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Lieblingssongs 2020: Jonas Silbermann-Schön

Lieblingssongs 2020: Jonas Silbermann-Schön
Die VISIONS-Redaktion blickt zurück auf das Musikjahr 2020. Dieses Mal: Die 10 Lieblingssongs von Praktikant Jonas Silbermann-Schön.

So “Under water” wie Sebastian Murphy von den Viagra Boys dürften sich viele dieses Jahr gefühlt haben. Auch wenn die Schweden mit “Creatures” eher abstrakt gesellschaftskritisch sind: Statt das lähmende Gefühl in der Krise zu beschreiben, ist es für mich dennoch genau so zutreffend. Es unterstreicht Murphys melancholisch-inbrünstigen Gesang und die tanzbaren Discogrooves mit einer Bassline, die sowieso alles und jeden vernascht. Dazu gibt es wie gewohnt ein bizarres Video, das man sich unbedingt mehrmals anschauen muss.

Bei Metz ging es mir ähnlich. Die drei Kanadier haben mit “Atlas Vending” einen Noisepunk-Meilenstein gelegt, der erst bei mehrmaligem Hören seine gesamte Wirkung entfaltet. Exemplarisch dafür ist der knallharte Opener “Pulse”, bei dem mit der Bassdrum noch höflich anklopft, bevor die Band mit dem Noise-Vorschlaghammer alle geltenden musikalischen Konventionen einreißt.

Apropos krasse Opener: Idles treten auf ihrem neuen Album mit “War” ähnlich noisig die Tür ein, obwohl einem auch hier so viele grandiose Songs die Qual der Wahl lassen. Letztendlich muss aber “Model Village”, in dem Joe Talbot seine Wut durch teils gesprochene, geschriene und gejaulte Parts kanalisiert, in dieser Liste Vorrang haben.

Ein Album, das mich leider nicht gänzlich überzeugen konnte, war das neue Country-Projekt “Sing In A World That’s Falling Apart” meiner Garage-Lieblinge Black Lips. Dennoch schaffte es die Band aus Atlanta ihren Song “Rumbler” und seinen peitschenden Fuzz-Gitarren und eingängigen Sing-a-long-Refrain wochenlang durch meinen Kopf reiten zu lassen.

Ähnlich infektiöse Ohrwürmer bescheren regelmäßig die frisch gekrönten Cumbia-Königinnen von Los Bitchos, die mit “Frozen Margarita” den optimalen Soundtrack lieferten, um sich während des Lockdowns die Zeit mit – nun ja – Frozen Margaritas zu vertreiben und sich für einen Moment in eine andere Welt zu träumen.

Und wenn wir schon bei Realitätsflucht sind, passt auch King Krules “Man Alive!” aus dem Frühjahr dazu. Auf dem stärksten und gleichzeitig schwersten Song des Albums “Stoned Again” hat der Artrocker zwar noch ganz andere Substanzen im Sinn, überzeugt aber durch energisch angepissten Gesang und einen korrumpierten Post-Punk-Sound.

Im Spätsommer sorgten dann noch sympathische Australier für reichlich Post-Lockdown-Seelenbalsam. Da wären zum einen Rolling Blackouts Coastal Fever, deren lässiger Indierock in “She’s There” als passende Untermalung zum regelkonformen Herumlungern auf vertrockneten Wiesen im Park diente. Ähnliche Vibes brachten die Nachbarn Skegss aus New South Wales mit “Fantasising”, das mal wieder durch seinen verträumten, zurückgelehnten Garage-Sound besticht. Tatsächlich schafft es das Trio aus Byron Bay ausschließlich gute Songs zu veröffentlichen. Etwas, das momentan bezeichnend ist für die Musikszene Australiens, die seit Jahren schon so hochproduktiv und stilsicher ist, was man sich andernorts nur wünschen könnte.

Ach ja, und wer den Lockdown noch dieses Jahr nutzen will um seine Garage aufzuräumen (oder zu verwüsten), der macht das am Besten zu “A Bunch Of Crap (I Don’t Care About)” von den italienschen Stoner-Garage-Punks Shame On Youth!. Für den Kater am nächsten Morgen bieten Pabst ja schließlich reichlich “Ibuprofen”. In diesem Sinne: ein hoffnungsvolles “Cheers” auf 2021!

Playlist: Die 10 Songs des Jahres von Jonas Silbermann-Schön