Wie viel ein paar rhythmisch und/oder melodisch prägnante, wiederholte Töne doch bewirken können: Ohne das Riff wäre Rockmusik nie zu jener Macht in der Popkultur geworden, die sie heute ist. Seit mehr als 60 Jahren haben Bands unzählige dieser musikalischen Visitenkarten für ihre Songs kreiert, die im besten Fall in Kopfnicken, Gänsehaut und dieses energetische Kribbeln münden, das wir an Rock so lieben und wegen dem wir immer wieder zu ihm zurückkehren.
In langen Diskussionen haben wir uns in der Redaktion durch hunderte Riffs gewühlt, um schließlich nur die 222 besten in einer Liste zu verewigen. Darin finden sich neben absoluten Riff-Vordenkern wie Black Sabbath oder Led Zeppelin natürlich auch alte VISIONS-Bekannte wie Rage Against The Machine, Queens Of The Stone Age, Monster Magnet und etliche mehr, die Riffs von solcher Strahlkraft geschaffen haben, dass sie bis heute wirken.
Weil wir parallel aber auch der Faszination Riff auf die Spur kommen wollten, haben wir diverse Musiker mit ins Boot geholt. Die erklären nun, was Riffs ausmacht, wie ihre eigenen Riff-Großtaten entstanden sind – und warum unseren Top Ten der besten Riffs zweifellos die absolute Spitzenklasse darstellt.
50 prall gefüllte Seiten zum Thema findet ihr ab sofort in VISIONS 340 am Kiosk, schon jetzt geben wir euch hier aber einen online-exklusiven Vorgeschmack darauf, was euch im Heft unter anderem erwartet: Kvelertak-Gitarrist Maciek Ofstad hat für uns aufgeschrieben, was Slayers “Raining Blood” zu einem echten Killer-Riff macht. Viel Spaß!
“Wir kennen es alle, wir haben es alle gehört: Diese drei simplen Schläge auf den Stirnlappen, begleitet von Regen, Donner und kreischenden Gitarren, die gut und gerne die Stimme des Teufels höchstpersönlich sein könnten, die dich wissen lässt, dass dir ein irrer Ritt bevorsteht. Und dann trifft dich schließlich das Riff mit seinen drei massiven Palm-Mutes gefolgt von Noten in ihrer bösesten und doch geschmackvollsten Form – eine komplette Explosion. Wenn du das noch nicht erlebt hast, beneide ich dich enorm. Ich erinnere mich, wie ich dieses Riff zum ersten Mal mit 14 Jahren in der Sekundarschule gehört habe. Damals dachte ich, ich wüsste schon ziemlich genau, was gute Musik ist. Aber nachdem mir ein Freund ‘Reign In Blood’ ausgeliehen hat, wurde mir blitzartig klar, wie sehr ich daneben gelegen hatte. Ich habe ihm das Album schon am nächsten Tag zurückgegeben – nachdem ich mir mein eigenes Exemplar gekauft hatte. Natürlich waren alle Songs darauf fucking großartig, aber ‘Raining Blood’ brachte diese alles überragende Energie und Intensität mit, die dafür sorgte, dass ich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch meine Heimatstadt Sandnes skaten wollte, von den höchsten Treppen heruntersprang, mir brutal weh tat und trotzdem nur dachte: ‘Man, das kommt so scheiß gut!’ Mein Hirn saugte dieses makellose Riff vollkommen auf. Es ist auch einer der wichtigsten Gründe dafür, dass ich – und wer weiß, wie viele andere auch – Gitarre spielen lernen wollte. Ich habe damals noch Bass gespielt (sorry, Tom [Araya]!), aber mein Gott… ich wollte dieses Riff, ich brauchte dieses Riff! An den Moment, als ich es nach monatelangem Verkacken zum ersten Mal fehlerfrei hinbekommen habe, erinnere ich mich, als wäre es heute gewesen: Ich war so begeistert, dass mir die Tränen kamen. Endlich verfügte ich über diese unheimliche Macht! Natürlich wusste ich damals noch nicht, was ‘palm-muted’ heißt, daher klang es bei mir trotzdem noch eine Weile ziemlich scheiße. Nichtsdestotrotz danke ich Slayer ungeheuer für diese maximale Riff-Power, in meinen Augen ist ‘Raining Blood’ zweifellos das ikonischste Metalriff aller Zeiten.”