Jack White – “Boarding House Reach”
Jack White setzt mit seinem dritten Soloalbum alles daran, dass man ihn als eigenständigen, bizarren Künstler wahrnimmt. “Boarding House Reach” erinnert nur in seltenen Momenten an den Garage Rock der White Stripes und ist damit unglaublich erfrischend. White experimentiert wild herum und mischt Gospel mit Sprechgesang, Orgeln mit elektronischen Soundflächen. Songs wie “Abulia And Akrasia” oder “Everything You’ve Ever Learned” enden im Niemandsland und gerade, wenn man sich fragt, ob man bereit für dieses Soundexperiment ist, schlägt White mit “Over And Over And Over” doch nochmal den Bogen zu seinen Wurzeln. Über 44 Minuten entwickelt der Vinyl-Visionär zudem eine auffällige Vorliebe für Bongotrommeln und weitere Percussions und wagt Ausflüge in den Afrobeat oder den HipHop. “Boarding House Reach” ist ein facettenreiches Buffet, mit dem White die verschiedensten Geschmäcker anzusprechen weiß.
Album-Stream: Jack White – “Boarding House Reach”
The Sword – “Used Future”
Auf “High Country” hatten sich die US-Amerikaner vor drei Jahren erstmalig von einer anderen Seite gezeigt: Da gab es weniger Heavy Metal und ein gediegeneres Tempo. “Used Future” führt den neuen The Sword-Sound weiter. Es finden sich weiterhin klassische Heavy-Metal-Riffs, doch die Band spielt oft mit Classic-Rock-Elementen und paart sie mit ausladenden Bluesrock-Einschüben wie in “Sea Of Green”. Unter den 13 Songs sind viele Instrumentalstücke, welche in ihrer Anordnung einen harmonischen Ausgleich zwischen Gesang und Musik schaffen, und für den ein oder anderen atmosphärischen Post-Rock-Moment sorgen. Dabei helfen auch die vielen Synthesizer-Sounds, die zum Beispiel im proggigen “Intermezzo” zum Einsatz kommen. Von ihren härteren Zeiten haben sich The Sword damit womöglich endgültig verabschiedet – aber das ist keinesfalls ein Minuspunkt, wie sich herausstellt.
Album-Stream: The Sword – “Used Future”
Preoccupations – “New Material”
Preoccupations Musik ist durchdrungen von Spannung und Konflikt; Polyrhythmen, fordernde Songstrukturen, stoisches Schlagzeugspiel und Sänger Matt Flegels nihilistische Texte bilden ein Gesamtprodukt, das trotz mitreißender Riffs auch immer Angst und Unruhe ausstrahlt. Mit “New Material” ist den Post-Punks ein erstaunlich schwieriger Spagat gelungen: Es ist ein Album, das die abstrakten und rauen Elemente in die Höhe schraubt, zugleich ist es aber auch die bisher poppigste und leichteste Platte der Band. “Espionage” wandelt sich dank eingängiger Synth-Melodie und Call-And-Response-Refrain vom komplexen Polyrhythmus-Chaos zum Mitnicker. “Antidote” unterlegt Flegels euphorischen Vortrag mit statischen Industrial-Drums. “Solace” schafft es trotz Wellen von Feedback und hektischen Licks der eingängigste Song zu sein, den das Quartett je geschrieben hat. Preoccupations fokussieren ihre Pop-, Industrial und Post-Punk-Einflüsse in ein Album, das chaotisch, leichtgängig und am Ende einfach schön klingt.
Album-Stream: Preoccupations – “New Material”
The Messthetics – “The Messthetics”
Die Fugazi-Mitglieder Joe Lally und Brendan Canty haben mit dem Jazzgitarristen Anthony Pirog einen Musiker gefunden, mit dem sie sich messen können: Die neu formierten The Messthetics fordern sich auf ihrem Debüt gegenseitig heraus und treiben sich zu musikalischen Höchstleistungen an. Das vorab veröffentlichte “Serpent Tongue” macht deutlich, wie Pirog mit seinen ausufernden Solos das felsenfeste Fünf-Viertel-Takt-Fundament der eingespielten Rhythmusfraktion zum Ausbruch zu zwingen, auf “Quantum Paths” drehen sie den Spieß um. Doch das Album hat überraschend entspannte Momente, wie den Opener “Mythomania”, einem groovenden Midtempo-Track, auf dem Lally mit seinem konstanten Bassspiel für den Puls sorgt. Mit den harmonischen Titeln “Your Own World” and “The Inner Ocean” zeigt sich die Band sogar von einer ganz ruhigen Seite, bei der die experimentellen und progressiven Spiele im Detail stattfinden. Da gibt es auch beim unweigerlich folgenden zweiten Durchlauf noch neues zu entdecken.
Album-Stream: The Messthetics – “The Messthetics”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Mindfucker” von Monster Magnet, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.