Clutch – “Book Of Bad Decisions”
Nach 28 Jahren an der Hardrock-Front klingen Clutch immer noch so frisch wie die Zitrone zum Tequila schmeckt: Auf “Book Of Bad Decisions” verpackt die Band um Frontmann Neil Fallon ihren fuzzigen, bluesigen, funky und pyschedelischen Stilmix in genauso thematisch abwechslungsreiche Songs, wie etwa das Trump-kritische “How To Shake Hands” mit seinen Southern-Rock-Einflüssen, den schrammeligen Countryrock-Hit “Hot Bottom Feeder”, der gleichzeitig als Kochrezept für Krabbenpattys doppelt und den brutal groovenden SciFi-Comic-Trip “In Walks Barbarella”. Das neue Album ist ein bunter Bildband – und das Hörbuch zum “Book Of Bad Decisions” sicher keine schlechte Wahl.
Album-Stream: Clutch – “Book Of Bad Decisions”
Suicidal Tendencies – “STill Cyco Punk After All These Years”
Auch nach fast 40 Jahren Bandgeschichte kommen die Crossover-Helden Suicidal Tendencies noch auf verrückte Ideen: Mit “STill Cyco Punk After All These Years” verpassen sie altem Solo-Material von Frontmann Mike Muir eine Frischzellenkur. Sie befördern die Songs, die Muir als Cyco Miko ursprünglich 1995 auf “Lost My Brain! (Once Again)” veröffentlicht hatte, auf ein höheres Level, woran Schlagzeug-Ikone Dave Lombardo einen maßgeblichen Anteil hat, der heute zur Band gehört. Das Ex-Slayer-Mitglied drückt den Songs mit wilden Fills und Double-Bass-Einlagen seinen Stempel auf, was sich beispielsweise auf Tracks wie “F.U.B.A.R.” und “All Kinda Crazy” bewundern lässt. Die Miterfinder des Crossover-Thrashs machen deutlich, dass sie immer eine weitere Schippe an Härte, Geschwindigkeit und Shredding-Kunst drauflegen können, wenn sich die Gelegenheit ergibt. Wer auf neues Material nicht verzichten kann, bekommt mit “Sippin’ From The Insanitea” einen bisher unveröffentlichten Song geboten. Skater dieser Welt, aktualisiert eure Playlisten!
Album-Stream: Suicidal Tendencies – “STill Cyco Punk After All These Years”
Lygo – “Schwerkraft”
Wer zum “Sturzflug” ansetzt, kämpft anschließend gegen die “Schwerkraft”: Lygo beschäftigen sich auf ihrem zweiten Album mit inneren Konflikten und suchen nach der inneren Kraft, diese zu überwinden. Dabei geht es oft um persönliche Resignation, vor allem im Song “Festgefahren”, in dem die drei Bonner mit viel Energie dafür schreien, Neues in ihrem Leben zuzulassen. Auch “Schraubzwinge” handelt vom lähmenden Alltagstrott: “Du hast an deinem letzten Abend stundenlang durch die Facebook-Timeline gescrollt/ Und damit du besser einschlafen kannst, hast du dir zu schlechten Pornos einen runtergeholt”. Wenn sie das im Song “Gründe” auf die gegenwärtige politische Situation übertragen, zeigt sich, wie ihre Musik zum befreienden Ausdruck der ganzen Frustration wird: Mit durchgehend wütendem und ungestümen Punkrock geht soetwas immer noch am besten, und von dieser Energie machen Lygo durchgehend Gebrauch. Dann reicht es wieder zum Aufstehen und aktiv werden.
Album-Stream: Lygo – “Schwerkraft”
Årabrot – “Who Do You Love”
Årabrot haben sich aufgeräumt – ohne sich dabei zu verlieren. Vor vier Jahren wurde bei Frontmann Kjetil Nernes Krebs diagnostiziert, seitdem sind die norwegischen Noise-Rocker mit sich in Klausur gegangen, haben sich geprüft und abgetastet. Das neue Album “Who Do You Love” weist deshalb wie schon der Vorgänger “The Gospel” mehr Struktur als früher auf. Im Vergleich zu anderen Genre-Bands bleiben die Songs von Årabrot aber weiterhin exzentrische, avangardistische, rätselhafte Musikgemälde zwischen Doom, Noise, Post-Punk und Experimentalkost, auch wenn etwa der Opener “Maldoror’s Love” geradlinig und hypnotisch vorwärts groovt. Hieronymus Bosch wäre verliebt in diese Musik.
Album-Stream: Årabrot – “Who Do You Love”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “And Nothing Hurt” von Spiritualized, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.