Sie kommen aus Frankenmuth, einem 5.000-Einwohner-Ort in Michigan, sind mit der Plattensammlung ihres Vaters aufgewachsen und kennen und lieben deshalb vornehmlich die großen, alten Rock-Klassiker. Sie spielen mit der tatkräftigen Förderung ihres Vaters in Kneipen und Biker-Clubs im Rust Belt, begeistern mit ihrem Classic-Rock-Aufgebot das Publikum und werden mit einem ihrer ersten Songs in einem Werbespot eines großen US-Autoherstellers prominent platziert – nicht lange danach folgt der Plattenvertrag bei einem Major-Tochterlabel.
Es ist ein Rockmusik-Aufstieg wie aus dem Lehrbuch – genau wie die Musik: Extrem nah an Led Zeppelin, vor allem wegen Josh Kiszkas Stimme, die der von Robert Plant zum Verwechseln ähnelt. Damit sind sie noch mehr retro, als es Retrorock-Bands wie Wolfmother und Rival Sons Jahre vor ihnen waren.
So verkaufen Greta Van Fleet Hallen aus, auch im deutschsprachigen Raum. Sie werden gefeiert, auch in VISIONS 308 wird ihr Debütalbum “Anthem Of The Peaceful Army” zur Platte des Monats. Doch die Band stößt genauso vielen sauer auf: Sie kopiere ausschließlich, bringe keinen eigenen Dreh in die Sache, treibe es mit Outfits und Ausdruck auf unangenehme Art und Weise zu weit. In bösen Verrissen, die ihre Runden im Netz machen, wird abwertend von “Retro-Fetischismus” gesprochen.
Was ist oder ist nicht dran am Greta-Van-Fleet-Hype? Welche Aspekte ihres Schaffens hat es schon einmal gegeben – und was ist möglicherweise neu? Sollten sowohl Kritiker als auch Plattenlabel-Managements und Marketing-Strategen der noch blutjungen Band die Chance geben, sich zunächst musikalisch und persönlich weiterzuentwickeln? Und was sagt das letztendlich über den aktuellen Zustand der (Rock-)Musikindustrie, unser Konsumverhalten und unsere Sehnsüchte aus? Diesen und weiteren Fragen ist VISIONS-Autor Jens Mayer in einem ausführlichen Essay auf den Grund gegangen – zu lesen in VISIONS 310, unserem Jahresrückblicksheft, das es ab sofort am Kiosk gibt.