Pallbearer – “Heartless”
Auf ihrem dritten Album gehen Pallbearer einen weiteren Schritt vom Doom-Metal in Richtung Prog. Das Erstaunliche dabei: Die US-Amerikaner bleiben in jeder Minute zugänglich – ein Umstand, der oft keinem der beiden Genres vergönnt ist. Dabei zeugen die Songs auf “Heartless” von einer derartigen emotionalen Schwere, wie man sie selten gehört hat. Ausufernde Instrumental-Arrangements wie im Opener “I Saw The End”, ein düsterer, melancholischer Vintage-Sound und musikalische Kreativität zwischen Metal, Prog und Post-Rock auf allen Ebenen übertreffen alles, was man bisher von der Band gehört hat. Die Schwere des Lebens durchfließt dieses Werk in allen Fasern, und Pallbearer nehmen sich in teils überlangen Songs Zeit, um den abgrundtiefsten Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Wenn Sänger Brett Campbell in “A Plea For Understanding” Zeilen wie “The end remains the only god we can’t deny” singt und Lead-Gitarrist Devin Holt monumentale Melodien aus seinem Instrument zaubert, kann man sich vor dem Schauer kaum retten, der einem über den Rücken läuft: “Heartless” ist die großartige, klanggewordene Inkarnation der Verzweiflung.
Album-Stream: Pallbearer – “Heartless”
Pontiak – “Dialectic Of Ignorance”
Wenn man im ländlichen Virginia aufwächst, gehört der sich wiederholende Alltag mit wenigen Veränderungen einfach zum Leben dazu. In ihrer Musik haben Pontiak diese Monotonie zur Kunst erhoben. Ihr achtes Album “Dialectic Of Ignorance” präsentiert sich psychedelisch, roh und vor allem eines: repititiv. Neben dem langsamen, zurückgelehnten Tempo, dem knarzigen Gitarrensound von “Ignorance Makes Me High” und den einbettenden Retro-Synthsizer-Klängen wie in “Hidden Prettiness” sind es vor allem die andauernden Wiederholungen wie auf dem Albumcover, im Großen und im Kleinen, die die Wirkung dieses Albums ausmachen, und die den Hörer fast in eine Art Trance versetzen. Stilistisch bewegen sich die drei Carney-Brüder zwischen Psychedelic- Hard- und Desert-Rock, Frontmann Van Carney singt dabei süffisant und immer absolut passend. Dabei versuchen Pontiak einen Drahtseilakt zwischen Repititivität und Stagnation, der ihnen leider nicht immer ganz gelingt. “Dialectic Of Ignorance” klingt ganz nach der rohen, eintönigen Steppe Amerikas, der man jedoch seine ganz eigene Schönheit abgewinnen kann, sobald man sich auf sie einlässt.
Album-Stream: Pontiak – “Dialectic Of Ignorance”
Arbouterum – “Song Of The Rose”
Träumerische Sphären, sanfte Melodien und die Geste zur ausladenden Songstruktur beherrschen den Sound von Arbouretums neuem Werk “Song Of The Rose”. Die psychedelischen Epen der Band aus Maryland wirken auf ihrer neuen Platte noch eine Spur größer und breiter gefächert, als es auf den Vorgängern der Fall gewesen war. Folkige Einflüsse geben den Songs dabei noch zusätzliche Tiefe. “Absolution Song” gewinnt so etwa schon fast orientalische Züge, wenn sich zwischen dumpf verzerrten Gesangslinien arabische Blasinstrumente und Sitars herausbilden. Der Mut zum Experiment zieht sich durch das ganze Album, was die Band zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führt: “Fall From An Eyrie” schwebt auf einer Welle aus Streichern und leise verhallenden Gitarren, “Comanche Moon” ergießt sich in Gitarrensolis, die in ihrer Unaufgeregtheit Pink Floyd huldigen, und “Mind Awake, Body Asleep” ergibt als sehr elektronisches und rhythmisches Interlude einen starken Kontrast zur eher melancholischen Stimmung der Scheibe. Die Blume auf dem Albumcover fasst die Idee des Albums deutlich zusammen: Klar und strukturiert, und dabei so farbenfroh und facettenreich.
Album-Stream: Arbouterum – “Song Of The Rose”
Steel Panther – “Lower The Bar”
Auch auf ihrem vierten Album bleiben Steel Panther der Albtraum jeder Feministin. Derbe Anzüglichkeiten und außufernde Sex-Exzesse beherrschen nach wie vor die Texte der Band, die auch nach ihrem in Deutschland indizierten Album “Balls Out” vor keiner Zote zurückschreckt. Dieser Humor mag nicht jedermanns Sache sein, für Freunde völlig überzeichneter Rockstar-Fantasien bietet “Lower The Bar” aber wieder einiges an lyrischen Eskapaden. Gepaart mit melodisch-rasanten Riffs und Michael Starrs nimmermüder Rock’n’Roll-Röhre ergibt sich eine wilde Fahrt durch Glam Rock und Heavy Metal. Ob in der Power-Ballade “That’s When You Came In”, dem exzentrischen Opener “Goin’ In The Backdoor” oder der Low-Tempo-Song “Now The Fun Starts” – Steel Panther präsentieren Track für Track die Parodie einer Traumwelt, in deren Liga sie musikalisch aber auch so problemlos mitspielen könnten. Wirklich überraschen kann “Lower The Bar” nicht mehr – Spaß macht es aber allemal.
Album-Stream: Steel Panther – “Lower The Bar”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Damage And Joy” von The Jesus & Mary Chain, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche, findet ihr in unserer Übersicht.