesem bekommt sie Unterstützung unter anderem von Fatoni und Die Nerven-Bassist Julian Knoth. Nichols Singer/Songwriter-Talent strahlt zunächst mit unaufgeregtem Gitarrenpop in sommerlicher Leichtigkeit und trifft dann doch auf hoffnungslosen Post-Punk.
Daevar – “Amber Eyes”
Als Doom-Grunge bezeichnet das Kölner Trio Daevar selbst seine Musik und zeigt auf seinem zweiten Album auch, wie dieser gemacht wird: Tonnenschwere Riffs, Schneckentempo, aber auch ein Händchen für Atmosphäre und Melodie, die sich vor allem in Post-Rock-Referenzen und der Gesangsperformance von Sängerin Pardis Latifi zeigt.