Als wir Metz-Frontmann Alex Edkins im März zu ihrem neuen Album “Up On Gravity Hill” interviewten, klang es bei weitem noch nicht nach Abschied. Eher im Gegenteil: “Wir fühlen uns gestärkt und freuen uns auf das nächste Kapitel”, sagte Edkins zum “Neuanfang” der Band mit dem ersten Album nach dem Lockdown und den nun wieder größer angelegten Touren.
Was er aber bereits durchblicken ließ: seine Zerrissenheit, wenn es darum geht, seine Familie und seinen siebenjährigen Sohn zurückzulassen, wenn er auf Tour geht. “Ein echtes Dilemma in meinem Leben, das mich nicht loslässt”, beschrieb es Edkins. “Dieser Gedanke zerreißt mich. Ich konnte mir nie einen Reim darauf machen. Die Art und Weise, wie ich damit umgehe, besteht darin, es in ein Lied zu packen. Ich weiß, dass jeder auf der Welt solche Fragen an sich selbst hat. Ich bin einfach ständig im Zwiespalt.”
Nun zieht Edkins mit seinen Kollegen, Bassist Chris Slorach und Drummer Hayden Menzies, offenbar einen vorläufigen Schlussstrich für die Noise-Punk-Band. Die kommende Europatour im November wird die letzte der Kanadier sein. “Die Band wird auf ‘unbestimmte Zeit’ pausieren, während wir uns auf andere Unternehmungen konzentrieren und mehr Zeit zu Hause mit unseren Familien genießen”, heißt es in dem gestern veröffentlichten Statement dazu.
“In den vergangenen mehr als 15 Jahren haben wir unser Leben dieser Band gewidmet und hatten das große Privileg und Vergnügen, den Globus zu bereisen und die Welt zu sehen. Das war nichts weniger als lebensbejahend. Metz hat unermesslich viel Freude in unser Leben gebracht und wir hoffen aufrichtig, dass es auch euch Freude gebracht hat. Wir sind so dankbar für alle, die uns auf unserem Weg begleitet haben und dieses Leben für uns drei Wirklichkeit werden ließen”, erklärten Metz weiter.
Das Trio bedankte sich unter anderem neben Fans, Freunden, Fotografen, Bookern und Journalisten vor allem bei Sub Pop und nannten das in Seattle ansässige Label ein “leuchtendes Beispiel für das Gute in dieser zutiefst fehlerhaften Branche”. Alle fünf Studioalben, ihre Raritäten-Compilation “Automat” und das Livealbum “Live At The Opera House” erschienen bei Sub Pop.
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Metz wurden 2007 in Ottawa, Ontario, von den langjährigen Freunden Edkins und Menzies gegründet. Kurz darauf stieß Bassist Chuck Saso zur Band, der sie nach einem Jahr aber wieder verließ, als Edkins und Menzies nach Toronto zogen. Dort fanden Metz mit Slorach zu ihrer finalen Besetzung. 2012 erschien das Debüt, 2015 Nachfolger “II”. Zusammen mit Steve Albini als Produzent auf “Strange Peace” (2017) lösten sich Metz dann immer mehr von ihrem ursprünglich im Hardcore verwurzelten Noiserock und arbeiteten mehr Melodien und Facetten in ihren nach wie vor misanthropischen Sound ein. Besonders düster wirkten sie auf “Atlas Vending” (2020), den Hang zu Power-Pop-Hits, den Edkins während des Lockdowns mit seinem Soloprojekt Weird Nightmare entdeckte, ließ sich dann dieses Jahr auch auf dem vorerst letzten Album “Up On Gravity Hill” wiederfinden, das VISIONS zur Platte des Monates im April kürte.
Auch wenn für Metz der Mainstream-Erfolg abseits einiger anständiger Chartplatzierung mit “II” und “Strange Peace” ausblieb, ist der Einfluss der Kanadier auf eine ganze Reihe Post-Punk- und Noise-Band nicht zu unterschätzen. Das sieht man auch an den vielen Abschiedsnachrichten über Social Media von unter anderem Idles-Drummer Jon Beavis, John, Heavy Lungs, Suuns, Gilla Band und Crows, aber auch Dennis Lyxzén, City And Colour, The Dirty Nil, Sooma und dem kanadischen Kochbuchautor und “The Bear”-Darsteller Matty Matheson, der sich an ihre Shows als “einige der besten Nächte meines Lebens” erinnert.
“Wenn ihr jemals eine Metz-Show besucht habt, wisst ihr, dass es für uns mehr als eine Band war”, schreibt die Band zum Schluss in ihrem Statement. “Wir haben jedes Quäntchen von uns selbst für Metz gegeben, und es wird uns sehr schwerfallen, es loszulassen. Das nicht greifbare Gefühl der Verbundenheit, der Gemeinschaft und der Inklusivität, das Musik schafft, war immer das Herzstück unserer Arbeit und wird uns unweigerlich am meisten fehlen. Wir werden das Singen, Schreien, Schwitzen und Tanzen mit euch allen vermissen.”
Letzte Gelegenheit dazu hat man in Deutschland nur in Berlin und Hamburg im November. Tickets sind noch verfügbar.
Unser wohl letztes Interview mit Metz in der ungeschnittenen Fassung stellen wir anlässlich der vorläufigen Auflösung der Band frei zur Verfügung. Lesen könnt ihr es hier.
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