Youth Decay – “The Party’s Over”
Die Punkrocker von Youth Decay haben definitiv den falschen Albumtitel gewählt. Nicht “The Party’s Over” sonder viel mehr “Let’s Get This Party Started” sollte das Debüt-Album der Band mit Mitgliedern von Comeback Kid und Living With Lions heißen. In einem Wechselspiel aus Pop-Punk, Hardcore und Punk torkeln die Kanadier zwischen leeren Bierflaschen und aufgerauchten Bong-Köpfen – die passenderweise auch das Album-Cover zieren – zwölf Songs lang in jede Ecke der Party. So geht es mit “Living In My Head”, “Landslide” oder “Ash Blonde” in die Halfpipe der Die-Hard-Blink-182-Fraktion, während die Core-Kids mit A Day To Remember-Shirt gerade versuchen, “Balance” und “Hysteria” als genau so “true” wie “Put It Off” zu verkaufen – die Deez Nuts-Fans können das natürlich nicht hinnehmen. Mit “Pot vs. Kettle” wird dann noch mal Halt vor der erloschenen Bong gemacht, bevor die Party engültig vorbei ist; selbst wenn der Titeltrack, mit seiner langsamen, im Plattenkontext herausstechenden, traurigen Dynamik schon in der Mitte des Albums zu verorten ist.
Album-Stream: Youth Decay – “The Party’s Over”
Hangman’s Chair – “This Is Not Supposed To Be Positive”
Eine weitere Band, die ein Stück des Doom-Revival-Kuchen abhaben möchte, ist Hangman’s Chair aus Frankreich. Dumpfe, grollende Riffs treffen auf die voluminöse Stimme von Cedric Toufouti, die das Quartett von dem Großteil ihrer Mitbewerber unterscheidet. Der Titel “This Is Not Supposed To Be Positive” erfüllt alle Erwartungen: nihilistisch geprägte Texte, hallender Gesang und roher Doom-Sludge-Sound. In Tracks wie dem Opener “Dripping Down” und “Flashback” rücken jedoch klar ihre Grunge-Einflusse in den Vordergrund und erinnern an Jerry Cantrells prägenden Gesang bei Alice In Chains. “Save Yourself” fällt auf ihrem dritten Album aus der Reihe mit seinem Intro nach Slayer-Manier – Flanger-Einstieg und schleppender Gesang erschaffen eine Gänsehaut-Stimmung. Das in ihrer Muttersprache betitelte Interlude “Les Enfants Des Monstres Pleurent Leur Désespoir” kommt nur mit Instrumentalisierung und einer Radiomeldung aus und unterstützt die bedrückende Gesamtwirkung der Platte. Der abschließende Song “Rouge Pour Le Sang, Bleu Por La Grâce” funktioniert nach dem selben Prinzip und lässt den Hörer einheitlich mit der Platte abschließen.
Album-Stream: Hangman’s Chair – “This Is Not Supposed To Be Positive”
Soldiers Of Fortune – “Early Risers”
Lange haben sich die Soldiers Of Fortune seit ihrem letzten Lebeszeichen “Ball Strength” Zeit gelassen. Dafür, dass nun tatsäschlich ein neues Album erscheint, muss man wohl Mexican-Summer-Labelchef Keith Abrahamson dankbar sein, der nicht müde wurde, die Mitglieder nach weiterem Material zu fragen. So sammelt “Early Risers” Songs, die bereits 2013 und 2014 aufgenommen wurden, ist aber keinesfalls eine Compilation. Die sechs Glücksritter, alle bekannt aus anderen Projekten, bringen ihre zahlreichen Stationen (unter anderem Zwan, Oneida, Endless) aus allen Himmelsrichtungen zusammen und treffen sich songdienlich in der Mitte. Den Hörer erwartet ein dichtes und hurtiges Album im Stile der Stooges, Saitenhexereien jenseits des zwölften Bundes, und sumpfige Boogie-Fieberträume. Man höre nur das schnell groovende “Campus Swagger” mit Stephen Malkmus (Pavement) am Mikro, oder den Opener “Nails”, der direkt vom ersten in den fünften Gang schaltet. Bleibt nur zu hoffen, dass die Band sich nicht wieder fünf Jahre für die nächste Platte Zeit lässt. Vertrauen wir auf Abrahamson.
Album-Stream: Soldiers Of Fortune – “Early Risers”
Josefin Öhrn & The Liberation – “Horse Dance”
Ein Peter-Hook-Gedächtnisbass, repetitive Electronik und eine Stimme wie von einem anderen Stern. Mehr Köder brauchen Josefin Öhrn & The Liberation auf “Horse Dance” nicht, um sich Fans von 80er-Postpunk zu angeln. Das siebenminütige “Dunes” wirkt nur halb so lang und eignet sich perfekt für lange Autofahrten. Ihre Rute senken die Schweden damit aber längst noch nicht. Die restlichen sieben Songs auf dem Debüt gestalten sich nämlich allesamt ähnlich abwechslungsreich. “Sunny Afternoon” vollzieht mit einer Wall Of Percussion und mehrspurigem Gesang den sonntäglichen Regentanz, der Titeltrack greift wieder tief in die 80er-Tasche und streut seine Samen zahlreich. Hier eine HiHat mit Offbeat, dort gruselig flirrende Synthies, im Hintergrund Monologe in Stream-of-Conciousness-Manier – so wächst ein Ohrwurm nach dem anderen aus dem tieftönigen Acker. Und alle kommen sie auf den Haken.
Album-Stream: Josefin Öhrn & The Liberation – “Horse Dance”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Torpor “ von Baron , und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.