Incubus – “Trust Fall (Side A)”
Es scheint, als wären Incubus aus dem Winterschlaf erwacht. Das beweist bereits der Titeltrack, der die EP dank tightem Schlagzeug und kraftvollen Gitarren mit einer Wucht eröffnet, die auf dem Vorgänger “If Not Now, When?” fast durchgängig gefehlt hat. Bei den nur vier Songs auf “Trust Fall (Side A)” schalten Incubus nie auch nur einen Gang zurück, sondern rufen in Erinnerung, warum sie immer noch zu einer der größten Rockbands der Gegenwart zählen. Von Radioballaden a là “Love Hurts” ist keine Spur, dafür packt die Band die verzerrten Gitarren aus und Stimmvirtuose Brandon Boyd geht Kopfstimmen-technich an seine Grenzen. “Dance Like You’re Dumb” besticht durch seinen Eklektizismus und würde durch seinem Mittelteil mit souliger Sängerin und Background-Chor auch auf dem proglastigen “A Crow Left Of The Murder” nicht weiter auffallen. Diese vier vielversprechenden Songs legen die Erwartungen für die noch für dieses Jahr angekündigte zweite EP hoch: Hier wird sich entscheiden, welche ihrer beiden Vorgänger nun der Ausrutscher war.
Stream: Incubus – “Trust Fall (Side A)”
Torres – “Sprinter”
Dunkel geht es auf dem zweiten Album von Mackenzie Scott alias Torres zu. Das beweisen schon die bedeutungsschweren Eröffnungszeilen: “Heather, I’m sorry that your mother/ Diseased in the brain/ Cannot recall your name”. Von den ungeschminkten Folk-Klängen und der oft zerbrechlich wirkenden Stimme ihres Debüts ist nicht viel übrig geblieben. Mit der rocklastigen Instrumentation auf “Sprinter” hat PJ Harveys
Rob Ellis, der als Produzent und Mitmusiker auf der Platte fungierte, eindeutig seine Handschrift hinterlassen. Trotzdem ist auf “Sprinter” auch Platz für Experimente, wie zum Beispiel dem mystischen “Son You Are No Island”, das Torres dank diverser Effekte zwischendurch fast wie eine weibliche Version von Marilyn Manson
klingen lässt. “Cowboy Guilt” lässt als dreiminütiger Lichtblick mit verspieltem Roboter-Beat und kurzem Elektro-Abstecher die Schwermut vergessen. Der längste und letzte Song der Platte jedoch kommt ganz ohne Spielereien aus und erzeugt seine Eindringlichkeit allein mit Gitarre, Vogelgezwitscher und Torres’ Stimme, die sich nicht recht entscheiden kann, ob sie aus- oder zerbricht. Leicht zugänglich ist das zweite Album der gerade mal 24-jährigen Singer/Songwriterin nicht. Wer aber genauer hinhört, wird mit lyrischer Tiefe und Melancholie der richtigen Schwere belohnt.
Albumstream: Torres – “Sprinter”
Valkyrie – “Shadows”
Der Baroness-Ableger Valkyrie hat sich in den vergangenen Jahren gemacht. Wirkten die ersten zwei Alben der Doom-Metal-Band noch etwas unfertig, ist “Shadows” ein reifes Album, das mehr Potenzial und Tiefe besitzt als seine Vorgänger. Schon der Opener “Mountain Song” startet mit schnellen, prägnanten Gitarrenriffs und einer gehörigen Portion Prog, die sich durch das komplette Album zieht. Daneben schwingt auch auf dem dritten Studioalbum der gewohnte Southern-Rock-Einfluss mit, gemixt mit typischem 70er-Hardrock und Doomrock. Doch findet man auch neue Einflüsse, wie bei “Wintry Plains”, der Psych-Pop-Elemente enthält und beim Hören, kurz bevor der Track in ein Gitarrensolo übergeht, ein wenig an Fahrstuhlmusik erinnert. Die Platte ist geprägt von geschmeidigen Gitarrensoli, was aufgrund des verbrüderten Gitarrenduo Pete und Jake Adamas nicht überrascht. “Shadows” ist ein Album, das bei jedem Metal-Fan Anklang finden wird, da es viele Einflüsse und verschiedene Genre miteinander vereint und mit seinen harten und brachialen Gitarrenriffs die Wände zum vibrieren bringt.
Stream: Valkyrie – “Shadows”
Sun And Sail Club – “The Great White Dope”
Sun And Sail Club wirken frischer und aufgekrazter als noch vor zwei Jahren bei ihrem “Mannequin”
-Debütalbum. Vor allem aber sind sie kitschbefreit: Auf “The Great White Dope”
gibt es keine jazzigen Gitarren-Interludes und keinen Vocoder-Gesang mehr. Stattdessen dominiert das angriffslutsige Organ des neu dazugestoßenen Adolescents
-Sängers Tony Cadena den wüsten Stoner-Rock der Allstar-Formation. Songs wie “Krokodil Dental Plan” und “Dresden Firebird Freakout” tanken dann auch noch eine derart ordentliche Punk-Portion, dass sie den linken Fahrstreifen für sich alleine beanspruchen. Mit dieser Platte werden Sun And Sail Club den nahmhaften Bands, die sich hinter den Mitgliedern verbergen, absolut gerecht.
Stream: Sun And Sail Club – “The Great White Dope”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Sol Invictus” von Faith No More, und alle weiteren wichtigen Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.