Better Oblivion Community Center – “Better Oblivion Community Center”
Das überraschend veröffentlichte Gemeinschaftsprojekt von Phoebe Bridgers und Conor Oberst gibt es schon eine Weile im Stream und ist ab heute auch physisch erhältlich. Als Better Oblivion Community Center zeigen Bridgers und Oberst nach vereinzelten gemeinsamen Songs auf Albumlänge, wie eng sie der gemeinsame Nenner Bright Eyes verbindet – für die junge Bridgers ein wichtiger Einfluss, für Oberst der Höhepunkt seiner Musikerkarriere. Die beiden harmonieren fantastisch in mitreißenden Indiefolk-Songs wie “Dylan Thomas”, melancholischen Balladen wie “Chesapeake” und Ausreißern wie “Exception To The Rule” mit seinem Synth-Touch, nicht zuletzt, weil sich ihre Stimmen gleichwertig umspielen. Für Oberst ist es eine Rückkehr zu alter Stärke, für Bridgers schon der dritte Geniestreich seit ihrem Debüt und dem Super-Triple Boygenius.
Album-Stream: Better Oblivion Community Center – “Better Oblivion Community Center”
Dream Theater – “Distance Over Time”
Im Gegensatz zum extrem ambitionierten “The Astonishing” fahren Dream Theater ihren Größenwahnsinn auf “Distance Over Time” ein wenig zurück. Leichte Kost ist die vierzehnte Platte der Prog-Metaller aber trotzdem nicht. Bereits das eröffnende “Untethered Angel” hat so einige vertrackte Breaks parat, während John Petrucci seine Finger über die E-Gitarre flitzen lässt, wie es nur wenige andere Gitarristen können. Keyboarder Jordan Rudess zieht in Sachen Virtuosität wie gewohnt mit, während James LaBrie für epische Gesangslinien sorgt. An ihrem bewährten Konzept ändern Dream Theater auf ihrer neuen Platte also nichts. Doch da dem Quintett die spannenden Riff- und Songideen einfach nicht ausgehen wollen, ist das alles andere als ein Problem. Den Spagat zwischen verkopftem Songwriting und großen Emotionen bekommt eben immer noch niemand so überzeugend hin wie das alteingesessene Quintett. Bester Beweis dafür sind die Singles “Paralyzed” und “Fall Into Light”.
Dream Theater – “Distance Over Time”
Drenge – “Strange Creatures”
Selten war ein Albumtitel wohl so programmatisch wie bei “Strange Creatures”. Für die Songs, die Drenge auf ihrer neuen Platte abliefern, wäre statt des Wortes “seltsam” eher noch “vollkommen irre Kreaturen” angemessen gewesen, denn Drenge scheren sich zu keiner Sekunde um Songwriting-Koventionen oder übliche Garage-Rock-Sounds. Stattdessen lassen die Gebrüder Eoin und Rory Loveless eine Meute aus vollkommen wahnsinnigen Tracks auf ihre Hörer los. Hier stehen Post-Punk-Querverweise wie “Teenage Love” direkt neben Beinahe-Metal-Riffs in “Bonfire Of The City Boys” und Synthesizer-getriebene Songs wie “Never See The Signs”. So lassen Drenge ihrem Wahnsinn zehn Mal freien Lauf. Das ist nicht immer nachvollziehbar und erst Recht nicht logisch, aber aufregend und alles andere als Einheitsbrei.
Drenge – “Strange Creatures”
Sleaford Mods – “Eton Alive”
Es gibt immer etwas zu meckern für Jason Williamson, denn die Welt ist einfach ungerecht. Auf dem neuen Sleaford Mods-Album “Eton Alive” macht der Sprechsänger das noch giftiger, mit noch stärker ausgeprägter “Zero fucks given”-Attitüde als zuvor. Es bekommt wirklich jeder sein Fett weg in komplett unverschlüsselten Zeilen wie “Graham Coxon looks like a left-wing Boris Johnson” (im Song “Flipside”). Sein Kollege Andrew Fearn versorgt ihn mit minimalistischen Beats, teilweise so reduziert und einfach wie es nur geht (“When You Come Up To Me”) und überlässt Williamson ganz das Sprachrohr. Es geht aber nicht nur puristisch und politisch zu – die Sleaford Mods behalten auch ihren eigenwilligen Humor. Das fängt beim Wortspiel im Titel an, und hört nicht auf, wenn sie in “O.B.C.T.” ein Kazoo-Solo einbauen.
Album-Stream: Sleaford Mods – “Eton Alive”
Unsere aktuelle Platte der Woche, “South Of Reality” von The Claypool Lennon Delirium, und alle weiteren Neuerscheinungen der Woche findet ihr in unserer Übersicht.