Seitdem ich am Ende eines jeden Jahres meine Mixe des Jahres zusammenstelle, leide ich unter dem enormen First-World-Problem, mich auf 20 Songs für einen Mega-Favoriten-Mix zu beschränken. Denn am Ende hatte ich (mal wieder) fünf Genre-Mixe des Jahres und etwa viereinhalb Stunden Leftovers. Das passiert, wenn man das ganze Jahr über gewissenhaft sammelt und kompiliert.
Hier trotzdem der Versuch, meine 20 liebsten Songs zusammen zu bekommen. Und weil die Songs von Deafheaven (8:36), Circuit Des Yeux (7:25), Baroness (6:51), Baron (6:52) und My Morning Jacket (6:01) ziemlich lange sind, passt dieser Mix natürlich nicht auf eine CD mit etwa 80 Minuten. Ihr wollt gar nicht wissen, wie unbefriedigend mein Nerd-Herz so was findet!
Nun aber Vorhang auf für meine Lieblinge. Und jeder, der halbwegs aufmerksam VISIONS liest, wird sich an drei bis fünf Fingern abzählen können, dass es vor Garage- und Psychedelic wimmelt. Spidergawd eröffnen aber erstmal mit Blues. Sie haben mein Album des Jahres aufgenommen, weil “II” ungeheuerlich viel Spaß macht, rasant klingt und urigen Blues Stadion- und Heavy-Rock-kompatibel macht. Außerdem zeugt die Platte von Spielfreude und Können in liebevoller Zweisamkeit.
Ty Segall veröffentlicht sein neues Album “Emotional Mugger” zwar erst am 22. Januar, dafür hat er mit der EP und dem Titelsong von “Mr. Face” einen super Bob-Dylan-esken Rocker abgeliefert. Sein Gitarren-Buddy Mikal Cronin gelingt es in “Gold” sogar noch besser, Folk durch den Fuzz-Wolf zu drehen.
Sicherlich gibt es bei mir auch Helden des Comebacks. Mit Idlewild habe ich etwa gar nicht mehr gerechnet – und dann gerät der Album-Opener von “Everything Ever Written” zu einem Song, der den Foo Fighters das Wasser abgräbt. Natürlich sind auch Faith No More hier am Start. Schon früh war “Superhero” mein Held des Albums – vielleicht, weil er mich an eine bessere Version von “Midlife Crisis” erinnert. Und von einem Comeback darf man bei Baroness sicher auch sprechen. “Chlorine & Wine” war der erste Song, den sie 2015 vorstellten – und er ist ein hymnischer Trademark-Song, der alle Stärken der Band eint.
Was so im Hardcore geht, hat mich in diesem Jahr kalt gelassen. Vielleicht habe ich auch einfach keine Ahnung. Aber dann kam da eine australische Band daher: Hellions. Und deren “Nottingham” klingt, als hätten Touché Amoré einen Song fürs Stadion geschrieben.
Am Ende wird es dann schön trippy: “Weedooism” von Bantoriak ist für mich das Stoner-Album des Jahres, noch besser finde ich sogar “Sonic Praise” von Ecstatic Vision, das auf fantastisch trancehafte Art und Weise Killing Joke, Sleep und Hawkwind in ein Boot holt. Der altmodische Prog-Folk-Boogie von Baron hat mich völlig überrascht, ebenso wie der ätherische Shoegaze-Psych-Kraut-Sound von Josefin Öhrn + The Liberation.
Und dann wäre da noch die Gitarristin und Sängerin Haley Fohr alias Circuit Des Yeux aus Chicago. Die hat sich für ihr Album “In Plain Speech” mit einer Band zusammengetan, um ihre unfassbare Stimme zwischen Nina Simone, Scott Walker und Nico mit Folk(rock) à la Led Zeppelins “III” zu kombinieren. Viel Spaß beim Hören und Entdecken…