Platte der Woche: Kaskadeur – “Phantom Vibrations”
Kaskadeur verlieren sich nicht im großen Post-Spektrum, sondern verfeinern ihren Sound, den sie auf ihrem Debütalbum “Uncanny Valley” bereits gefunden haben, durch Soul und ein kleines bisschen Absurdität. Dabei wirkt keiner der anfangs wahnwitzig wirkenden Einfälle auch nur ansatzweise überpräsent oder fehl am Platz, sondern stets frisch und optimal abgestimmt. Das einzige, was da auf der Strecke bleibt, ist das Verklickern der eigentlich so wichtigen Thematik des Albums: der Handysucht. Aber damit bleibt dann immerhin noch genug zu entdecken, wenn man “Phantom Vibrations” das nächste Mal hört.
Fake Names – “Expendables”
Die Supergroup lässt ihre Vergangenheit durchklingen: mal verschwinden sie in Punkrock-Gefilden, dann klingt Classic Rock durch, bevor doch ihre Pop-Affinität durchscheint. Da werden Stadionhymnen mit vielen Ooohs und Aaahs präsentiert, die nur darauf warten von großen Mengen mitgegrölt zu werden. Das wirkt berechenbar, mindert aber nicht die Qualität.
Slowthai – “Ugly”
Punk-Rapper Slowthai verbindet auf seinem dritten Album Grime, Alternative und schroffen Elektro-Noise so gezielt, dass er nun auch auf Albumlänge Fans von Gitarren überzeugen dürfte. Ob das an Produzent Dan Carey, Gästen wie Fontaines D.C. oder dem Verständnis für kaputte Geschichten aus der Brexit-gebeutelten Gesellschaft im Stile eines Jamie T zurückzuführen ist, bleibt offen. Fest steht: So spannend klang UK-Rap seit The Streets nicht mehr.
Jen Cloher – “I Am The River, The River Is Me”
Jen Cloher verneigt sich auf ihrem Album vor der Māori-Community. Mithilfe von sanftem Folk, Chören und vor allem tiefgehenden Texte, hat die australische Singer/Songwriterin tiefbewegende Songs über die indigene Bevölkerung Neuseelands geschrieben. Dafür holt sie sich zahlreiche Gastmusiker:innen ins Boot, die den Songs den nötigen Feinschliff verpassen.
Truth Cult – “Walk The Wheel”
Kann man Punk noch Neues entlocken? Truth Cult beweisen, dass man diesem Anspruch gerecht werden kann, denn trotz Bezügen zum D.C. Hardcore kommt “Walk the Wheel” keineswegs wie ein Abklatsch der Vergangenheit daher: Mit Bowie-esken Pianoeinlagen schütteln sich Truth Cult den Staub früherer Jahrzehnte ab und befördern Punk ins Hier und Jetzt.
Havemeyer – “Slacker”
Zumindest für unseren Autoren Ingo Scheel wird Havemeyers Debüt schon jetzt für Jahres-Bestenlisten gehandelt. Hochmelodisch, teils krautig und immer vielseitig präsentiert sich die neue Band mit Kevin Kuhn (Die Nerven) auf “Slacker” so rund, dass es fast irritierend, aber gänzlich unprätentiös wirkt. Der Mix aus vielen Welten bleibt eigenwillig, aber ebenso anziehend.
Witch Ripper – “The Flight After The Fall”
Mit “The Flight After The Fall” wagen sich Witch Ripper in neue Gefilde vor. Dort findet die Sludge-Metal-Band auch Platz für melodische Riffs, die eine filmreife Geschichte um einen ins Weltall fliegenden Wissenschaftler spinnen. Dass die Band sich trotz Experimentierfreudigkeit treu bleibt, beweisen sie mit zum Abschluss mit einem üppigen SciFi-Spektakel.
Dirk – “Idiot Paradise”
Nachdem die Indieband Dirk. mit ihrem Album “Cracks In Common Sense” bereits einen Erfolg in Belgien erzielen konnte, machen sie sich mit “Idiot Paradise” nun daran, den europäischen Musikmarkt zu erobern. Dabei wechseln sich melodische Songs und schnellere Stücke wie “Idiot Paradise” ab, und erinnern dabei an den Sound von Nada Surf und Weezer.
Sandrider – “Enveletration”
Sandrider beackern auf ihrem vierten Album sämtliche Spielarten von Sludge Noise. Ihre laut polternden Riffs koppeln sie dafür immer wieder mit schnellen Punk-Einflüssen, können jedoch auch mit neuen Facetten überraschen. Das Ziel bleibt es dennoch möglichst viel Lautstärke durch konstantes Gebrüll zu erzeugen – wer darauf Lust hat, wird begeistert sein.