Er führt ein Schattendasein im VISIONS-Land, trägt meistens interessante, exotische Früchte und erblickt nur dann das Licht der Rezensions-Seiten im Heft, wenn wirklich mal Platz dafür ist. Er ist nicht unser Kerngeschäft und die Früchte, die auf ihm blühen, sind nur genießbar, wenn man sich auf sie einlässt. Die Rede ist natürlich vom “Nebenschauplatz”.
Da immer mal wieder Platten ankommen, die nur im weitesten Sinne zum VISIONS-Kosmos gehören, aber zu gut, spannend und erwähnenswert sind, um totgeschwiegen zu werden, breiten wir hiermit den “Nebenschauplatz” gelegentlich auf VISIONS.de aus und stellen euch gelegentlich Platten vor, die es wert sind. Auf geht’s…
Alias & Tarsier
“Brookland/Oaklyn”
(Anticon/Alive)
Mit seinem Solo-Debüt “Muted” pflanzte sich der Ex-Rapper Brendan Whitney aka Alias in die Landschaft wichtiger Elektro-Musiker und begann wenige Monate danach zwei Kollaborationen. Eine Saxophon-Jazz-Elektro-Ambient-Hop-Platte mit Bruder Ehren und vorliegendes Album “Brookland/Oaklyn” mit der 3000 Meilen entfernt lebenden Sängerin Tarsier. Die Anticon-Tradition des “gemeinsam über die Entfernung Musizierens” wird also auch hier bewahrt, ansonsten ist es die wohl zarteste Versuchung, die das innovative Label bisher hervorgebracht hat. Ätherischer, aber nicht esoterischer Elektro-/Ambient-Pop mit Groove-Basis, der Lali Puna, Postal Service oder eine unangestrengte Björk anklingen lässt und aufgeräumte Jenseitigkeit in den Raum stellt.
Web:Anticon Records
Cerberus Shoal
“The Land We All Believe In”
(Menotrome/Cargo)
Gänzlich fern aller Rockmuster bewegen sich Cerberus Shoal mit “This Land We All Believe In”, dem 11. (!) Album in 12 Jahren. Fünf der sieben Mitglieder leben als Kommune im “Tank 28”, Groß-WG und Studio. Karl Greenwald sagt, ihre Musik wirke nur bei voller Aufmerksamkeit, dann aber richtig, und er hat Recht damit. Die Dramatik und Atmosphäre von guten 15Minütern wie “The Ghosts Are Greedy” oder “Taking Out The Enemy” ist anziehend, weil sie so abweisend ist, weil sie überhaupt nicht um uns kämpft; der schräge, über ein kaputtes Akkordeon gewürgte “Gesang” von “Wyrm” wird zur eigenen Überraschung zum gleichnamigen Getier im Ohr. Als würden verrückte Studenten in einer irischen Seefahrerkneipe ein absurdes Scherenschnitttheater aufführen. Musik, die in schlechten Momenten nach hysterischer Kunstkacke und in guten nach euphorischer Befreiung klingt – eine Ambivalenz, die derlei Kommunenkunst immer innehat.
Web:Bandpage