Wer 2018 gerade dabei war, die alte Leier anzustimmen, dass der Rockmusik nichts Neues einfiele, dem lieferten White Denim aus Austin, Texas ein ganzes Album voller Totschlagargumente: Ihr immer eigenwilligerer Stil-Cocktail zwischen Westcoast-Rock, Indie, Soul und Jazz-Sprenklern war in dieser Form bislang undenkbar. Am ehesten hätte man Songs wie “Double Death” Frank Zappa in der Spät-70er-Ausführung zugetraut. Ein größeres Kompliment fällt mir kaum ein.
Ebenso eklektisch-einzigartig, aber mit Hang zur härteren Gangart agieren die kalifornischen Blackgaze-Pioniere Deafheaven (“Honeycomb”) und der Schweizer Gospel-Todesengel Manuel Gagneux alias Zeal & Ardor (“Fire Of Motion”). Textlich fühlte sich Ghost-Mastermind Tobias Forge ebenfalls zur Apokalypse hingezogen, musikalisch aber ging es ihm weniger um Innovation als um den Plan, seinen Okkult-Hardrock mit den Mitteln der 80er – vom Saxofon-Einsatz bis zur Synthie-Breitseite – Musical-reif umzusetzen. Wie gut ihm das gelungen ist, hört man in “Miasma”, einem der beiden Instrumentalstücke der vierten Ghost-LP.
Apropos Innovation: Zwei der für mich besten HipHop-Alben des Jahres beschreiten ganz bewusst keine neuen Wege. Vielmehr suchten “Weatherman” Evidence und die Rap-Veteranen Atmosphere auf ähnliche Weise nach der Formel, wie man mit HipHop würdevoll altert, ohne es zwingend auf Tempo und Virtuosität anzulegen. Herausgekommen sind Tracks wie “Virgo” und “Love Is A Funny Thing”, die das Dicke-Hose-Tum mancher Genre-Kollegen in wunderbar souveräner Form mit Altersmilde kontern.
Überhaupt reicht die Spannbreite meines persönlichen Best-of-2018-Mixtapes von tiefmelancholisch (Thom Yorkes Pianoballade “Suspirium”) bis angriffslustig (Idles‘ Postpunk-Inferno “Never Fight A Man With A Perm”), von vertrackt (Mike Vennarts Verneigung vor King Crimson mit “Immortal Soldiers”) bis schnörkellos (Johnny Marrs Verneigung vor seiner eigenen Vergangenheit als Smiths-Gitarrist mit “Hi Hello”).