System Of A Down haben seit 2005 kein neues Album mehr veröffentlicht und spielen aktuell nur vereinzelt Konzerte: Im Frühjahr haben sie zuletzt noch beim Sick New World Festival in Las Vegas gespielt, ihr nächstes Konzert steht morgen in San Francisco an. Als Gründe für die Stagnation wird auch Frontmann Serj Tankian sein mangelndes Interesse an ausgedehnten Tourneen vorgeworfen. Auch die Komplikationen, die sich aus seiner anhaltenden Rückenverletzung ergeben, werden genannt. Die kreative Sackgasse, in der sich die Band manövriert hat, spricht der System-Of-A-Down-Sänger auch in seinen Memoiren an, die dieses Jahr erschienen sind.
Zusätzlich hatte sich Gitarrist und Sänger Daron Malakian auch öffentlich über Tankians Widerstand gegenüber der Produktion neuer Musik beklagt. Kurze Zeit später veröffentlichte Tankian ein sogenanntes Manifest, das als Reaktion darauf geteilt wurde, mit dem Titel “Bekenntnisse über SOAD”. Während Tankian sein Manifest selbst als „Vorschlag für einen Weg in die Zukunft als Band“ betitelte, sahen seine Bandkollegen das nicht so.
In diesem Manifest versuchte Tankian, die interne Struktur der Band zu überarbeiten, um sie egalitärer zu machen, mit gleichem kreativen Input und einer Aufteilung der Veröffentlichung, zusammen mit einem demokratischeren Mitspracherecht bei Songs. “Ich nannte es ein Manifest, aber mit einem Augenzwinkern, denn es ist kein Manifest. Aber ich habe es so klingen lassen, weil es verdammt verrückt ist, eine Verfassung in eine verdammte Rockband einzubringen, oder? Es ist dumm. Aber ich habe es getan. Ich habe versucht, egalitäre Prinzipien als Aktivist in meine Musik- und Geschäftswelt zu exportieren – und es hat nicht funktioniert”, erklärte Tankian nun in einem Interview mit Forbes.
Obwohl Tankians Ideen zur Erneuerung der internen Abläufe der Band ehrgeizig waren, wird er von den Fans offenbar oft als der sprichwörtliche Klotz am Bein angesehen. Tankian ist sich dieser Wahrnehmung bewusst und gab seinen Bandmitgliedern sogar seinen Segen, ohne ihn weiterzumachen. Wie Tankian im Mai dieses Jahres enthüllte, versuchten die anderen Mitglieder von System Of A Down genau das zu tun, ohne ihn zu informieren, und gingen sogar so weit, einen Ersatz vorspielen zu lassen.
Zum Scheitern seiner Pläne der Umstrukturierung hinsichtlich kreativer und finanzieller Gleichberechtigung erklärte Tankian in dem Interview: „Sie wollen sich nicht ändern. Und das ist auch gut so”, sagt der System-Of-A-Down-Sänger, “Eine Sache, die ich gelernt habe, ist, dass unabhängig von all unseren Unterschieden – sei es in der Persönlichkeit oder in der Denkweise oder in der Vorstellung, was die Band in der Zukunft bedeutet – unsere Hauptunterschiede kreativ sind. Wir respektieren uns gegenseitig, egal was passiert. Nach 30 Jahren ist das erstaunlich.“
Auf die Frage, warum er sich nicht versucht hat stärker durchzusetzen, um die Situation für ihn angenehmer zu gestalten, antwortete er: „Es ist nicht meine Persönlichkeit, das zu tun. Ich habe nicht das Gefühl, dass das meine Aufgabe ist. In einer Welt, wie ich sie mir vorstelle, in Bezug auf die Kameradschaft innerhalb einer Band, ist das für mich dumm. Es ist eher so, dass ich versucht habe, egalitäre Prinzipien einzubringen und nicht derjenige zu sein, der heraussticht und das Sagen hat.”
Als Hauptgrund, warum seine Bandkollegen sein Manifest zur Umstrukturierung schließlich ablehnten, nennt Tankian den Faktor Angst. Schlagzeuger der Gruppe John Dolmayan, der auch Tankians Schwager ist, reagierte verärgert, weil er wohl davon ausging, dass Tankian ein Ultimatum setzen wolle. Dabei wollte dieser nach eigener Aussage nur eine Struktur schaffen, mit der die Band wieder Musik produzieren könne.
Tankian sagte dazu: „Wir waren nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Ich habe mich hingesetzt und eine sehr eingehende Diskussion mit mir selbst geführt, und das sind die Möglichkeiten, wie ich in Zukunft ein Teil dieser Einheit sein kann.”
Warum also wehren sich laut Tankian seine Kollegen, gegen eine Demokratisierung des Bandgefüges? Tankian vermutet: “Wenn man mit dem, was man für eine bestimmte Formel hält, erfolgreich war, will man das nicht ändern. Man denkt, wenn man etwas anderes macht, dann wird das nicht erfolgreich sein, nachdem man bereits Erfolg hatte. Das nennt man Angst.”