Blink-182 – “California”
Die Vorgeschichte zum neuen Blink-182-Album “California” ist eine ungewöhnliche: Anfang 2015 trennten Mark Hoppus und Travis Barker sich von Gitarrist Tom DeLonge, der bestritt seinen Rauswurf, die anderen beiden sagten, dass er definitv raus sei – und holten Matt Skiba von Alkaline Trio ins Boot. Mit dem nahmen Hoppus und Barker auch die Platte auf, die DeLonges Vorliebe für ätherische Gitarrensounds herunterschraubt und sich eher an der Frühphase der Pop-Punker orientiert: Möglichst direkt wollten Blink-182 die Songs halten, sie sollten einfach Spaß machen und immer noch so eingängig sein wie einst “All The Small Things” oder “What’s My Age Again”. Der Eindruck macht sich beim neuen Werk tatsächlich breit, auch wenn es schon auffällt, dass die Herren keine 20 mehr sind. Trotzdem merkt man nach dem zusammengeschusterten “Neighborhoods” von 2011, dass Blink-182 mit dem neuen Mann Skiba wieder ehrliche Lust auf ihre eigene Musik haben.
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Gøggs – “Gøggs”
Unermüdlich scheint Ty Segall zu arbeiten. Sein neuestes Solo-Werk “Emotional Mugger” hatte noch nicht mal das Presswerk verlassen, da stürzte sich das Garage-Wunderkind bereits kopfüber in das nächste Projekt: Gemeinsam mit Fuzz-Bandkollege Charles Moothart und Ex Cult-Sänger Chris Shaw tobt sich Segall als Gøggs irgendwo zwischen Garage, Noise und 80er-Jahre-Hardcore aus. Während der Opener “Falling In” zunächst mit tief grollenden Gitarren á la Sunn O))) beginnt, rast er von einem Moment auf den nächsten ungebremst in einen hinein. Mit fast bis ins unkenntliche verfuzzter Gitarre und Bass und einem wild-wirbelnden Schlagzeug entfesselt “Gøggs” eine ungebremste Idee. Selbst wenn bei Songs wie “Gøggs” oder “Assasinate The Doctor” das Tempo etwas zurück gesteckt wird, transportieren die zehn Stücke eine angepisste Rauheit, wie man sie lange vermisst hat. Shaws geifernde Stimme tut für diesen Effekt ihr übriges. Wer dachte, Ty Segall hätte bei seinen unzähligen Bands und Projekten seine komplette kreative Energie aufgebraucht wird vom lässig groovenden “She Got Harder”, dem punkigen “Smoke The Würm” oder vom abgedreht noisigen “Final Notice” eines besseren belehrt.
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Duesenjaeger – “Treibsand”
Deutschpunk steht momentan hoch im Kurs: Captain Planet veröffentlichten ein gefeiertes neues Album, Love A granteln sich durch die Nation, und Turbostaat sind präsenter denn je. Auch Duesenjaeger, die sich wie auch die Husumer 1999 gründeten, haben noch genug zu sagen auf ihrer vierten Platte “Treibsand”, die so überlegt und düster über die Tristesse und die Aussichtslosigkeit in der Gesellschaft erzählt, als würde man mitten in einer belebten Einkaufsstraße stehen und stundenlang auf die eigenen Füße starrend über das eigene Leben nachdenken. Auch die aktuelle Situation mit rechtspopulistischen Hetzern sprechen die Osnabrücker in Songs wie “Horde” an. Musikalisch springt die Band im Dreieck zwischen Punk, Postpunk und Emo: Die Vocals gehen flüssig vom Gerufenen zum Gesungenen über, die Gitarren können Power Chords genauso gut wie melancholische Melodien, und das Schlagzeug weiß genau, wann es scheppern muss. Deutschpunk lebt, und er ist lebendiger denn je.
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Kaleidobolt – “The Zenith Cracks”
Wenn das Label “Skandinavien” auf einem Vintage-Rock-Album prangt, dann kann man davon ausgehen, dass Qualität drin steckt. Die finnischen Kaleidobolt bilden da keine Ausnahme, denn im hohen Norden weiß man, wie man Heavy Rock mit 70s-Sound zu einer unwiderstehlichen Melange vermengt. Um trotzdem aus dem großen Topf herauszuragen, lassen die Finnen noch Einflüsse aus Psych und Stoner in ihr Zweitwerk “The Zenith Cracks” einfließen. Ihr Einfallsreichtum zeigt sich bei Stücken wie dem vielschichtigen “Inbred”, das erst mit einer rasanten Attacke aus treibenden Drums und Gitarre ankommt, um sich dann mit Schwung in den schleppend-groovenden Stoner-Sumpf zu schmeißen, der sich mit getragenen Psychedlic-Parts abwechselt. Das nach dem spanisch-brasilianisch angehauchtem Intermezzo “Helle” folgende “Steal My Thunder” fühlt sich dann wie ein schmuddelig rockender Bastard aus Scandi-Rock und den spacigen Parts aus Kyuss’ “Whitewater” an. Dass King Crimsons Meisterwerk “In The Court Of The Crimson King” in jedem Atemzug der Band liegt, ließen sie nicht nur bei ihrer fulminanten Darbietung von “21st Century Schizoid Man” auf dem Berliner Desert Fest spüren, sondern liefern auf “The Zenith Cracks” noch mal acht Beweise dafür hinterher.
Album-Stream: Kaleidobolt – “The Zenith Cracks”
Unsere aktuelle Platte der Woche “Tell Me If You Like To” von Spring King, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.