J Mascis – “Elastic Days”
Alles beim Alten bei J Mascis: Der Dinosaur Jr.-Frontmann setzt bei seinem neuen Soloausflug “Elastic Days” erneut auf melancholisch angehauchte Akustik-Songs, bei denen nur in seinen unverkennbaren Gitarrensoli Strom fließt. Während die letzten Blätter gen Boden fallen, liefert die Ruhe in Person Mascis so den idealen Soundtrack für die kürzer werdenden Tage. Den zerbrechlichen Charme seiner Stimme, bei der stets eine kaum greifbare Traurigkeit mitschwingt, paart Mascis mit virtuosen Gitarrenparts, was dem Hörer bereits im Opener “See You At The Movies” angenehm den Rücken massiert. Durch das zurückgeschraubte Arrangement, das Mascis in seinem eigenen Studio fast komplett selbst einspielte, schlägt die emotionale Komponente seiner Hauptband hier voll durch. Ein kompletter Alleingang ist dieses Album jedoch nicht geworden. Mascis holte sich als Gastmusiker wieder Ken Maiuri (Pedro The Lion) am Keyboard dazu, der ihn bereits beim Vorgänger “Tied To A Star” begleitet hatte und hier in der sehnsüchtigen Ballade “Give It Off” Mascis’ Herbst-Blues mit vertont. Doch Wolken ziehen auch wieder ab: Das Besondere an seinen Liedern bleibt, dass Vergänglichkeit immer mit einem Neubeginn verknüpft ist. “Hey, I wanted to build the same mistake/ And I wanted the thrill/ The same mistake for you”, singt Mascis zum Abschluss in “Everything She Said”. Wenn diese Fehler alle in wunderschönen Alben münden, darf er sie gerne wiederholen.
Album-Stream: J Mascis – “Elastic Days”
Muse – “Simulation Theory”
Zurück in die Zukunft begeben sich Muse mit ihrer neuen Platte “Simulation Theory” – einer musikgewordenen Digital-Dystopie mit Sounds aus einer anderen Welt. Das Alternative-Rock-Trio präsentiert sich mit neuem Sound zwischen Synthesizer-lastigem 80er-Jahre-Pop und modernen Electro-Beats. Ein bisschen Electro gab es auch schon auf dem Platten-Vorgänger “Drones”, “Simulation Theory” treibt das Ganze allerdings auf die Spitze: Angefangen bei dem hypnotischen Opener “Algorithm” bis hin zu dem fast schon unheimlich düster wirkenden “The Void” spiegelt sich die Technik als Hauptakteur in jedem einzelnen Song wieder. Als thematischer Rahmen dient dabei eine futuristische Expedition in die neonfarbenden Welten kultiger 80er-Jahre-SciFi-Filme und simulierter Technik-Universen, in denen nichts unmöglich ist. So klingt “Propaganda” im Refrain wie der mantra-artige Gesang eines Roboters und “Get Up And Fight” wie eine melodische Motivationsrede mit Hit-Potential. Wenn Sänger Matthew Bellamy dann aber in “Something Human” mit den Worten “10.000 miles left on the road/ 500 hours ’til I am home/ I need something human” eine Ode an die Menschlichkeit in der Computer-dominierten Soundlandschaft richtet, wird klar: auch hier haben die Maschinen trotz allem noch nicht die Überhand gewonnen.
Album-Stream: Muse – “Simulation Theory”
Architects – “Holy Hell”
Nein, “Holy Hell” ist ganz sicher nicht einfach nur ein weiteres Architects-Album. Es ist schließlich die erste Platte, auf der die Band ohne Songschreiber und Gitarrist Tom Searle auskommen muss, der 2016 im Alter von 28 Jahren dem Hauptkrebs erlag. Auf “Holy Hell” verarbeitet die Metalcore-Band ihren schmerzlichen Verlust. Bereits im eröffnenden “Death Is Not Deafeat” setzt sich Sänger Sam Carter auf eindringliche Weise mit Searles Tod auseinander: “Why do we fight what we can’t define?/ Don’t be afraid, we all cross the same line”. Die Themen Tod und Verlust kehren in Songs wie “Hereafter” oder “Mortal After All” regelmäßig wieder. In letzterem macht sich zudem Neu-Gitarrist Josh Middleton von den Thrashern Sylosis mit seinem ganz eigenen Stil bemerkbar. Er versucht glücklicherweise nicht, Searle zu kopieren, sondern fügt dem Architects-Sound auf respektvolle Art einige Nuancen hinzu. Das macht “Holy Hell” nicht nur aufgrund seines schweren Erbes zum vielleicht spannendsten Album der Band.
Album-Stream: Architects – “Holy Hell”
Daily Thompson – “Thirsty”
Zwei Jahre nach “Boring Nation” steht mit “Thirsty” bereits das dritte Album der Fuzzrocker Daily Thompson in den Läden. Im Vorfeld hat sich die Band zum ersten Mal eine Konzertpause gegönnt: drei Monate lang keine Touren und keine Festivals, sondern volle Konzentration auf das Songwriting. Herausgekommen ist eine Platte, mit der sich die Dortmunder weiterhin auf internationalem Niveau bewegen. Zahlreiche
Kyuss– und Queens Of The Stone Age-Querverweise sorgen für eine authentische Desertrock-Atmosphäre. Für ganz eigene Noten sorgen beispielsweise die Psychedelic-Riffs in “Brown Mountain Lights” oder die balladesken Töne der Vorab-Single “Stone Rose”. Auch die Stimme von Danny Zaremba sticht durch ihre Classic-Rock-Färbung aus dem Stoner-Sumpf hervor. Dass er sich den Lead-Gesang erstmalig mit Bassistin Mercedes Lalakakis teilt, sorgt zudem für mehr Abwechslung als zuvor.
Album-Stream: Daily Thompson – “Thirsty”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “Bought To Rot” von Laura Jane Grace, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.