Desaparecidos – “Payola”
Conor Oberst haben die Meisten eher dank der zarten Indie-Folk-Klänge der Bright Eyes im Ohr. Das der aber auch ganz anders kann, beweist er mit seinem Emo-Punk-Projekt Desaparecidos, das 13 Jahre nach seinem Debüt mit “Payola” ein neues Album veröffentlicht. Da säuselt Conor Oberst nicht, da keift und schreit er sich die Probleme der derzeitigen Gesellschaft in bester Punkmanier von der Seele. Denn wie könnte es anders sein, natürlich geht es auf einer Platte dieses Genres auch um Politik. Dem Kapitalismus geht es genauso an den Kragen wie der staatlichen Überwachung oder der Scheinheiligkeit, die die Musikindustrie allzu oft an den Tag legt. Dabei lässt sich Conor Oberst aber nicht blind von seiner Wut steuern, sondern schafft mit Songs wie “Slacktivist” oder “Search The Searches” auch Raum für große Melodien, die fast in Ohrwürmer ausarten. Für die Punklandschaft bleibt zu hoffen, dass Desaparecidos sich für die nächste Platte nicht wieder 13 Jahre Zeit lassen.
Album-Stream: Desaparecidos – “Payola”
High On Fire – “Luminiferous
Weniger Thrash-, dafür mehr solider Stoner-Metal. Wie man High On Fires siebtes Studioalbum “Luminiferous” findet, hängt auch davon ab, welchem Genre man zugewandter ist. Der Opener “The Black Pot” hingegen geht direkt in die Vollen und nimmt den Hörer mit auf den gewohnt höllisch-kraftvollen Riff-Ritt, der in Sachen Sound keine Kompromisse kennt. Auf über der Hälfte der Songs von “Luminiferous” packen High On Fire jedoch nicht ganz so stark zu und büßen an Fahrtwind ein. Gerade diese Momente bieten dann aber Raum, um den Fokus auf andere Stärken der Band zu legen. “The Falconist” beispielsweise zeigt Sänger Matt Pike von ungewohnt melodischer Seite und demonstriert, dass Ohrwürmer und Metal durchaus ein ganz gutes Pärchen abgeben können. Das funktioniert natürlich nur, wenn man sich wie High On Fire auf das entsprechende Handwerk versteht.
Album-Stream: High On Fire – “Luminiferous
Ken Mode – “Success”
Erfolg ist nur gut, so lange man ihn hat, und die Frage, ob er den Stress wert ist, treibt einen in den Wahnsinn. Das zumindest sagt schon das Cover von “Success” aus und liefert damit ein treffendes Spiegelbild zum mehrdeutigen Albumtitel. Auch das sechste Studioalbum des Noise-Core-Trios trägt die Tugenden des amerikanischen Noise- und Math-Core der 80er und 90er Jahre in sich wie einen genetischen Code. Dabei ist es wie seine Vorgänger unharmonisch und dissonant, treibend und nervend, aber mit einer Entschiedenheit, die elektrisiert. Schon mit dem Opener “Blessed” lassen Ken Mode ihrer Frustration freien Lauf. Mit “These Tight Jeans” und “I Just Liked Fire” folgen weitere wütende Hymnen, die in “Dead Actors” in einer exzessiven noisigen Endpointe enden.
Stream: Ken Mode – “Success”
God Is An Astronaut – “Helios | Erebus”
Die Kunst, Musik zu produzieren, bei der man zu keinem Moment eine Stimme vermisst, will gelernt sein. Das irische Trio, das aus einem multiinstrumentalen Brüderpaar und einem Jazz-geschulten Wahnsinns-Drummer besteht, hat seine Hausaufgaben in jedem Fall gemacht. Auch mit ihrem aktuellen Album “Helios | Erebus” schaffen sie es die Spannung und Dynamik aufzubauen, die rein instrumentale Musik braucht, um nicht beliebig zu klingen. Dabei setzen God Is An Astronaut auf pure, brutale Klanggewalt ebenso wie auf die überbordende Schönheit harmonischer Akkordkaskaden – alles zusammengehalten durch flächige, offene Arrangements. Die Mischung aus Postrock-Epik, Metal-Riffs und dezenter Elektronik rühren die Iren auch auf ihrem achten Album wieder passgenau an.
Video: God Is An Astronaut – “Helios | Erebus” (Album-Teaser)
Unsere aktuelle Platte der Woche, The Demon Joke von Vennart, und alle weiteren wichtigen Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.